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Über den Fund einer Goldkopie
des Regensburger
Codex Aureus


Es war ein als Geräteschuppen und Lager genutzter Werdenfelser Heustadel (siehe Bild oben) mit halboffener Ostseite, in dem der Probedruck einer im Jahre 1925 erschienenen Faksimile-Ausgabe dieses Evangeliars gefunden wurde. Der Codex Aureus, eine vor 1125 Jahren geschaffene und nach Renovierungsarbeiten 252 Seiten umfassende karolingische Bilderhandschrift, ist ein besonders kostbares bayerisches Kulturgut, das zu den wertvollsten Asservaten der Abteilung "Handschriften und seltene Drucke" der Bayerischen Staatsbibliothek München zählt. Der Herausgeber Georg Leidinger hat von dieser Prachtschrift beim Münchner Verlag Hugo Schmidt mit Hilfe des für Gemäldereproduktionen besonders geeigneten, jedoch teuren und aufwändigen Lichtdruckverfahrens in den Jahren 1922-1926 sogenannte Goldkopien herstellen lassen. Der auf Büttenpapier erzeugte Andruck war von hervorragender, auch heute kaum zu übertreffender Qualität. Dieses seltene und drucktechnikgeschichtlich bedeutende Faksimile ging deshalb in den Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek über. Das Malheur begann, als die auf Trägerpapier montierten und in drei Kladden gebundenen Seiten dieses Evangeliars in den Wirren des 2. Weltkrieges aus den Räumen der Bayerischen Staatsbibliothek entwendet wurden und durch mehrere Hände gingen, bis sie der vorletzte Besitzer - im folgenden "Verantwortlicher" genannt - und seine Vertraute im Jahre 1980 im Stadel ablegten und damit ein schweres Sakrileg begingen: Fast zwanzig Jahre lang lagen dort die 252 Seiten ungeschützt im Staub, bis sie am 19. 12. 1999 gefunden und vier Tage später dem Eigentümer zurückgegeben wurden. Bei der Übergabe sagte der Leiter der Abteilung "Handschriften und seltene Drucke" der Bayerischen Staatsbibliothek, dass dies

einer der schönsten Tage in seiner Amtszeit

gewesen sei, die Goldkopie des Regensburger Codex Aureus wieder in Händen halten zu können.

Musik: Totentanz, komponiert im Jahre 1849 von Franz Liszt.- Paraphrase über "Dies irae - dies illa / Tag des Zorns - Tag der Sünde" von Thomas von Celano (ca. 1190 - ca. 1260). Quelle: http://www.totentanz-online.de/medien/Musik/franzliszt.htm

Die Entstehungsgeschichte des Codex Aureus und sein Weg nach Regensburg - beginnend mit der im Jahre 870 erfolgten Beauftragung eines Skriptoriums in der Benediktinerabtei Corbie bei Amiens in Nordfrankreich durch Kaiser Karl den Kahlen - über die Schenkung im Jahre 893 an die Abtei Sankt Emmeran bei Regensburg - über die Renovierung und Ergänzung im Jahr 1000 durch die Malermönche Aribo und Adalpertus - bis zur Säkularisation und Übernahme im Jahre 1811 in die Handschriftensammlung der Bayerische Staatsbibliothek München - sind im Biographisch-bibliographischen Kirchenlexikon und im Band 44 (Seiten 57-59) der Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur (2002) samt weiterführender Literatur ausführlich dargelegt.

Der Finder war wie vom Blitzstrahl gerührt, als er beim Aufräumen im Stadel eine Seite der auf einem alten Tisch liegenden, verschmutzten und beschädigten Kladden ahnungslos aufschlug und im staubigen Dämmerlicht sein Blick auf die mattgold schimmernden Zeilen und wenig später auf einen Buchstempel fiel. Die Gedanken an den sehr hohen kulturellen Wert dieser offensichtlich entwendeten Schriftensammlung und sein völlig unpassender Lagerungsort kamen sofort. Nach einem klärenden Gespräch, bei dem der Verantwortliche erst nach mehrmaligem Bitten zusagte, dass die Schriften an einen sicheren Verwahrungsort zurückgebracht werden dürfen, stellte sich beim Finder eine Mischung aus Trauer, Verwirrung, Entsetzen und Enttäuschung ein: der Verantwortliche war Philologe und pensionierter Lehrer im Rang eines Studiendirektors, der auf seine Bildung und Belesenheit großen Wert legte, sich in Bekanntenkreisen als Kenner europäischer Kulturstätten ausgab, gerne lateinische Sprichwörter zitierte und mit gnadenloser Sturheit seinem ältesten Sohn Zwangsnachhilfe in den Schulfächern Latein und Englisch verordnete. Dieser sehr starke Kontrast zwischen vordergründigem Anspruch und tatsächlicher Handlung - hier völliges Versagen in einer entscheidenden Situation - blieb für den Finder zunächst unbegreifbar. Zu diesem gespenstisch befremdlichen Verhalten passte, dass der Verantwortliche in einem Schreiben an die Handschriftenabteilung beteuerte, den Wert der Bände nicht erkannt zu haben. Es steht für den Finder außer Zweifel, dass durch die Schändung der Goldkopie des Regensburger Codex Aureus ein schwerer individueller Kulturbruch geschehen ist, weil ein Philologe eine wertvolle, da qualitativ sehr hochwertige Reproduktion des Regensburger Codex Aureus fast 20 lange Jahre an einem völlig ungeeigneten Ort sich selbst überlassen hat; jeder dort Vorbeikommende hätte sie mitnehmen können: der Stadel war nicht abgesperrt, weil das Schloss verrostet und der Schlüssel verloren waren. Bei Reparaturarbeiten im Spätherbst 1983 war der Stadel für mehrere Tage ohne Dach; zu dieser Zeit schneite es schon. Da die Kladden übereinander gestapelt lagen, war nur die Frontseite des zuoberst liegenden Bandes der Witterung und anderen Beeinträchtigungen direkt ausgesetzt (siehe Objekt auf der rechten Seite in der Datei Kladden).

Die Handlungsweise des Verantwortlichen wird noch schwerer verständlich, wenn man weiß, dass er die Bücher schon bald nach Erhalt an die Adresse des Eigentümers hätte zurück geben können: die Buchstempel "Bibliotheca Regia Monacensis" und "Bayerische Staatsbibliothek München" sind auf den Seiten 1, 2, 50, 51, 150 und 252 deutlich zu erkennen. Es gilt als selbstverständlicher Bestandteil des bürgerlichen common sense, erhaltenes Kulturgut sorgfältig zu verwahren sowie zu pflegen und - wenn man erkannt hat, dass es entwendetes Eigentum ist und es einem deshalb nicht gehören kann - innerhalb einer akzeptablen Frist eine dafür zuständige Behördenstelle ausfindig zu machen, um es dort abzugeben; in diesem Fall wäre der Ansprechpartner sehr leicht ermittelbar gewesen. Hätte der Verantwortliche korrekt gehandelt, wäre er damals für seine Ehrlichkeit und sein Verantwortungsbewußtsein vielleicht sogar vom bayerischen Staat geehrt worden. Er könnte heute zu den Honoratioren seines Heimatortes zählen, da er zum Erhalt bayerischen Kulturgutes beitrug. Statt dessen hat er sich mit dieser Schandtat selbst einen gravierenden Makel zugefügt und zudem seine Zunft - den Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverband - schwer blamiert. Die mit Sicherheit profanen Beweggründe, die dazu führten, dass genannte Bücher im Staub liegen gelassen wurden, wird man vom Verantwortlichen und seiner Vertrauten wohl nie erfahren. Sie haben bis dato nicht einmal mit einer Wiedergutmachungsgeste gegenüber dem Eigentümer Einsicht in ihr Fehlverhalten signalisiert.

Hier ist zweifellos Unrecht geschehen, weil der Verantwortliche durch Aufrechthalten eigener Belange die kulturelle und eigentumsrechtliche Interessensphäre der Allgemeinheit beeinträchtigte. Dieses Fehlverhalten ist noch nicht vor Gericht verhandelt worden. Das erstaunt sehr, da Unterlassung, Unterschlagung oder Sachbeschädigung in dieser Dimension - mit anderen Worten: Beschädigung von Allgemeingut, Beeinträchtigung bürgerlicher Interessen und fortgesetzte Verletzung der Sorgfaltspflicht - nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch strafbar sind.

Der Autor rang sich nach Überwindung seines durch die deprimierenden Fundumstände verursachten Traumas und nach langer Trauer- und Bedenkzeit zum Entschluß durch, Zivilcourage zu zeigen: als einziger Zeuge die Öffentlichkeit über diesen Kulturfrevel zu informieren. Denn es wäre das nächste Unrecht, als Wissender darüber zu schweigen, weil es dann unmöglich ist, über genanntes Fehlverhalten öffentlich zu reflektieren und daraus zu lernen: Res publica - eine öffentliche Sache - hier wertvolles bayerisches Kulturgut - ist durch Fahrlässigkeit gefährdet und beschädigt worden. Über diese Tatsache hat die Öffentlichkeit ein Informationsrecht. Und nur dann, wenn es erfüllt worden ist, können die Gemeinschaft und ihre Entscheidungsträger entsprechend reagieren, um die Ereignis-Wahrscheinlichkeit solcher oder noch schwer wiegenderer Kulturbrüche zu verringern.

Damit solche Verluste für die Allgemeinheit in Zukunft seltener werden, sollten die Sachverständigen für kulturelle Pflege und Entwicklung Strategien zur Förderung von Wissenstiefe und Bildungsauthentizität planen und entsprechende Programme anwenden.

Folgender Entwurf - in Form eines erweiterbaren, da offenen Fragenkatalogs - unterbreitet Anregungen philosophischer Natur, wie ein höheres Niveau an Wissenstiefe, Bildungsauthentizität, demokratischem Gemeinschaftssinn sowie Selbstwert und Selbstvertrauen bei Auszubildenden erreicht werden kann, und wie auch auf Seite der Erzieher diese für den friedlichen Fortbestand von Gemeinschaften wichtigsten Eigenschaften und Fähigkeiten eine höhere Wertschätzung und Qualität erfahren können:

Wie
  • bringt man ihnen die alles überragende Bedeutung der Menschlichkeit nahe, die für alle Formen des Handelns und Kommunizierens - ob nun politischer, juristischer, wirtschaftlicher, sozialer, wissenschaftlicher oder anderer Art - oberstes moralisches Gebot ist, das für alle jederzeit gilt?

  • kann man in den Köpfen heranwachsender Menschen möglichst früh den Funken der Erkenntnis zünden, wie wichtig, schön, lebensbereichernd und befreiend Bildung, Wissen und Kultur sind, diese einen mindestens ebenso hohen Wert wie materielle Güter haben und nur sie den Fortbestand und die Weiterentwicklung des geistigen Erbes der Menschheit garantieren [Manfred Fuhrmann (2002): Bildung]?

  • können Menschen während der Ausbildung in einer Weise motiviert und nachhaltig gefördert werden, dass sie an der geistigen Welt sowohl ehrliches Interesse als auch echte Freude finden: damit Neugierde und Begeisterung entstehen, die in einen das ganze weitere Leben begleitenden, nie nachlassenden Informations- und Forschungsdrang münden, der sie von Langeweile erlöst und manipulationsresistent macht: aktive, selbständige Wissenserweiterung und -vertiefung statt passives Konsumieren profaner Angebote der Verbraucher-, Freizeit- und Unterhaltungsindustrie.

  • erklärt man ihnen, dass Äonen vergangen sind, bis die Natur durch Selbstorganisation aus einem kaum differenzierten Plasma subatomarer Teilchen den - leider vergänglichen - Zustand ihrer heutigen, für menschliche Auffassung unerschöpflichen Vielfalt mit betörend schönen Formen hervorgebracht hat, deren tiefenemotionale Wirkungen Generationen von Dichtern, Schriftstellern, Komponisten und Kunstmalern zu geistigen Höchstleistungen animierten.

  • kann man den jungen Menschen begreiflich machen, was es bedeutet zu wissen, dass jeder seine Lebenszeit von durchschnittlich 70 Jahren der Existenz von 300 Billionen Sternen oder 1000 Galaxien verdankt [Nigel Calder (1980): Einsteins Universum: Seite 172: 4. Absatz]?

  • bringt man die jungen Leute zum Nachdenken und Staunen über die Bedeutung folgenden Paradoxons: einerseits das riesige Konstrukt des geistigen und künstlerischen Gesamtwerkes der Menschheit; andererseits die Winzigkeit ihrer Errungenschaften in Anbetracht der Unermesslichkeit und Komplexität des Alls, durch das sie in grandioser Verlassenheit und Einzigartigkeit unter dünner Atmosphäre und auf brüchiger Scholle durch eiseskaltes, nachtschwarzes Vakuum getragen wird; eine Ausgesetztheit, die gewiss jeden Vernünftigen zu Nachdenklichkeit, Ehrfurcht, Demut und Vorsicht veranlasst; eine Verletzbarkeit, die auf Dauer nur gemeinsam zu mindern ist und menschliche Schwächen wie Hybris, Egoismus, Gleichgültigkeit, Neid, Geiz, Streitsucht, Rechthaberei und Ungerechtigkeit als lächerliche Torheiten abtut.

  • macht man ihnen verständlich, dass dieser überwältigende Zauber des Ästhetischen und Erstaunlichen in der Natur sowie in den positiv-konstruktiven Modellen und Theorien der geistigen Welt letzter Grund für alle sein muß, Bekenner der Wahrheit zu werden?

  • vermittelt man ihnen, wie unendlich wertvoll dieser Funke Lebenszeit werden kann, wenn man durch die Anwendung der Fähigkeiten zur Reflexion und zum problemlösenden Denken dem Dasein einen wirklichen Sinn geben möchte: mit ganzer geistiger Kraft kreativ zu sein, neue Wege zu gehen und in wichtigen Momenten nicht zu versagen; nur durch positiv realisierte Problemlösungen, gute Ideen und im guten Sinne nützliche und auf lange Sicht richtige Entscheidungen zeigt der Mensch Verantwortung und macht sich auf positive Art mental unsterblich.

  • weckt man in jungen Menschen die Freude und Neugierde auf all das, was noch erforscht werden kann und wie das Problembewußtsein der ethischen Bewertung sowie gesamtgesellschaftlichen und ökologischen Auswirkungen der Neuerungen? Ganz in diesem Sinne äusserte Professor Dr. Ernst Messerschmidt im Vortrag "Wissenschaft im Weltraum" in der Bayerischen Staatsbibliothek München am 07.03.06: "Größter Nutzen dieser Forschung jedoch wird vielleicht sein, dass immer mehr Menschen die Erde wie die Astronauten wahrnehmen, als einen kleinen schönen Planeten, eine Insel im lebensfeindlichen Weltraum, beschränkt in der Aufnahme von Menschen, die auf Dauer im Konflikt mit der Natur leben."

  • schärft man ihre Sinne für den gnadenlosen Ernst ihrer Situation, in der nichts egal oder langweilig sein kann und es für jeden Menschen nur dieses singuläre Hier und Jetzt gibt, wo er die erste und zugleich letzte Gelegenheit hat, die geistige Welt reicher zu machen.

  • überzeugt man sie davon, wie befreiend, erfreulich und erleichternd es ist, bestehendes Leid nicht zu weitern. Gibt es etwas Schöneres, als so durch das Leben zu gehen, dass man möglichst wenig Schaden anrichtet, Unrecht begeht und Streit säht?

  • sensibilisiert man sie für die Gefahren, die aus Disparitäten sowie in autoritären Systemen über lange Zeit konsequent und absichtlich aufrecht erhaltenen Ungerechtigkeiten entstehen?

  • überzeugt man sie, dass diese Disparitäten und Ungerechtigkeiten nur durch global geltende humanitäre, soziale und wirtschaftliche Standards und Normen beendet werden können, deren Durchsetzung, Bestand, und Aktualität von einem internationalen Gremium überwacht, geschützt und ständig kontrolliert wird?

  • zeigt man ihnen, welche negativen Folgen übertriebener Idealismus und falsch verstandene Toleranz für demokratische Gemeinschaften haben können?

  • erklärt man ihnen, dass Dialog dann beginnt, wenn man annimmt, dass der andere Recht haben könnte? (H.-G. Gadamer).

  • wie gewinnt man ihr Verständnis für das große Problem der leichten Beeinflußbarkeit sehr vieler Menschen; wie ihre Einsicht in die Unsittlichkeit/Schädlichkeit grenzenloser Manipulation des Menschen zum Zwecke profaner oder egoistischer Ziele und in die Tatsache, dass alleine durch freiwillige Selbstbeschränkung der Verantwortlichen dieses Elend gemindert werden kann?

  • wie überzeugt man sie, dass parallel zum Geld- und Kindermachen auch das Wissen- und Kulturschaffen als gleichwertig zu erachten und zu ehren sind?

  • macht man ihnen begreiflich, dass auch das zuletzt verbleibende Prinzip der Hoffnung zum Nachteil geraten und ausgenutzt werden kann (Tadeusz Borowski 2006: 44) ?

  • vermittelt man ihnen, dass Schönheit, Erfolg und Autorität keinen wahren Wert und inneren Glanz haben, wenn sie auf ungerecht verbreitetem und anschließend konsequent geleugnetem Leid aufbauen (Tadeusz Borowski 2006: 58) ?

  • erklärt man ihnen, dass es das Einfachste und zugleich Dümmste/Niedrigste ist, Aggressionen an Schwächeren auszulassen (Tadeusz Borowski 2006: 207) ?

Auf den Punkt gebracht: Es geht vor allem um die viel zu wenig beachteten Ideale und Ideen der Gebrüder Alexander und Wilhelm von Humboldt, die sich als universal gebildete Wissenschaftler mehr denn je als Vorbilder eignen und an denen sich viele Eltern, Erzieher, Didakten, Multiplikatoren, Ausbilder, Autoritäten, Sachverständige und Entscheidungsträger ein gutes und nachahmenswertes Beispiel nehmen können. Gelingt es nicht, in Anbetracht der heutigen Sinn- und Erziehungskrise bei Heranwachsenden zwanglos einen Mentalitätswandel einzuleiten, indem ihnen z. B. anerkannte Persönlichkeiten vorleben, um wieviel zufrieden stellender es ist, anstelle oberflächlichen Trend-Wissens zum Erlangen materiellen Reichtums tiefer gehendes Wissen zum Zweck ganzheitlicher Bildung der Persönlichkeit zu erwerben, dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die dünne Kultur-Barriere gegen latente Bestialität und Barbarei nachgibt und sich noch größere Kulturkatastrophen als die während der Nazidiktatur oder der chinesischen "Kulturrevolution" ereignen werden.


Mehr Licht!

Dieser Hilferuf Johann Wolfgang von Goethes auf seinem Sterbebett gilt im übertragenen Sinn auch für die derzeitige, in vielen Bereichen desparate Bildungs- und Erziehungssituation, Folge einer zu wenig vorangebrachten Erziehungs- und Bildungsreform sowie Wertediskussion. Es bleibt nur die Hoffnung, dass die Entscheidungsträger nun endlich den Ernst der Lage erkannt haben und ihr Bestes geben, damit das geografische Zentrum Europas wieder zweifelsfrei - neben anderen Staaten - ein "Land der Dichter, Denker und Humanisten" genannt werden kann.

Mit den Inhalten und Werten, die im Gefolge ehrlicher Bildungsanstrengungen wachsen, Glück erfahren und in Frieden glücklich bleiben: Erlösung und Zufriedenheit durch Reflexion und Kontemplation über die

  • Bedeutung der Fähigkeit, als winziger Mensch - trotz der Belastung mit den unvermeidbaren Unzulänglichkeiten der "condition humana" - die Unendlichkeit zu erfassen: gedanklich die unermessliche Größe und Komplexität des Kosmos sowie die Grandiosität und Genialität der guten Seiten des mentalen Gesamtwerkes der Menschheit erkennen und in allen Tiefen ausleuchten zu können;

  • Realisierung wirksamerer Maßnahmen, Weiterungen von Leid noch mehr einzugrenzen;

  • essentielle Bedeutung der zu verbreitenden Einsicht, dass alleine durch Menschlichkeit, Vertrauen stiftende Philanthropie, demokratischen Gemeinschaftssinn und strikte Einhaltung ökologischer Standards friedliches Beisammensein, stabiler Fortbestand und geistige Entwicklung garantiert sind.

Unterwegs zum ewigen Frieden, zur ewigen Liebe und zur ewigen Vernunft: Förderung von Wissenstiefe, komplexem Denken, humanitären und moralisch positiven Werten, angemessener Altrozentriertheit und Toleranz, Verantwortlichkeit und Bildungsauthentizität gegen Ignoranz, Dünkel, Langeweile, Heuchelei, Manipulationsanfälligkeit, Indifferenz, Neid, Profanität, Unzuverlässigkeit, Korruption, Nepotismus, Profitgier, Geiz, Materialismus, Gewalt und Unmenschlichkeit. Das ist der Sinn dieses elektronischen Mahnmales.

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Epilog:

Den Glückseligen, die sich entschieden haben, das Böse auf Distanz zu halten und als Verantwortungsbewußte es nicht weiterzutragen, um der Gemeinschaft nicht noch mehr Schaden aufzuladen, werden die Handlungsmotive, die zu folgenden erlebten Geschehnissen führten, für immer fremd bleiben:

  1. zur vorübergehenden Verwahrung eingelagertes fremdes Eigentum - z. B. das einer jüdischen Tuchhändlersfamilie aus München - für sich selbst einzubehalten, zu verwerten und täglich im Haushalt zu nutzen, anstatt dieses spätestens dann bei der betreffenden Kultusgemeinde abzugeben, als nach dem Zweiten Weltkrieg die Rückkehr der Eigentümer ausgeschlossen werden konnte;

  2. die Menschenwürde von Auszubildenden und Erziehungsbefohlenen sowie ihr Grundrecht auf Unversehrtheit durch Androhung und Anwendung körperlicher und seelischer Gewalt zu mißachten und zu brechen;

  3. erzieherische Pflichten und familiären Zusammenhalt wegen beruflichen Ehrgeizes und politischer Geltungssucht zu vernachlässigen und aufzugeben;

  4. Totkrank in den nahen Eltern- und Großelternhäusern darniederliegenden Verwandten - z. B. Tante/Schwiegertante und Mutter/Schwiegermutter - , die sehr viel Gutes taten, nicht zu helfen;

  5. Familiengrabsteine zum Bauschutt werfen zu lassen und zum Zwecke der persönlichen Bereicherung sich über den letzten Willen Verstorbener hinwegzusetzen;

  6. Eine Goldkopie des handgemalten Regensburger Codex Aureus Jahrzehnte lang achtlos im Staub liegen zu lassen.

  7. Die das Wahre, Schöne, Echte, Besondere und das entscheidende Detail suchenden sowie sich für gerechte Problemlösungen einsetzenden Mitmenschen - z. B. der älteste Sohn und seine Gemahlin - zu ignorieren, zu übergehen, zu verleumden und den Götzen der Profanität zu opfern.

Es besteht kein Zweifel, dass konkretes Erleben dieser bzw. mittelbares Wissen von diesen Handlungen bei sensiblen Menschen schwerstes seelisches Leid auslöst. Die dadurch provozierte schwere Existenzkrise - ein den Lebenswillen lähmendes, gräßliches Gemisch aus Angst, Hoffnungslosigkeit, Aggression, Verzweiflung und Hilflosigkeit - wird maximal, wenn die Handelnden, von denen man sich bis zuletzt vergeblich ein solidarisches Miteinander erhoffte, einem sehr nahe gestanden hatten. Eine von mehreren Möglichkeiten, die verbleibende Lebensqualität solcher vielfach traumatisierter Menschen zu bessern, besteht in der Verinnerlichung eines Leitspruchs des Athener Philosophen Sokrates (470-399 v. Chr.): "Wieviel leichter ist es, unter denen zu sein, die Unrecht erleiden als unter denen, die Unrecht tun."

Erstellt 10.05.2005. Letzter Nachtrag: 28.12.2007.

© Dr. Hubert Engelbrecht, München

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