Das Land der tausend erdwissenschaftlichen Naturdenkmäler:
Der virtuelle Geopark Werdenfels


Abb. 1: Blick auf das Werdenfelser Land (Landkreis Garmisch-Partenkirchen, Bayern), nationale Geotoplandschaft
und zukünftiger Geopark. © Bild: Dr. Hubert Engelbrecht.

Musik: Koyaanisqatsi. Komponist: Philip Glass (1982)
Die auf- und absteigende Leitmelodie entspricht hier dem
Werden und Vergehen mesozoischer Riffe im Werdenfelser Land

"Es war ein gewaltiger Reiz für das Herz - und den Verstand (Ergänzung durch den Autor) - , das Unnennbare, was in den Dingen vor mir lag, zu ergreifen, und je mehr ich nach dem Ergreifen strebte,
desto schöner wurde auch dieses Unnennbare vor mir selbst
"
Adalbert Stifter (*23.10.1805 Oberplan in Tschechien, †28.01.1868 Linz). Schriftsteller, Kunstmaler und Pädagoge. Stifter (1999: 271).

"... Aber nirgends hatte ich eine solche Fülle von Ansichten vereint gesehen, wie hier in Murnau zwischen See und Hochgebirge, zwischen Hügelland und Moos"
Kunstmalerin Gabriele Münter (*19.02.1877 Berlin, †19.05.1962 Murnau am Staffelsee). Zitat aus: "Murnau und Ich" 1957

"...Die Natur ist .... die ultimative Muse, die stärkste Inspiration für Maler, Autoren, Wissenschaftler (Ergänzung durch den Autor) und Komponisten...."
(Pianistin Hélène Grimaud in: DER SPIEGEL 52: 104-107 vom 20.12.2014).

"... das Schönste, was ich sah".
Philosoph und Altphilologe Friedrich Nietzsche (*15.10.1844 Röcken
†25.08.1900 Weimar) am 22.07.1874 über die Gebirgslandschaft am Albulapass in der Schweiz.
In: Briefwechsel, kritische Gesamtausgabe, Seite 245, II 3, Hrsg.: G. Colli & M. Montinari, De Gruyter, New York, 1978.

"Erlebte freie Natur wirkt als Imaginationsraum für neue Motive und Techniken ihrer Darstellung sowie als Resonanzraum für Stimmungen und Neigungen"
(Ausstellung Natur als Kunst: Landschaft im 19. Jhd. in Malerei und Fotografie, Lenbachhaus, 19.03.-18.08.2019)

"...Himmlischer Frieden".
Liao Yiwu (*
04.08.1958 Yanting, Sichuan). Poet und Regimekritiker, Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels und Geschwister-Scholl-Preisträger.
Er suchte für die öffentliche Lesung seines Gedichtes "Massacre" ein landschaftliches Ambiente mit maximalem Kontrast zu seiner vierjährigen Gefangenschaft
und fand eine solche Umgebung in der Parkanlage der Villa Riedwies (Murnau), gelegen vor der Werdenfelser Bergkulisse, die symbolisch für die Freiheit steht.
Die Gedicht-Präsentation erfolgte dort am 03.06.2019, exakt 30 Jahre nach der Entstehung des Originaltextes.

Es ist ein Faszinosum, Landschaft wahrzunehmen, eine Wohltat, sie auf die Seele wirken zu lassen und eine große Freude, durch sie inspirierende Momente zu erleben. Die unmittelbaren Wirkungen von Landschaft auf den Menschen sind den kulturell förderlichen Effekten von Kunst (Magherini 1989) ähnlich: Landschaftsformen, -farben und -strukturen fördern die Kreativität und regen zu Ideen an, die der Mensch aus sich selbst heraus nie hätte schöpfen oder äussern können; dies klingt in einigen der im nächsten Abschnitt genannten Referenzen an. Der Mensch kann aber noch weitaus intensivere geistige Auseinandersetzungen mit Landschaften führen, wenn er ihre Entstehungsgeschichten, d. h. ihre tiefer liegenden Bedeutungen als Produkte und Archive der Erdgeschichte ergründet und die Ergebnisse zum Wohlergehen seiner Spezies nutzt (mehr dazu im vorletzten Abschnitt).
Abbildung 1 zeigt den Blick von einer Anhöhe oberhalb der Ortschaft Hagen (2 km östlich des Marktes Murnau) nach Südwesten auf das Werdenfelser Land: über die weite Ebenheit des Murnau-Eschenloher Mooses (620-630 m) auf die Vorgebirgsketten und - im Bildhintergrund - die abriegelnde Felsenmauer des Wettersteingebirges mit der
Zugspitze 2962,06 m (rechts; in ca. 32 km Entfernung Luftlinie). Das Loisachtal verläuft in der von steilen Bergwaldhängen der Vorgebirgsketten beiderseits flankierten Lücke, die eine übergeordnete, von fließendem Wasser und Eis über Jahrmillionen ausgeräumte Fraktur im Inneren des Gebirges nachzeichnet. Dieser markante morphologische Einschnitt gibt den Blick auf das weiter entfernte Wettersteingebirge frei. In der Bildmitte befindet sich die Eschenloher Enge - das Alpentor - mit einem vorgelagerten, in der Perspektive flach pyramidalen, bewaldeten Felsenriegel: der Höhenberg (957 m),
ein glazial geformter Rundhöcker.
Die bei herbstlicher Föhnstimmung voll entfaltete Schönheit und Magie dieses Landschaftsbildes beruhen auf den kontrastierenden Formen seiner Landschaftselemente, seinem gebrochen symmetrischen Aufbau und seiner räumlichen Tiefe, die dadurch erzeugt wird, dass die Blickrichtung im Bildzentrum angenähert gleichsinnig-parallel zur Längsachse des Loisachtals verläuft. Landschaft inspiriert: die Künstlerin Gabriele Münter hat in den Jahren 1933 und 1934 dieses Landschaftsmotiv in den Bildern "Murnauer Moos" und "Blick aufs Gebirge" expressionistisch interpretiert.
Eine ganz ähnliches Landschaftsbild, nämlich der Blick über Riegsee und grün bewaldeten Molasserücken hin zum Wettersteingebirge wird in Kliniken therapeutisch angewandt
zur seelischen Beruhigung von Patienten im prä- oder postoperativen Stadium. Weitere Landschaftsszenen aus dem Werdenfelser Land, wie z. B. vom Eibsee, sind in online-Galerien renommierter Künstler vertreten.
Man überblickt vom Standort aus die Produkte von 240 Millionen Jahren Erdgeschichte, in der hier vorwiegend Meeresablagerungen - von der tropischen Lagune bis hinab zum Tiefseegraben - dokumentiert sind. Sie lagern nach der Gebirgsbildung (Fernüberschiebungen, Zerblockung, Heraushebung) eng zusammengedrängt, zerrissen und übereinander gestapelt
fernab ihrer ursprünglichen Ablagerungsorte.
Zu den Zeit- und Materialflüssen sowie Energieumsätzen, die dieser Landschaft zu Grunde liegen:
- Zum besseren Verständnis der Dauer von 240.000.000 Jahren, die weit ausserhalb jedes menschlichen Zeitbegriffs und -maßstabs liegt, wird hier ein Vergleich gebracht: jeder der 3.200.000 Zentimeter vom Aussichtspunkt oberhalb Hagen bis zum Zugspitzgipfel entspricht ca. 75 Jahren Zeit; vergleichbar der durchschnittlichen Dauer eines Menschenlebens in Westeuropa im Jahre 1990.
- Zum besseren Verständnis des großen Betrages der von der Natur erbrachten mechanischen Arbeit, um nur die im Fotopanorama sichtbaren, ca. 25 Kubikkilometer Volumen messenden Gesteinsmassen vom Meeresgrund hinauf in alpine Höhen zu transportieren, wird hier eine einfache Mindestschätzung gegeben: die Hubarbeit, notwendig für den Transport von 1 Kubikkilometer Kalkstein (Dichte 2,7 g/cm³) vom Meeresniveau auf 2000 m üNN, ist: Arbeit = Masse × Erdbeschleunigung × Höhendifferenz = 2,7×9,81×2×1015 kgm²/s² ~ 5,3×1016 Joule = 53 Peta-Joule; das sind rund 20% mehr als der tägliche durchschnittliche Endenergieverbrauch der BRD im Jahre 2007. Notabene: Die Arbeit zur Bewerkstelligung des Horizontaltransportes bei den Fernüberschiebungsvorgängen ist um ein Vielfaches größer.
Fazit: ob es sich nun um Landschaften auf den Kontinenten oder auf den Inseln der Weltmeere, um untermeerische Landschaften, Eislandschaften, um Landschaften in Form von Wellenrippelmustern in Wasser-, Sand- oder Schneewüsten, Wolkenlandschaften, galaktische Landschaften, die Landschaften des Mikro- und Nanokosmos oder gar um die riesigen Landschaften weiterer Universen (Hawking & Mlodinow) handelt - es können aber auch natürliche Klang-Landschaften (Walgesänge, erwachender Tropenwald, Geheul eines Wolfsrudels, Donnersequenzen eines Gewitters) sein: ihre irisierende Fülle an Kompositions-Formen und Komplexitäten wirken magisch auf Geist und Seele des Menschen. Adalbert Stifter fasste das Grandiose, Schöne, Begeisternde, Faszinierende, Erstaunliche, Zauberhafte, Unerreichbare und scheinbar Fremde, was seine literarische Figur Heinrich Drendorf bei seiner kunstmalerischen Auseinandersetzung mit Landschaften zu begreifen und ins Bild umzusetzen versuchte, im eingangs angeführten Satz seines 1857 erschienenen Bildungsromans "Der Nachsommer" zusammen.

Zitierte Literatur:
Magherini, G. (1989): La sindrome di Stendhal. Preferenze, 2; 182 Seiten, Firenze, Ponte alle Grazie.
Hawking, S. & Mlodinow, L. (2010): Der grosse Entwurf. Eine neue Erklärung des Universums. Rowohlt Verlag

 

Wertschätzung, Würdigung und Lesarten der Werdenfelser Landschaft samt angrenzender Gebiete nach Zeugnissen namhafter Persönlichkeiten der Zeit- und Kulturgeschichte:

Landesherren und Präsidenten

"..My stay here has been extraordinary. I wish I could stay longer. And one of the pleasures of being president is scouting out places that you want to come back to, where you don't have to spend all your time in a conference room. The setting is breathtaking..."
Barack H. Obama II (*04.08.1961 Hawaii) am 08.06.2015 anlässlich des G7 Gipfels im Schloßhotel Elmau, Werdenfelser Land (https://www.whitehouse.gov/the-press-office/2015/06/08/remarks-president-obama-press-conference-after-g7-summit)

"Wenn ich mich hier so umschaue, an diesem Ort mit seiner wunderschönen Umgebung, dann geht mir das Herz auf ... Auch Wassily Kandinsky, Gabriele Münter, Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin waren damals bezaubert von diesem Fleckchen Erde ...Sie haben Murnau zu einem Ort gemacht, an dem sich Kunst und Landschaft auf das Wunderbarste verbinden."
Bundespräsident Prof. Dr. Horst Köhler (*22.02.1943 Skierbieszów bei Lublin) am 10.07.2008 in seinem Grußwort beim Festakt anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "1908-2008 - Vor 100 Jahren: Kandinsky, Münter, Jawlensky, Werefkin in Murnau". Schloßmuseum Murnau.

"Endlich nahten für mich wieder heilere und schöne Tage des Friedens und ruhiger Sammlung, die ich auf Bergesgipfeln, umweht von balsamisch stärkender Himmelsluft, nie vergeblich suchte"
König Ludwig II (*25.08.1845 Schloss Nymphenburg bei München, †13.06.1886 Berg am Starnberger See).
Exzerpt aus seinem Schreiben vom 08.08.1867 an Cosima von Bülow, der späteren Gemahlin Richard Wagners.
Er fand auf seiner Bergresidenz Schloss Schachen im Wettersteingebirge, in Linderhof im Graswangtal, auf dem Herzogstand über dem Walchensee und der Schöttelkarspitze über den Soiernseen die Schönheit der Natur und die Einsamkeit der Berge (
Praxmarer & Adam 2004: 14).

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Komponisten:

"...Alles hier oben ist über alle Beschreibung schön... Wanderung um die Höhe.
Alle Erwartungen übertroffen: ganz unvergleichlich
"
Richard Wagner (*22.05.1813 Leipzig, †13.02.1883 Venedig).
Der Komponist am 10.08.1865 in seinem Tagebuch über seine landschaftlichen Eindrücke am Berg Hochkopf beim Walchensee (Praxmarer & Adam 2004: 23).

"Eine Alpensinfonie"
Richard Strauss (*11.06.1864 München, †08.09.1949 Garmisch-Partenkirchen).
Komponist und Dirigent. In dieser Tondichtungen deutete er seine Sinneseindrücke aus, die er bei einer Bergtour im Wettersteingebirge erhielt.

"Eine malerische Landschaft und ruhige Gegend, zum Arbeiten geradezu ideal"
Sergej Prokofjew (*23.04.1891 Gut Sonzowka/Donezk, †05.03.1953 Moskau).
Der russische Komponist über die Landschaft bei Ettal, wo er von März 1922 bis Dezember 1923 in der Villa Christophorus lebte. Die Tonalität der dort von ihm geschaffenen Fünften Klaviersonate in C-Dur spiegelt die Idylle in den Ammergauer Bergen wider. (Tworek 2004: 89).

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Architekten:

"Ein sonniger Hang fällt sanft gegen eine große mit bewaldeten Kögeln durchzogene Ebenheit ab - ein altes Seebecken - .... während eine Kette von Bergen
die sich immer weiter kulissenförmig bis zum Wettersteingebirge in wundervollen Gruppierungen vertiefen, das ganze Bild umrahmen."
In: Emanuel von Seidl: Mein Landhaus. Verlags-Anstalt Alexander Koch, Darmstadt 1910, Seite 45
Prof. Dr. h. c. Emanuel Ritter von Seidl (*
22.08.1856 München †25.12.1919 München)
Architekt und Ingenieur. Hier beschreibt er von seinem Landhaus bei Murnau den Blick über das Murnauer Moos in die Berge.

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Kunstmaler:

"Blick aufs Murnauer Moos 1908" - "Vom Griesbräu Fenster 1908" - "Blick aufs Gebirge" - "Olympiastraße bei Murnau"
"Bauernhaus im Gebirge 1908/1909" - "Landschaft bei Murnau" - "Voralpenlandschaft 1932" - "Staffelsee 1935-1936"
Gabriele Münter (*19.02.1877 Berlin, †19.05.1962 Murnau am Staffelsee).
Kunstmalerin und Mitglied der Künstlergemeinschaft des Blauen Reiters. 1909-1914: Geniezeit in Murnau. Genannte Bilder entstanden auf der Anhöhe oberhalb der Ortschaft Hagen bei Murnau (Pfeiffer-Belli 1979, Hoberg & Friedel 1992) und am südlichen Ortsrand von Murnau (Schloßmuseum Murnau). "Murnau und ich": Schreiben Gabriele Münters an den Markt Murnau, 1957; Schloßmuseum Murnau, Inv. Nr. 10462. In: Salmen, B. (2007): "Ein schmucker Markt". Baugeschichte des Marktes Murnau. Ein Kulturführer des Schloßmuseums Murnau. Schloßmuseum Murnau, Seite 9.

"Kochel - See mit Boot" - "Kochel - Schlehdorf" - "Improvisation Klamm 1914"
Wassily Kandinsky (*04.12.1866 Moskau, 13.12.1944 Neuilly-Sur-Seine).
Kunstmaler und Grafiker; Mitbegründer der Künstlergemeinschaft des Blauen Reiters. 1909-1914: Geniezeit in Murnau. Bei den ersten beiden Bildern handelt es sich um impressionistische Landschaftsstudien im Sommer 1902 bei Kochel. Letzteres entstand im Jahr 1914, als er nach einer Wanderung mit Gabriele Münter durch die Höllentalklamm im Wettersteingebirge seine landschaftlichen Eindrücke in Verbindung realistischer und abstrakter Elemente auf die Leinwand brachte. Wolf (2004), Barnett (1995), Friedel (2008).

"Herbst im Murnau, 1909", "Blauer Berg, 1910"
"... Im Sommer waren wir einige Monate in Murnau, wo ich sehr viele Landschaften malte. So gingen einige Jahre hin in großer Arbeit ..."
Alexej von Jawlensky (*26.03.1864 Torschok †15.03.1941 Wiesbaden). Künstlerisch hoch kreative Phase
während seiner Malaufenthalte in Murnau von 1908-1910. Katalog zur Sonderausstellung
"Blaues Haus und Gelber Klang" vom 24.07.-02.11.2014, Schloßmuseum Murnau.
A. v. Jawlensky: Lebenserinnerungen. In: Weiler, Clemens (Hrsg.): Jawlensky, Köpfe-Gesichter-Meditationen. Hanau, 1970.

"Ein reizender Blick war hier auf den See, und bald hatte ich alle Motive gemalt, die nun zur Freude der Menschheit werden sollten. Aber auch im idealen Sinne machte meine Kunst einen großen Fortschritt. Meine Produktionskraft war größer denn je"
"Der See wechselt in rätselhaften Farben und Stimmungen. Bald blitzt er grün wie ein Smaragd, bald wird er blau wie ein Saphir und dann glitzern Amethyste im Ring mit der gewaltigen Einfassung von alten, schwarzen Tannen, die sich noch schwärzer in dem klaren Wasser spiegeln. Darüber breitet sich das Hochgebirge der bayerischen Alpen und wieder über dem ganzen in dunstiger Ferne der gewaltige Wetterstein"
"Walchenseelandschaft mit Lärche, 1920" - "Walchenseelandschaft, 1922" "Ostern am Walchensee 1922" - "Seeufer 1920-1921"
"Walchensee, 1919" - "Walchensee bei Mondschein, 1920"
Lovis Corinth (*21.07.1858 Gwardejsk, 17.07.1925 Zanvoort).
Kunstmaler impressionistisch - naturalistischer, später expressionistischer Richtung. Hier berichtet er von seiner künstlerisch hoch produktiven Zeit am landschaftlich bezaubernden Ort Urfeld, wo er seine Walchenseebilder schuf.
Corinth (1926: 167 und 177). Schuster et al. (1996: 249, 258, 260).

"Der Walchensee 1834"
Lorenzo II Quaglio (*München 19.12.1793
†München 15.03.1869).
Kunstmaler und Lithograph (Seenliste in Wikipedia)

"Benediktbeuern um 1800"
Ludwig Neureuther (*1770 †1832) Aquarellist

"Schneelandschaft Garmisch 1934"
"
Das Moor" - " Großer Steinbruch"
Max Beckmann (*12.02.1884 Leipzig, †27.12.1950 New York).
Kunstmaler und Grafiker. In den beiden Bildern brachte er 1934 expressionistisch seine Eindrücke an Orten zu Papier, wo natürliche neben anthropogen beeinflussten Landschaftsteilen bestehen:
hier zwei Steinbruchbetriebe, die an den Köcheln "Moosberg" und "Langer Köchel" im Murnau-Eschenloher Moos angelegt wurden (Salmen 2000b).

"Panorama des Gebirges bei Murnau, aufgenommen bei Hagen 1873"
Johann Michael Wittmer (*15.10.1810 Murnau, †09.05.1880 München): Kunstmaler

"Soier Mühle 1821" "Schlehdorf 1819" "Ettal 1821" "Bärenhöhle bei Oberammergau"
Carl Heinzmann (Lithograph)

"Blaue Gumpe 26.08.1820"
Nepomuk Aulitsheck
(Leutnant). Federzeichnung anlässlich der ersten alpinistischen Ersteigung der Zugspitze durch Leutnant Josef Naus

"Walchensee 1837" - "Oberes Isartal bei Wallgau 1837"
Gustav Kraus (Lithograph)

"Der Morgen 1818"
Peter Heß (Kunstmaler)

"Das Loisachtal, von Schwaiganger gesehen 1836" - "Das Garmischer Tal 1839" -
"
Moorgegend bei Murnau mit Floß und Gewitter 1858" - "Oberbayerische Moorlandschaft, 1826 (Loisachufer)"
"
Bauernhof vor Garmisch, ca. 1850" - "Gebirgsdorf mit Brunnen, um 1855-1860"
Heinrich Bürkel
(*29.05.1802 †10.06.1869 München): Kunstmaler und Lithograph

"Der Ammersee mit Blick auf das Gebirge", um 1865
"Landschaft in Partenkirchen mit Zugspitze"
Josef Eduard Franz Xaver Freiherr von Schleich der Ältere (*14.10.1812 Haarbach bei Landshut †08.01.1874 München)

"Gebirgslandschaft, Murnauer Moos mit Wetterstein und Ettaler Mandl 1854"
Carl Spitzweg
(*05.02.1808 München †23.09.1885 München). Kunstmaler und Dichter. Aufenthalt in Murnau im Jahr 1854

"Alte Wetzsteinmühle bei Ohlstadt, um 1820"
"Wasserfall bei Ohlstadt, um 1800"
"Das Obere Loisachtal 1830/35"
Johann Georg von Dillis (*26.12.1759 Grüngiebing (Landkreis Wasserburg) †28.09.1841 München). Kunstmaler.
Von Graf Rumford gefördert und "in die interessantesten Gegenden des baierischen Gebirges" geschickt (Bayerische Staatsgemäldesammlungen (1981).

"Eibsee 21.05.1936" - "Hintergraseck, 21.01.1906"
Edward Harrison Compton (*11.10.1881 Feldafing 06.05.1960 Feldafing)

"Bayerische Landschaft - Blick auf den Kochelsee 1832"
Georg Heinrich Crola (*1804 †1879)

Sommerlandschaft am Starnberger See, um 1857/1858
Adolf Heinrich Lier (*1826 †1882). Neue Pinakothek Nr. 199

"Vorgebirgslandschaft bei Murnau - Blick auf Herzugstand und Heimgarten, ca. 1830"
"
Blick auf Zugspitze, Ettaler Berge, Estergebirge ca. 1830"
Carl Rottmann (*1797 †1858)

"Alpspitze 1932" - "Waxenstein (Nordwände)1928" - "Soiernseen1934" -"Isarbrücke 1937" -
"
Im Leutasch I 1932" - "Die Schwarze Wand - Schwarzes Köpfl 1928" -
"
Großer und Kleiner Waxenstein 1930" - "Waxenstein, um 1932" - "Blick auf die Alpspitze 1932"
Alexander Kanoldt (*29.09.1881 Karlsruhe †24.01.1931 Berlin). Kunstmaler und Grafiker

"Alpspitze zum 22. Oktober 1912"; "Garmisch, Gelobtes Land";
"
Badgasse in Partenkirchen" 1921; "Mittenwalder Pfarrkirche im Winter" 1913;
Carl Reiser (*1877 Partenkirchen †1950). Kunstmaler

"Bei Krün 1910"; "Die Tiefkarspitze"; "Der Wörner"; "Mittenwald gegen Karwendel";
"
Auf dem Höllentalgletscher"; "Blick auf den Höllentalgletscher";
Rudolf Reschreiter (*1868 †1939 München). Kunstmaler

"Landschaft bei Münsing, 1931"
Georg Schrimpf (*13.02.1889 München †19.04.1938 Berlin) Kunstmaler

"Wetterloch bei der Zugspitze 1900" "Alpspitze - Höllentalspitzen" "Sonnenaufgang auf der Zugspitze"
Michael Zeno Diemer (*08.02.1867 München †28.02 1939 Oberammergau). Kunst- und Dekorationsmaler, Druckgrafiker, Holzschnitzer

"Das Murnauer Moos mit Wetterstein-Gebirge 1857"
"
Starnberger See, um 1829"
"
Blick ins Werdenfelser Land 1831"
Christian Ernst Bernhard Morgenstern (*1805 Hamburg †1867)

"Gebirgstal mit einer Ortschaft am Fluß, 2. Hälfte des 19. Jhds."
Ernst Kaiser (*1803 †1865)

"Landschaft bei Murnau"
Anton Dill (*1826 †1887)

"Der Floriansplatz in Partenkirchen"
Heinrich Hofer (*1825 †1878)

"Blick auf Kochelsee mit Herzogstand und Heimgarten 1859"
Michael Lueger (*1804 †1883)

"Am Kochelsee"
Ludwig Sckell (*1833 †1912)

"Landschaft bei Mittenwald, Mai 1924"
Erich Heckel (Maler und Grafiker *Döbeln 31.07.1883 †Hemmenhofen Kr. Konstanz 27.01.1970)

"Eibsee mit Zugspitze, 1817"
Johann Jakob Dorner d. J. (*1775 †1852)

"Moorlandschaft im Ried, 1938"
Hans Thuar (*1887 †1940)

"Hohe Kiste mit Murnauer Moos 2007" - "Zugspitze an einem Februarmorgen 2008"
Thomas Geggerle (*1954)

"Oberammergau", "Alpspitze", "Zugspitze", "Zugspitzplatt"
Heinz Vielkind (*1939), Landschaftsmaler

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Fotografen:

"Eibsee 1916"
Elfriede Reichelt (*1883 Breslau †1953 Grünwald bei München). Fotografin. In: "Ab nach München" - Künstlerinnen um 1900.
Süddeutsche Zeitung Edition 2014; Seite 353

"Eibsee - Spiegelungen"
Egon Rohe (*1952). Diplompädagoge, Fotograf und Kunstmaler

"Zugspitze und Eibsee im Sonnenuntergang" "Karwendel - gold am Gerolsee" "Riessersee - Wettersteingebirge mit perfekter Reflektion"
Stefan Prech (*1989 ) Fotograf und Künstler

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Schriftsteller und Dichter:

"...Über den Almen lagen wieder die Wälder, aus denen sacht gerundete, nur selten von einer kahlen Wand durchschnittene Kuppen aufwärts stiegen; und wie eine letzte steinerne Weltgrenze, stolz und steil, erhob sich über diese grünen Wellen der gezahnte Grat des Wettersteingebirges, im Glanz der Sonne wie ein goldenes Gebild erscheinend. Je weiter die Wand sich hinzog, desto blauer tönten sich die Felsen, so daß sie in der Ferne mit der golddurchwobenen Farbe des Himmels in eins zerflossen. "Wie schön!""
Ludwig Ganghofer (*07.07.1855 Kaufbeuren, † 24.07.1920 Tegernsee).
Schriftsteller. Hier preist er den Ausblick von der Tillfußalm (Gaistal in der Leutasch) auf die Südflanke des Wettersteingebirges (Ganghofer 1899: 11). Genannte "Weltgrenze" entspricht der Wetterstein-Hauptüberschiebung.

"Wo ich Frieden fand"
Reichsritter Walter von Molo (*14.06.1880 Sternberg (Böhmen), 27.10.1958 Murnau).
Der Schriftsteller in seinem "Murnauer Tagebuch" (1957) über das wundervolle Gebirgspanorama, das er von Tag zu Tag bewusster und schöner erlebte (Von Molo, W. 1957: Gesammelte Werke).

"Es ist der schönste Punkt am nördlichen Rande der bayerischen Alpen"
Ödön von Horvath (*09.12.1901 Fiume, 01.06.1938 Paris).
Der Schriftsteller in den zwanziger Jahren über seine Eindrücke auf der "Fürstalm", damals eines der schönsten Aussichtscafès an der Peripherie von Murnau. Tworek (2003: 45).

"Eine Gegend wie ein Dichtertraum"
Heinrich von Kleist (*18.10.1777 Frankfurt (Oder)
†21.11.1811 Berlin)
Der Schriftsteller, Dramatiker und Novellist über die Landschaft um den Staffelsee (Website Bayer. Schlösser- und Seenverwaltung).

"Diese Kalkgebirge gehen in ungeheuern ununterbrochenen Reihen von Dalmatien bis an den Sankt Gotthard und weiter fort." "Es war ein Tag, den man jahrelang in der Erinnerung genießen kann.... Nun aber bei dem Glanze der aufgehenden Sonne die dunklen, mit Fichten bewachsenen Vordergründe, die grauen Kalkfelsen dazwischen und dahinter die beschneiten höchsten Gipfel auf einem tieferen Himmelsblau, das waren köstliche, ewig abwechselnde Bilder"
Johann Wolfgang von Goethe (*28.08.1749 Frankfurt am Main, †22.03.1832 Weimar).
Schriftsteller, Geheimrat, und Naturforscher. Im ersten Zitat vom 07.09.1786 beschreibt er nach damaligem geognostischem Wissensstand die Bedeutung der gewaltigen Felsmassive, unter denen der Postkutschenweg vom Kochelsee über den Kesselberg hinaufführte zum Walchensee. Das zweite Zitat betrifft seine landschaftlichen Eindrücke am Ort Mittenwald, die er einen Tag später in seinem Tagebuch festhielt. Goethe (1788).

"Wundervoll"
Arthur Schnitzler (*15.05.1862 Wien, †21.10.1931 Wien.)
Der Schriftsteller am 11.05.1908 über seine landschaftlichen Eindrücke nach einer Autofahrt durch das Oberland nach Garmisch (Tworek 2004: 100).

"Es ist so schön, daß ich in einer einzigen Betäubung von Luft und Sonne, Baden im Bergbach und Steigen auf die Berge, lebe"
Paula Ludwig (*05.01.1900 Altenstadt/Vorarlberg, †27.01.1974 Darmstadt).
Die Lyrikerin am 25.07.1928 von ihrer ständigen Wohnung in Ehrwald in einem Brief an den Schriftsteller Waldemar Bonsels (Tworek 2004: 125;
http://www.lyrikwelt.de/autoren/ludwigpaula.htm).

"Ich bin das erstemal wirklich im Innern des Gebirges und finde es äußerst wohltuend... die Stimmung war wundervoll"
Hugo von Hofmannsthal (*01.02.1874 Wien, †15.07.1929 Rodaun/Wien).
Der Dichter - Gast bei Ganghofer auf der Tillfußalm in der Leutasch - in einem Brief am 06.05.1899 an seine Eltern (Tworek 2004: 192).

"Zum Beispiel Kesselbergstraße. War man oben, lag der Walchensee vor einem, blaugrün, und dahinter
die vordere Karwendelkette. Fuhr, weiter, an der hellgrünen und weiß schäumenden Isar entlang,
über Wallgau die riesigen Kalkmauern des Gebirges. Unerträglich blitzend unter dem kochend, blauen Himmel.
Kam nach Mittenwald, ... glühend die Bergwand, die aus der Wiese stieg...
"
Alfred Andersch (*04.02.1914 München †21.02.1980 Berzona, Kanton Tessin) in: Die Kirschen der Freiheit 1952 (autobiographisch).

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Kunstsammler, Mäzene, Wissenschaftler und Alpinisten:

"... Die fast hörbare Stille, die mattgrünen Wiesen und die dunklen Tannenwälder, die sich wie Sammet
vor den ... Bergen abheben, die bringen eine wundersame Ruhe über mich.
" (1)
"
Dass er sich nirgends wohler fühle als in Murnau fühle und sich nicht vorstellen könne, anderswo zu leben..." (2)
James Loeb (*06.08.1867 New York, 27.05.1933 Murnau Hochried).
(1) Exzerpt eines Schreibens des Kunstsammlers und Mäzens James Loeb an seinen Schwager, den Kunsthistoriker Aby Warburg. Salmen (2000a).
(2) In: Burgmair & Weber (1997:118)

"Hier ist gut sein"
Hermann von Barth (*05.06.1845 Eurasburg bei Wolfratshausen, 07.12.1876 Sao Paolo de Loanda, Westafrika).
Jurist und Geologe. Erschließer des Wettersteingebirges und Karwendels, Mitbegründer des Alpinismus. Im Zitat äusserte er sich über die überwältigend schöne Aussicht vom Gipfel des Schneefernerkopfes (2874 m) im Wettersteingebirge.
In: Von Barth, Hermann (1874): Aus den Nördlichen Kalkalpen. Bavarica Reprint im Süddeutschen Verlag München 1984. Seite 535.

"Die Murnauer Zeit war ein Traum-Höhepunkt, nie wieder erreicht...".
Prof. Dr. Dietrich Roeder am 05.08.2009 über die Durchführung des Projektes "Murnau Geodynamics" 1995-1998.
Geodynamiker. Erforscher der Baupläne von Gebirgen.

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der Region:

Naturforscher:

"Der doppelte Reiz der Anmut und der Größe liegt über dem Landschaftsbild, das sich südlich von Murnau gegen die Berge hin, dem Blick bietet." "...einmaliges Landschaftsbild, ..reine zwecklos schöne Natur..."
Max Dingler. Zoologe, Naturschützer und Dichter. In: Dingler (1943), Seiten 7 und 19.

"...Bedeutung des Murnauer Mooses als einzigartige Naturschöpfung und des Langen Köchels
als eines besonderen geologischen Naturdenkmals ...
"
Ingeborg Haeckel (*08.01.1903 Sonthofen †07.11.1994 Murnau am Staffelsee): Biologin, Schulleiterin und Naturschützerin. In: Haeckel (1980)

"...herbe Schönheit dieses großartigen Landschaftsbildes..."
Edith Ebers. Quartärgeologin und Glaziologin. In: Dingler (1943), Seite 28.

"...landschaftlich, geologisch und biologisch hervorragendes Naturdenkmal..."
Otto Kraus. Geologe. In: Dingler (1943), Seite 44.

"... . Außerdem war es eine verlockende Aufgabe, ein so geschlossenes geographisches Gebilde, wie es das Werdenfelser Land ist, nach seinem landschaftlichen Werden darzustellen, so die äußere Schönheit auf die Grundlagen ihrer Entstehung zurückzuführen, ...
Josef Doposcheg (*†) Biologe und Naturforscher. In Doposcheg (1938), Seite 5.

Schriftsteller

Künstler

"Mein Blaues Land" "Wetterstein und Werdenfels" "Winter im Murnauer Moos" "Murnauer Moos mit Estergebirge"
"
Wetterstein Alpspitze" "Murnauer Moos Rotes Werdenfels" "Werdenfels, Moor"
"
...dann empfinde ich ....Begeisterung angesichts der Ungeheuerlichkeit geballter Schönheit... Ja, es ist ein Theater, eine Breitwandbühne mit Prozensium, Vorder-, Mittel- und Hintergründen, mit Silhouetten, die sich beim kleinsten Stellungswechsel der Naturbühne verschieben. Die wechselnden Projektionen von Hell und Dunkel auf das breit angelegte Kulissenwerk lassen Bildeindrücke stetiger Erneuerung entstehen. In der Ferne, im Massiv der Wettersteinkette, heute ein zartes Blau, mit Dunstschleiern geheimnisvoll die Bergformen abstrahierend. Morgen vielleicht ...harte indigoviolette Schatten hinter den Kanten und Abbrüchen des Steilgesteins. ...Später nur mehr Nebelbänke, aus denen vorwitzige Felszacken heraustauchen... ."
"
Der Rundblick ... hinweg über die breitgelagerten Moosgefielde auf die föhnklare Alpenkette ist wohl eines der majestätischsten Panoramablicke Oberbayerns"
"
Der Staffelsee in ausgewogener neorealistischer Klarsicht und eine freie Komposition der Seebucht. Fleckspiel der Naturgewalten."
"
Ein Bühnenbild der Naturewigkeit."
"
...und über die Mutation einer großen Landschaft zu träumen, gehört zum Muß jedes Naturfans."
"
Der "gestaffelte See" - Wie Theaterkulisse baut sich die Szene auf, wenn man vom Nordufer bei Uffing nach Süden blickt."
Fritz Hierl *16.09.1920 München †2005 Murnau): Architekt, Kunstmaler, Zeichner, Lithograph, Literat. Aquarellserien über Landschaftsformen im Werdenfelser Land (Hierl 1990, 1992). Ausstellungen "Fritz Hierl - Mein Blaues Land" (17.01.-02.04.2005) und "Fritz Hierl - In memoriam" (18.09.-04.11.2006) in der Galerie in der Goldschmiede Tom Fiedler in Murnau. Obige Exzerpte schildern die Sinneseindrücke des Künstlers, als er von den Murnauer und Uffinger Höhenrücken aus die vielfältigen atmosphärischen Stimmungen im Werdenfelser Land wahrnahm, die durch natürliche, in ständig wechselndes Licht getauchte Landschaftsformen erzeugt wurden.

"Murnau mit Alpspitze" (1936), "Winter in Murnau" (1941), "Abendstimmung am Heimgarten", "Seehausen am Staffelsee" (1930)
Hans Sponnier *23.06.1889 Werl (Westfalen) †14.04.1970 München. Zeichner, Graphiker (Aqua tinta). In: Sponnier (1988).

"Bauernhäuser in Garmisch vor der Zugspitze" "Schindeldachhäuser in Garmisch"
Hubert Kaplan (*1940 München. Kunstmaler)

"Werdenfelser Land"
Stefan Köppel (Kunstmaler)

Zitierte Literatur:
Barnett, V. E. (1995): Das bunte Leben. Wassily Kandinsky im Lenbachhaus. Hrsg.: Friedel, H.. Städtische Galerie im Lenbachhaus, München. Seiten 61 und 67.
Bayerische Staatsgemäldesammlungen (1981): Neue Pinakothek München. 3. Auflage.
Burgmair, W. & Weber, M. (1997): daß er sich nirgends wohler fühle als in Murnau. James Loeb als Förderer der Wissenschaft und philanthropischer Mäzen. Jahrbuch 1997 Historischer Verein Murnau am Staffelsee e. V., Heft 22, Seiten 76-128.
Corinth, L. (1926): Selbstbiographie, 8. Teil: Ausklingen. Urfeld am Walchensee, am Sonnabend, den 21. Juli 1923; Seiten 167 und 177.
Dingler, M. (Hrsg.) (1943): Das Murnauer Moos. 2. Auflage. Verlag Carl Gerber, München.
Doposcheg, J. (1938): In: Berge und Pflanzen (Werden und Wachsen) in der Landschaft Werdenfels. Naturkundlicher Führer. Seiten 288-292. Adam-Verlag, Garmisch.
Friedel, H. (Hrsg.) (2008): Kandinsky absolut abstrakt. Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München. Seite 113.
Ganghofer, L. (1899): Das Schweigen im Walde. Droemersche Verlagsanstalt, München, 1957. Seite 11.
Haeckel, I. (1980): Der Lange Köchel. Jahresbericht des Historischen Vereins Murnau am Staffelsee e. V.. Seiten 32.-33, Murnau, 1981.
Hierl, F. (1990): Zeichnungen, Aquarelle. 177 S. Eigenverlag, Murnau.
Hierl, F. (1992): Murnauer Impressionen. 108 S. Eigenverlag, Murnau.
Hoberg, A. & Friedel, A. (1992): Gabriele Münter Retrospektive, Lenbachhaus, Prestel-Verlag München, Seite 220. Titel: Blick aufs Gebirge. 1934.
Pfeiffer-Belli, E. (1979): Gabriele Münter - Zeichnungen und Aquarelle. Seite 147: Titel: Murnauer Moos. 1933. Gebr. Mann Verlag, Berlin.

Praxmarer, M. & Adam, P. (2004): König Ludwig II in der Bergeinsamkeit von Bayern und Tirol. 2. verbesserte Auflage. Adam-Verlag, Garmisch-Partenkirchen.
Salmen, B. (2000a): James Loeb - Leben und Wirken. Seite 33. In: James Loeb 1867-1933. Kunstsammler und Mäzen. Katalog zur Sonderausstellung im Schloßmuseum Murnau, 07.04.-09.06.2000. Seiten 17-72. Hrsg.: Schloßmuseum des Marktes Murnau, bearbeitet von B. Salmen.
Schloßmuseum Murnau (2013): Alpenglühen. Die Berglandschaft als Sehnsuchtsort. Katalog zur Sonderausstellung 21.03 - 23.06.2013. 148 Seiten.
Salmen, B. (2000b): Vorwort. Salmen, B. (2000b): Vorwort. In: Industrie und Natur - Zur Geschichte des Hartsteinwerkes Werdenfels im Murnauer Moos. Katalog zur Sonderausstellung im Schloßmuseum Murnau (15.12.2000-25.02.2001). Seiten 8-10. Hrsg.: Schloßmuseum des Marktes Murnau.
In: Industrie und Natur - Zur Geschichte des Hartsteinwerkes Werdenfels im Murnauer Moos. Katalog zur Sonderausstellung im Schloßmuseum Murnau (15.12.2000-25.02.2001). Seiten 8-10. Hrsg.: Schloßmuseum des Marktes Murnau.
Schuster, P.-K., Vitali, C., Butts, B. (1996): Lovis Corinth. Katalog anläßlich der Ausstellung im Haus der Kunst, München. Prestel-Verlag, München.
Sponnier, A. (1988): Hans Sponnier - Zeichner und Graphiker.- Jahresbericht 1988 Historischer Verein Murnau am Staffelsee e. V. Seiten 100-106, Murnau.
Tworek, E. (2003):
Der unbestechliche Blick eines Heimatlosen. In: Tworek, E. & Salmen, B. (2003): Ödon von Horvath. Ein Kulturführer des Schloßmuseums Murnau. 2. Auflage.
Tworek, E. (2004): Spaziergänge durch das Alpenvorland der Literaten und Künstler. 2. Auflage. Arche Verlag AG, Zürich-Hamburg. 251 S.
Von Barth, H. (1874): Aus den Nördlichen Kalkalpen: Ersteigungen und Erlebnisse. Seite 535. Nachdruck Bavarica Reprint, Süddeutscher Verlag, München, 1984.
Von Goethe, J.W. (1788): Italienische Reise, Seiten 14-15. Autobiographische Schriften III. Band 11 der Hamburger Ausgabe. Hrsg.: E. Trunz. C. H. Beck Verlag, München, 1981.
Von Molo, W. (1957): Gesammelte Werke.
Von Wignau, Ilka (1984): Werdenfelser Land. Prestel Verlag, München.
Wolf, N. (2004): Expressionismus, Taschen, Seite 53.

 

Geografische Lage und Landschaftseinheiten
Das Werdenfelser Land befindet sich ca. eineinhalb Autostunden südsüdwestlich der Landeshauptstadt München im Landkreis Garmisch-Partenkirchen (Südbayern). Die Eckpunkte der hier geologisch präsentierten Landschaft (Fläche ca. 980 km²) - das Werdenfelser Land und angrenzende Gebiete (Leutasch, westliches Karwendel, Isarwinkel, Kochel-Walchenseer Berge, "Blaues Land") - bilden die Ortschaften Ehrwald und Scharnitz im Süden sowie Aidling und Wildsteig im Norden.
Drei übergeordnete Landschaftseinheiten sind hier gegeben:
Der südliche Abschnitt - ca. ein Viertel der Gesamtfläche - wird von der kahlen und kompakten, durch zwei schmale Längstäler in sich gegliederten Felsenbastion des Wetterstein-Hochgebirges überragt; es trägt in seinem westlichen Bereich den topografisch höchsten Punkt Deutschlands, die fast dreitausend Meter hohe Zugspitze. Das Hochgebirge wird im Süden vom Leutaschtal, im Westen vom Ehrwalder Kessel und oberen Loisachtal, im Norden vom Garmischer Kessel und dem Kankertal sowie im Osten vom oberen Isartal flankiert. Die hochalpinen Höhenunterschiede eichen bis 2250 m.
Nach Norden zu schließen sich mit Gipfellagen bis 2185 m Vorgebirgszüge an, in die sich das Loisachtal tief eingeschnitten hat: im Westen die Ammergauer Berge und im Osten die Kochel-Walchenseer Berge samt dem Estergebirge. Dieses zentrale, nach Norden abgedachte Areal nimmt etwa die Hälfte der gesamten Fläche ein. Bergflanken und Gipfelfluren sind insgesamt weniger schroff geformt. In den Talungen der Isar bei Wallgau-Krün, der Ammer und der Linder im Graswangtal breiten sich weiträumige Flußterrassen aus.
Den Abschluss im Norden bildet flach welliges Terrain: voralpines Hügel-, Moor- und Seenland (bis 750 m üNN) mit nur wenigen tief eingeschnittenen Schluchten: das Ammer-Loisach-Hügelland, benannt nach den dortigen Hauptflüssen. Landschaftsprägend ist die weite Ebenheit des Murnau-Eschenloher Mooses (Kerngebiet ca. 7000 Hektar), das unterhalb des Murnauer Höhenzuges trichterförmig nach Süden in den Verlauf der Vorgebirgsketten einschneidet.

 

Eignung
Seit mehr als150 Jahren erfreut sich dieser landschaftlich besonders schöne Flecken Bayerns großer Beliebtheit bei Touristen und Kurgästen, aber auch Landesherren sowie namhaften Künstlern und Schriftstellern (Referenzen siehe oben). Seine natürlichen Ressourcen weden seit langem in Rehabilitations-, Gesundheits- und Wellnesseinrichtungen genutzt.
Der Wille, schöne und wertvolle Landschaftsteile mit selten gewordenen Pflanzen und Tieren in ihrer Ursprünglichkeit zu erhalten, ist in der seit 1953 laufenden Schaffung von Naturschutzgebieten dokumentiert, von denen derzeit ca. ein Dutzend bestehen. Die größten (max. 18.500 ha) befinden sich in den Ammergauer Bergen, im Karwendel- und Wettersteingebirge sowie im Murnau-Eschenloher Moos. Flankiert von Landschaftsschutzgebieten nehmen die Naturschutzgebiete im Werdenfelser Land 51,2 % seiner Gesamtfläche ein.
Aber auch die Schönheit der unbelebten Natur (Gestein) und ihre Bedeutung für den Menschen sind an besonderen Orten erkannt worden. Einige dieser Objekte haben deshalb den Status eines Naturdenkmals erhalten: Wie z. B. im Jahre 1912 die Partnachklamm, 1930 der Gletscherschliff bei Mittenwald und später die Buckelwiesen am Plattele, der Felsensockel der Ruine Schaumburg oberhalb des Dorfes Ohlstadt, die Toteislöcher am Hatzenbichel, der Moränenwall im Ostermoos, etc. Ganz in diesem Sinne hat man in jüngster Zeit mit der Einrichtung von Geopfaden begonnen, wo ästhetische steinerne Objekte oder erdwissenschaftlich interessante Situationen gegeben sind; längs dieser Wege, die z. B. bei Unterammergau, Mittenwald, Wallgau, und nahe der Bergstation Kreuzeck eingerichtet worden sind, informieren Schautafeln über die Jurazeit, eiszeitlichen Bildungen, Klammentstehung durch Erosion und über die Faltungen und Überschiebungen im Wettersteingebirge. Die Adresse https://www.lfu.bayern.de/geologie/geotoprecherche/index.htm bietet weitere Information zu Werdenfelser Geotopen.
Dazu passt gut, dass der Gesamtheit der von Fest- und Lockergesteinsmassen sowie Böden gebildeten geologischen Erscheinungen und Oberflächenformen des Werdenfelser Landes - und damit auch der physischen Grundlage oben genannter Naturschutzgebiete - im Juni 2006 von der Akademie der Geowissenschaften zu Hannover das Prädikat "...eine der bedeutendsten Geotoplandschaften Deutschlands" zugesprochen wurde. Diese Eignung gründet auf der im Werdenfelser Land befindlichen großen Anzahl erdwissenschaftlicher Naturdenkmäler hoher Qualität: viele Werdenfelser Geotope, deren Entstehungsgeschichten Beständigkeit, aber auch Langzeit-Dynamik, Wandelbarkeit und Unberechenbarkeit geologischer Vorgänge widerspiegeln, entsprechen den Prädikaten "ästhetisch", "erhaben", "selten" und "wissenschaftlich bedeutend". Die Werdegänge einiger Objekte sind sogar von besonderer Bedeutung für den Menschen und sein Verhältnis zur Natur. Viele wirken wegen ihrer ästhetischen Formen positiv auf das Gemüt und anregend auf den Geist. Allesamt sind sie faszinierend und versetzen in Staunen. Beispiele: - das von Ehrwald aus betrachtete grandiose Felsenmassiv des Wettersteingebirges, in dem die viele zehner Jahrmillionen dauernde Faltung, Überschiebung und Heraushebung von 235 Millionen Jahre alten Riffgesteinen und Lagunensedimenten, dem Wettersteinkalk, zum Hochgebirge dokumentiert ist; - die markanten Erosionsformen in Klammen (Partnachklamm); - Hergang und Ursachen des größen, derzeit bekannten Bergsturzereignisses (Eibsee-Grainau) im nacheiszeitlichen Bayern; - die Entstehung kilometerlanger Karsthöhlen (Estergebirge); - das Schicksal zweier Korallenriffe in Treibhausklimaten vor 226 Millionen Jahren (Reingrabener Wende: Untergang des Wetterstein-Riffs) und 125 Millionen Jahren (Garschella Wende: Untergang des Schrattenkalk-Riffs); - die landschaftsprägenden Auswirkungen der quartären Vereisungsphasen [Gletscherschliffe bei Mittenwald (Penck 1930) und Wallgau]. Weitere Gedanken dazu finden sich in Lagally et al. (1994), Engelbrecht (2006, 2007), in der Landkreiszeitung 36 / Winter 2006/2007; Seiten 6-7; Garmisch Partenkirchen und in Lagally (2007). Eine Ende 2009 erstellte DVD enthält ca. 1700 Bilddateien schöner und/oder interessanter geologischer Objekte, die vom Jahr 2004 an im Werdenfelser Land dokumentiert wurden.

Alleinstellungsmerkmale und Besonderheiten
- die Existenz zweier überregional bedeutender stratigraphischer Wenden, die den ökologischen Kollaps tropischer Riffe dokumentieren. Ursachen dafür waren die globalen Auswirkungen von Naturkatastrophen (Vulkanismus, Gashydrat-Dissoziation, Impakte) in der Trias- und Kreidezeit: Die Auswirkungen der dadurch hervorgerufenen Treibhausklimaten - steigender Meeresspiegel und verstärkte Einschwemmung partikulärer Fracht in die Meere sowie Eutrophisierung der Wässer - beendeten u. a. das Wachstum vom Wetterstein- und Schrattenkalkriff. Die Reingrabener Wende (226 Ma) dokumentiert diese Ereignisse an der Grenze der Wettersteinkalk-Formation zu den Raibler Schichten und die Garschella Wende (125 Ma) entsprechendes an der Grenze des Grünten-Members zum Freschen-Member (Engelbrecht 2010).
- Vertikaltektonik: Teile der Region sind seit dem Tertiär tektonisch sehr weit herausgehoben worden;
- Typuslokalität für: Formationen: Wetterstein-Formation, Partnach-Schichten, Ferchensee-Member, Unternogg-Schichten, Wörth-Konglomerat, Längenfelder Brekzie; Glaziologie: Uffinger Halt; tektonische Strukturen: Murnauer Mulde, Loisach- und Ammer-Störungsrichtungen,
- die Präsenz zeitgleicher Ablagerungen aus der alpinen, penninischen und helvetischen Kreide, die aus einem Randtrog, einem Tiefseegraben und von einem Aussenschelf abstammen;
- Erster Bernsteinfund in helvetischen Schichten des Alpennordrandes: in Quarzsandsteinen des Freschen-Members am Langen Köchel;
- einziges oberkreidezeitliches Vulkanit-Vorkommen in Bayern: Ehrwaldit (Foidit: Nephelin-Basanit) - Gänge in Adneter Rotkalkstein und Radiolarit (alpiner Jura);
- einziger Nachweis von umgelagertem helvetischem und penninischem Alttertiär (Eozän, unteres Oligozän) in Form sehr großer Komponenten (bis 60cm) im Wörth-Konglomerat (Steigbach Schichten der Unteren Süßwassermolasse der Faltenmolasse);
- topographisch höchstgelegene tertiäre Altfläche Deutschlands: Zugspitzplatt (8 km²);
- längsten und meisten Klammen in Deutschland: z. B. Partnach-, Höllental-, Leutasch-, Seinsbach-, Finzbach-, Asamklamm;
- Zweitlängste Karsthöhle Bayerns: Frickenhöhle (erforscht auf ca. 2,8 km) im Estergebirge;
- durch glaziale Exaration entstandener tiefster See Bayerns: Walchensee (192,3 Meter max. Seetiefe);
- größte zusammenhängende Buckelwiesenfluren des Alpenraumes: Bereich Mittenwald-Kranzberg-Wamberg;
- massereichster Bergsturz (300-400 Millionen m³) mit größter gemittelter Fallhöhe (ca. 1200 Höhenmeter) in Bayerns jüngster Erdgeschichte (Holozän): Eibseebergsturz;
- einzige Tomahügel-Landschaft Deutschlands in rezentem lakustrischem Milieu: die Inseln im Eibsee;
- mächtigste rezente Permafrostzone Deutschlands: 2500-2960m;
- topographisch höchstgelegene sedimentäre Brekzien: Verfüllung einer aufgegebenen Klamm: Meilerhütte (2366m) im Wetterstein.
- größter oberirdisch abflußloser Toteissee Bayerns: Riegsee (1,9 km², 12x10exp6 m³);
- größter rezenter Lawinenkesselgletscher Deutschlands: Höllentalferner (ca. 25 Hektar);
- größte rezente Bildung von Sinter- und Tuffkalken sowie Primärhöhlen bei den Schleierfällen im Ammertal;
- einzige sedimentäre Blei-Zink-Fluorit-Altbergbaue Bayerns: Schurf Gute-Hoffnungs-Zeche am Fuß der Ferchenseewand bei Mittenwald und im Gassental am Stuibenkopf;
- einzige Eisenvitriol-Sudhütte Deutschlands: Hammersbacher Alpe (1800m): Altbergbau um 1579 - ca. 1680;
- einziger triassischer Ölschiefer-Altbergbau Bayerns: Ichthyol-Werke bei Wallgau: Gruben Wolfgang und Kurt;
- am längsten produktiver Wetzstein-Altbergbau Bayerns: Wetzsteinbruch Ohlstadt (600 Jahre: 1350-1950);
- topographisch höchstgelegene Blindseen Bayerns: Stuibensee (1940m) und Schachensee (1800m);
- topographisch höchstgelegene fossile Felssturz-Stauseen: die ehemaligen Blauen Gumpen (1180m, 1215m) im Hinteren Reintal;
- topographisch höchstgelegener Blei-Zink-Altbergbau (1827-1861) in Deutschland: Knappenhäuser (1520m) im Höllental;
- einziger Molybdän-Altbergbau Bayerns von 1907-1925 bei den Knappenhäusern (1520m) im Höllental;
- topographisch höchstgelegener Kluft- und Karstaquifer Deutschlands: Wettersteingebirge;
- topographisch höchstgelegene Schachthöhlen, Dolinen, Gletscher/Ferner, Gletscherschliffe, Rundhöcker und Moränen Deutschlands;
- topographisch höchstgelegene Karstquelle Deutschlands "Beim Guten Wasser" (Knorrhütte 2056m) am unteren Rand des Zugspitzplatts;
- einziges aktives Seekreidewerk Bayerns bei Kaltenbrunn;
- tiefstes, durch glaziale Exaration entstandenes Sedimentbecken in den Nördlichen Kalkalpen: der 600m tiefe Oberau-Trog im Loisachtal.
- hochalpine Topographie: Höhenunterschied Bahnhof Rießer See - Zugspitze: 2240 Höhenmeter.

Zitierte Literatur:
Engelbrecht, H. (2006): Das positive Wirkungspotential der Geotoplandschaft Werdenfels (Landkreis Garmisch- Partenkirchen, Bayern) auf den Menschen und seine kulturelle Entwicklung. (In: Diehl, R., Weber, J. & Bühn, S. (Hrsg.): Geotope und Geoparks - Schlüssel zu nachhaltigem Tourismus und Umweltbildung.- Schriftenreihe der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften, Heft 42, 2006, Seiten 14-17).
Engelbrecht, H. (2007): Das Werdenfelser Land - in Stein gegossene Urgewalt der Erde.- In: Akademie der Geowissenschaften zu Hannover (Quade, H. & Look, E.-R.) (Hrsg.): Faszination Geologie - Die bedeutendsten Geotope Deutschlands 2007, Seiten 166-170, Schweizerbart Verlag, Stuttgart.
Engelbrecht, H. (2010): Geotopes as lithified truth about environmental development in earth history: facts and indications from geotope-cluster Werdenfels Country (District Garmisch-Partenkirchen, Bavaria, Germany): rise and fall of its mesozoic carbonate platforms.- Angenommener Posterbeitrag
für die 14. Jahrestagung der Fachsektion Geotop der DGG in Hagen/Westfalen im Nationalen GeoPark Ruhrgebiet (29.05.-02.06.2010).
Lagally, U. (2007): Ein Fluß frisst sich durch harten Kalkstein.- In: Akademie der Geowissenschaften zu Hannover (Quade, H. & Look, E.-R.) (Hrsg.): Faszination Geologie - Die bedeutendsten Geotope Deutschlands 2007, Seiten 160-161, Schweizerbart Verlag, Stuttgart.
Lagally, U., Kube, W., Frank, H. (1994): Erdwissenschaftliche Beiträge zum Naturschutz: Geowissenschaftlich schutzwürdige Objekte in Oberbayern. Ergebnisse einer Erstaufnahme. 168 Seiten. Bayerisches Geologisches Landesamt, München.

 

Zweck

EXKURS

"Es heißt gar nicht Scheologie, sondern Geologie, und das braucht man nicht zu lernen"
Dr. jur. Ludwig Thoma (*21.01.1867 Oberammergau, †26.08.1921 Rottach-Egern). Jurist und Schriftsteller.
Das Zitat entstammt dem Kapitel "Gretchen Vollbeck".- In: Thoma, Ludwig (1989): Lausbubengeschichten. Seiten 8-10. Piper Verlag, München.

Dies erwiderte trotzig der junge Ludwig, nachdem er - nur seiner Mutter zuliebe - wenige Tage nach der Zwischenzeugnisvergabe sehr widerstrebend mit hinüberkam zum Kaffeetisch bei den Vollbecks, wo intelligente und anregende Konversation zwischen ihm und der Nachbarstochter und Einserschülerin Gretchen seinen bislang nur sehr gering entwickelten schulischen Lerneifer nun endlich zum Erblühen hätte bringen sollen.

Treffsicher stellte der Schriftsteller Ludwig Thoma in seinen "Lausbubengeschichten" bei den beiden jungen Menschen mit so unterschiedlichen Überzeugungen die bestehenden problematischen Verhaltensweisen heraus, was den sehr erschwerten Bildungs- und Wissenserwerb zu Zeiten flächendeckender Schwarzer Pädagogik anbelangte:

  • Lateinschüler Ludwig versäumte keine Gelegenheit, sich dem autoritären Internats-Pauksystem zu verweigern und - wenn überhaupt - büffelte und ochste höchst widerstrebend in letzter Sekunde gerade nur mal das Allernötigste (Vena laus amoris, pax, drugs un goris; studium fuga, meus impedire; laudamus dominum sacrosanctum, residradantum; Caesar iuxta navigat; suum cuique), was selbstverständlich entsprechende Bewertungen und Kommentare in seinen Schulzeugnissen zeitigte, die seiner Mutter großen Kummer bereiteten.

  • Sein Konterpart Gretchen, eine glänzende und fast allseits hochgelobte Musterschülerin, war hingegen dem System bedingungslos ergeben und paukte, wohl ohne den tieferen Sinn der Themen zu begreifen, in vorauseilendem Gehorsam alles und noch mehr wie ein Automat perfekt auswendig, was auch immer ihr vorgelegt wurde; ihr Papageienwissen erweiterte sie obendrein durch Literatustudium im damaligen Orchideenfach Scheoloschie. Ihre Eltern waren - besonders im Beisein von Frau Thoma - voll des Lobes über ihre strebsame Tochter.

Beide Jugendliche begriffen - freilich aus sehr verschiedenen Gründen - in ihrer Schulzeit letztendlich nur wenig. Wie schade, wenn wegen eines für Kinder und Jugendliche ungeeigneten Pädagogikprogramms die jahrelangen Bemühungen fast nichts brachten.

AUSFÜHRUNG

Nach oben Ausgeführtem wird deutlich, worum es im Geopark Werdenfels gehen wird: nicht um ödes Pauken, Büffeln, Oxen und Auswendiglernen theoretischen, praxis- und lebensfernen erdgeschichtlichen Fachwissens, sondern - fachkundig angeleitet - um interessante, spielerische, kurzweilige und anregende Auseinandersetzung mit dem Wesen von Gestein und Landschaft: wie und warum sie entstanden, wie ihre Formen auf den Menschen wirken, wie wir sie nutzen, in welchem Maß wir sie nutzen dürfen und welche Erkenntnisse wir aus ihnen gewinnen können, wenn wir genauer hinsehen. Kurzum: es geht um das Verstehen und Begreifen der tieferen Bedeutung von Gestein und Landschaft für den Menschen. Das ist ein Anliegen, das nach meiner Meinung ein sehr ernstes und zugleich magisch-schönes Thema ist, das uns alle viel mehr angeht, als wir ahnen. Je länger ich mich damit befasse, desto weniger verstehe ich, warum diesem großartigen Thema nur so wenig Aufmerksamkeit und Beachtung in der Öffentlichkeit und den Medien geschenkt wird.

Für die Südbayern um 1877-1880, deren Lebensbilder Ludwig Thoma in seinen Werken skizzierte, war es damals nur ein geringes Risiko, wenn sie über geologische Sachverhalte nicht so genau Bescheid wussten: zwar waren beim damaligen Stand der Industrialisierung um 1880 Umwelt- und Naturschutz erst rudimentär entwickelt und die positive Korrelation zwischen geologischem Wissensstand und praktiziertem Naturschutz war noch gar nicht erkannt; aber die damalige Weltbevölkerung (ca. 1 Mrd.) betrug nur ein Siebtel der Weltbevölkerung im Jahr 2008; und ihr damaliger Rohstoffverbrauch war um ein Vielfaches geringer. So hatte der junge Ludwig sehr wahrscheinlich wieder einmal recht, als er vor 130 Jahren behauptete, es sei gar nicht notwendig, Geologie zu lernen.

Heutzutage jedoch ist es riskant, geologisches Wissen zu ignorieren, da wegen seines Verbrauchsverhaltens der Mensch inzwischen selbst zu einem Geofaktor geworden ist und - mit ungewissen Folgen - irdische Kreisläufe immer stärker beeinflusst. Die daraus resultierenden Bedenken und wachgerufenen Ängste äussern sich lebhaft in den Endlosdebatten über Ressourcensicherheit, Stabilisierung der Energie- und Rohstoffversorgung, Rohstoffpreisentwicklung, Altlasten- und Endlagerproblematik sowie Eindämmung des Klimawandels.

Verständlich aufbereitete, interessante und kurzweilige Wissensvermittlung steht und fällt mit ihrer Anschaulichkeit, die am Besten vor Objekten selbst herstellbar ist, wie z. B. in einem Museum. Mit dem Werdenfelser Land hat die Natur selbst ein solches hochwertiges Objekt geschaffen.

Der virtuelle Geopark Werdenfels wird verstanden als ein Beitrag zur
- Daseinsvorsorge;
- Sensibilisierung für den Natur-, Umwelt- und Ressourcenschutzgedanken;
- Umweltbildung und Weiterung des Umwelt- und Verantwortungsbewußtseins;
- Bewahrung der Schöpfung der Natur und Förderung eines nachhaltigen Naturverständnisses.

Hier soll der Sinn für ästhetische und/oder erdwissenschaftlich interessante Objekte in der Natur geweckt und gefördert werden: denn nur das, was man in seiner tieferen Bedeutung begriffen hat und schätzt, das schützt, hegt und pflegt man auch.

Ausserdem wird angeregt, über die Besonderheiten und Entstehungsmodelle erdwissenschaftlicher Naturdenkmäler hinaus zu denken: es geht um die aus den verschiedenen Werdegängen von Geotopen und Geotoplandschaften ableitbaren, menschliche Maßstäbe um viele Zehnerpotenzen übertreffende Zeitflüsse sowie geogene Massentransporte und Energieumsätze, die jeden Interessenten gedanklich überwältigen und in ehrfürchtiges Staunen versetzen, sofern er sich dem Vergleich zwischen menschlicher Begrenztheit (Physis, gestalterische Fähigkeit, Zeitwahrnehmung sowie Kürze des Daseins) und genannten Naturgrößen imaginär stellt und erkennt, wie exponiert und verletzbar seine Situation tatsächlich ist. Angesichts der vor allem im Hochgebirge frei gelegten, in Stein gegossenen Kräfte der Natur sowie Entwicklungsstadien der Umwelt und des Lebens wird der Betrachter seine Wertschätzung der Natur prüfen und ihr sehr wahrscheinlich einen höheren Stellenwert einräumen. Man kann es auch so sagen: der Interessent begibt sich hier auf einen weiten und verwinkelten Weg zu seinen Wurzeln und zu seinen eigenen, von der Natur gesetzten Grenzen; und so letztlich zu wesentlichen Komponenten seines Selbst. Sanfter Tourismus, Naturschutz und Umweltbildung werden so indirekt gefördert.

Vor allem soll auf ein vertieftes und fundiertes Wissen über die Kreisläufe in Natur und Umwelt hingewirkt werden. Insbesondere betrifft das die Kohlenstoff- und Wasserkreisläufe, in die der Mensch immer tiefer eingreift und die er deshalb besonders genau kennen muß: nach gesicherten Erkenntnissen des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change) und der UNO-Klimakonferenz 2017 und folgende wird sein derzeitiges Energie- und Rohstoffverbrauchsverhalten das Ökosystem Erde (z. B. Weltklima, Säuregehalt der Weltmeere, Höhe des Meeresspiegels, Eismassen an den Polen und in den Gebirgen) in einer Weise beeinflussen, woraus ihm selbst und vor allem den zukünftigen Generationen Nachteile erwachsen, wenn nicht rechtzeitig mit geeigneten Maßnahmen gegengesteuert wird.

Der virtuelle Geopark Werdenfels (erstmals im Netz am 13.11.2007) soll Vorläufer und ideeller Förderer seiner realen Entsprechung sein. Hier kann der Interessent sich vorab detailliert informieren, welche Objekte es gibt und hier wird er motiviert, sich auf Exkursion zu begeben. Ein weiterer Vorteil der elektronischen Version eines Geoparks ist, dass auch Interessenten sich informieren können, die nicht in der Lage sind, vor Ort zu kommen.

 

Kurzgefasste Landschaftsgeschichte und Geologie
Die geologische Entwicklung des Werdenfelser Landes wird im folgenden nach Daten des Bayerischen Geologischen Landesamtes (1996) kurzgefasst dargestellt: die Gesteine spiegeln den Großteil eines Wilson-Zyklus genannten natürlichen Kreislaufs wider, welcher das Werden und Vergehen eines Ozeans beschreibt, der vor 250-40 Millionen Jahren zwischen den Kontinenten Europa und Afrika bestand. Die Energie hierfür kam aus dem Erdmantel, wo aufsteigende heiße Magmen die im Superkontinent Pangäa vereinten Kontinentalplatten zunächst dehnten und später zerteilten (Rifting). Die Geschwindigkeitsbeträge, mit denen die Fragmente Afrika und Europa sich damals voneinander entfernten, betrugen nur wenige Zentimeter pro Jahr, hielten jedoch über viele Jahrmillionen an. Der tiefe Graben zwischen den Kontinentalrändern entwickelte sich schon bald zu einem warmen Flachmeer: die Alpine Tethys, deren Boden sich langsam aber stetig absenkte.
Dieser erdgeschichtliche Entwicklungsstand ist im südlichen und zentralen Werdenfelser Land gut überliefert: Große Teile des Wettersteingebirges und seiner Vorberge bestehen aus mehreren Gruppen von Gesteinen, deren Grundbestandteile sich vor 240-208 Millionen Jahren in einer solchen Umgebung ablagerten. Viele Tausend Schichten aus Schlamm, Schlick oder Sand setzten sich in dieser Zeit übereinander ab: seine Partikel unterschieden sich nach der Art ihrer Herkunft: Antransport durch Meeresströmungen (z. B. Mineralkörner), Fällung aus verdunstendem Meerwasser (z. B. Gips) oder Produktion durch Meereslebewesen (z. B. Schalenteile). Die Auflast bewirkte Verdichtung und Entwässerung der Schichten, wodurch sie sich allmählich in mehrere Arten von Festgesteinen umwandelten. Entsprechend ihren Bestandteilen bezeichnet man sie als Kalkstein, Sandstein, Dolomitstein, Rauhwacke, Ton- oder Mergelstein; alle zusammen erreichen sie eine Dicke von drei bis vier Kilometern. Eine sehr bekannte Gesteinsgruppe davon ist der graue bis hellgraue, über weite Partien gut geschichtete Wettersteinkalk, der u. a. aus dem Schutt zahlloser versteinerter Algen, Schwämme und Korallen besteht, der sich auf der Rückseite von Riffen und in Lagunen ansammelte. Eine weitere, im zentralen Teil des Werdenfelser Landes weit verbreitete Gesteinsgruppe ist der dunkelgraue, gut geschichtete, splittrig brechende, beim Anschlag nach Teer und Schwefel riechende Hauptdolomit. Das Gestein weist erhöhte Gehalte an feinverteiltem organischem Material auf und enthält örtlich dicke Asphaltschieferlagen, aus denen bis 1962 durch Schwelbrand Steinöl gewonnen wurde: Grundstoff für das pharmazeutische Produkt Ichthyol (Schwarz 2007).
Fortgesetzte Krustendehnung und Absenkung bewirkten im unteren Jura ein Zerbrechen der Karbonatplattform in Becken und Schwellen. Ab 165 Millionen Jahren begannen die Kontinente rascher zu divergieren (Drifting). Die Folge war, dass sich ein tiefes Meer (der Penninische Ozean) entwickelte, das vor 130 Millionen Jahren seine größte Breite von ca. 750 km erreichte. Diesen Vorgang nennt man Ozeanisierung,  womit gemeint ist, dass in dieser Phase unter dem entstandenen Tiefseebereich geschmolzenes Gestein aus dem Erdmantel Platz nahm und das Areal durch neu gebildete Kruste stabilisierte. Ü ber der ozeanischen Kruste kamen Schichten zum Absatz, die sich durch stark reduzierten Kalkgehalt auszeichnen, da dieser durch den hohen Druck der Meerwassers gelöst wurde.
Gesteine dieses erdgeschichtlichen Zeitabschnitts liegen im zentralen Teil des Werdenfelser Landes vor: eines der interessantesten Gesteine ist der rötlich-ockerfarbene Ettaler Marmor, der wegen seiner edlen Farbmuster als Zier- und Denkmalstein Verwendung fand. Charakteristisch ist v. a. der Radiolarit: braunrot, ziegelrot und selten grünlich gefärbte Kieselgesteinsschichten, die sich aus den Relikten von Myriaden winziger Meeresplankton-Skelette aufbauen. Kieselige Kalksteine sind über einen Zeitraum von 600 Jahren bis 1950 bei den Ortschaften Unterammergau und Ohlstadt abgebaut und zu Wetzsteinen verarbeitet worden.
Spätestens ab 120 Millionen Jahren begannen sich die Bewegungsrichtungen der Kontinente umzukehren (Konvergenz): Europa und Afrika drifteten aufeinander zu, indem die zwischen ihnen neu gebildete ozeanische Kruste in den Erdmantel unter Afrika hinab gezwängt wurde (Subduktion). über der Naht, an der sie abtauchte, entstand vorübergehend ein Tiefseegraben, der zwischen 110-50 Millionen Jahren bestand.
Diese erdgeschichtliche Phase ist am nördlichen Rand des zentralen Teils des Werdenfelser Landes gut dokumentiert: das dort befindliche Bergland besteht aus Flysch: das sind die Ablagerungen tausender versteinerter Schlamm-, Sand- und Geröll-Lawinen, die man in der Fachsprache Turbidite nennt: der das Material wurde bei Seebeben oder Stürmen an den Schelfrändern mobilisiert, glitt - mit Meerwasser turbulent vermengt - die Kontinentalhänge hinab und setzte sich im Tiefseegraben - dem Penninischen Trog - ab. Die zeitgleich auf dem Helvetischen Schelf entstandenen Ablagerungen - Quarzsandsteine, Mergel- und Kalksteine - bauen die Köchel im Murnau-Eschenloher Moos auf. In zwei Steinbrüchen ist dort über ca. 70 Jahre bis 1999 ein Naturstein, der "Glaukoquarzit", abgebaut worden.
Da die beiden Kontinente Europa und Afrika weiterhin aufeinander zu drifteten, geriet das dazwischen liegende Ozeanbecken mit den Ablagerungen auf seinem Grund zunehmend unter seitlichen Druck. Diesem wich das Material aus, indem es entweder mitsamt der ozeanischen Kruste in den Erdmantel hinab glitt oder sich längs der Naht in Form von Anwachskeilen - dem Gebirge - stapelte. Als schließlich vor 45 Millionen Jahren fast die gesamte ozeanische Kruste im Erdmantel versenkt und somit der Ozean geschlossen war, kollidierten beide Kontinente, indem der Afrikanische Kontinentalrand sich über den Südeuropäischen schob. Dabei wurden die teilweise schon gefalteten Meeresablagerungen aus ihrem Ablagerungsraum entwurzelt, nach Norden auf den Europäischen Kontinentalrand transportiert und teilweise vom Kontinentalrand Afrikas - der Deckenfront - überfahren. Wegen der erhöhten Auflast durch Krustenverdoppelung entstand im Vorland eine mobile Senkungszone, in der sich die Abtragungsprodukte des in Hebung befindlichen Gebirges ablagerten; sie rückte mit der Deckenfront nach Norden vor. Teile der bis zu 4 km dicken Erosionsprodukte, die sich vor 40-7 Millionen Jahren in fluviatilen, limnischen und flachmarinen Räumen dieser Senke abgelagerten, wurden von der Deckenfront überfahren und gefaltet.

Gesteinsgruppen, die diesen erdgeschichtlichen Entwicklungsstand - das Molasse-Stadium - widerspiegeln, sind im nördlichen Teil des Werdenfelser Landes vorhanden: es sind die über viele zehner Kilometer sich erstreckenden, gestaffelten Muldenzüge, die aus Konglomerat-, Sandstein- und Mergelsteinschichten mit untergeordnet Pechkohleflözen bestehen und z. B. den Murnau-Aidlinger Höhenzug aufbauen. Eine lokale Besonderheit ist umgelagertes helvetisches und penninisches Alttertiär im fluviatil abgelagerten Wörth-Konglomerat, dem jüngsten Bestandteil der Murnauer Mulde (Frank 1983: 38-39).

Mit beginnender Heraushebung des Gebirges im mittleren Tertiär setzte auch seine Abtragung ein: exogene Kräfte nagten an seiner Substanz und modellierten seine Oberflächenformen. Felswände, Türme, Dolinen, Höhlen, Schluchten, Klammen und Gebirgsseen begannen ihr heutiges Gepräge zu entwickeln. Am Kalkgestein wirkte vor allem die chemische Lösungskraft kohlensauren Regenwassers. Bedeutende Karstareale entstanden im Wettersteinkalk (oberes Anis - unteres Karn) auf dem Zugspitzplatt und im Plattenkalk (oberes Nor) des Estergebirges. Letzteres weist 16 z. T. kilometerlange Höhlensysteme auf. Besonderheiten sind unterirdische Wasserfälle und schmale Seen in den aktiven Höhlenpartien. 600 Höhenmeter oberhalb der Ortschaft Farchant münden in den Kuhfluchtwänden am Westrand des Estergebirges mehrere Karströhren, durch die im Frühjahr das durch Schneeschmelze entstandene Wasser herausschießt.

Intensive glaziale Überprägung der Oberflächenformen erfolgte in den sieben Kaltzeiten zwischen 2,3 Millionen und 15.000 Jahren, als die Gletscher z. T. über 100 km weit nach Norden ins Vorland vorstießen; Gletscherschliffe, Drumlinfelder, Findlinge, Trogtäler, Moränen, Seekreiden, Toteislöcher und Buckelwiesen sind hierfür typische Bildungen. Während des Höhepunktes der Würm-Eiszeit reichte im Wettersteingebirge die Oberfläche des Loisachgletschers bis auf 1900 m herauf; auf Höhe des Murnau-Eschenloher Mooses betrug die Dicke der Eisdecke 700 Meter. Untersuchungen  ergaben, dass unter den maximal 15 m mächtigen Torflagen des Mooses bis in eine Tiefe von 220 m Seekreiden, Seetone, Schieferkohlen, Sand- und   Geröllschichten folgen; erst dann steht Festgestein an. Daraus wird ersichtlich, wie intensiv die Eismassen das Loisachtal und das Murnauer Becken ausschürften bzw. übertieften und welche Dimensionen der inzwischen verlandete See darin hatte, als das Eis vor ca. 15.000 Jahren zurückzugehen begann und dieses Areal allmählich freigab. Der Erosionskraft des Eises widersetzen konnte sich nur sehr solides Gestein, aus dem ein Teil der ca. West-Ost streichenden Köchelreihe im Murnau-Eschenloher Moos besteht: sie wurde zu so genannten Rundhöckern abgeschliffen, die maximal 100 m über die derzeitige lokale Geländeoberfläche herausragen (Jerz 1993).

Ein Bergsturz mit 300-400 Millionen m³ Felsvolumen brach vor rund 3700 Jahren gegen Ende des Postglazialen Wärmeoptimums (4.500-3.600 a) aus der Nordwand der Zugspitze auf das glazial entstandene Eibseebecken nieder. Die Sturzmassen glitten auf plastischen Seetonen ca. 9 km talaus bis in das Gebiet, wo sich heute die Ortschaft Grainau befindet und bedeckten eine Fläche von ca. 15 km² (Jerz & von Poschinger 1995).

Zitierte Literatur:
Bayerischen Geologisches Landesamt (1996): Erläuterungen zur Geologischen Karte von Bayern 1.500.000; 4. neubearbeitete Auflage, 329 Seiten, München.
Frank, H. (1983): Molasse-Zone (Tertiär). In: Doben, K. & Frank, H.: Geologische Karte von Bayern 1:25.000. Erläuterungen zum Blatt Nr. 8333 Murnau. Bayerisches Geologisches Landesamt, München.
Jerz, H. (1993): Geologie von Bayern III: Das Eiszeitalter in Bayern. 243 Seiten, Schweizerbart, Stuttgart.

Jerz, H. & von Poschinger, A. (1995): Neuere Ergebnisse zum Bergsturz Eibsee-Grainau.- Beologica Bavarica 99: 383-398, München.
Schwarz, P. (2007): Der Ölschiefer-Bergbau an der oberen Isar bei Wallgau und Krün. Vom Schwelherd zur Steinölfabrik.- Lech-Isar-Land 2007, Seiten 201-252; hrsg. vom Heimatverband Lech-Isar-Land e. V.; Weilheim i. Obb..

 
Stein: Symbolik und Magie
Gewöhnlicher Stein ist ein Festkörper, der sich aus dicht gepackten Mineral- und/oder Steinkörnern bzw. deren Fragmenten zusammensetzt. In der Regel übertrifft die Härte und das spezifische Gewicht von Stein bei weitem entsprechende Eigenschaften von organischen Materialien wie Holz, Kohle, Bernstein, Knochen, Horn oder Zahnschmelz. Stein wird somit von vielen Lebewesen meist als scheinbar fremdes, weil sehr hartes, kaltes, schweres und dichtes Material wahrgenommen. Daher auch die Redensart "jemandem Steine geben statt Brot". Schon in der Steinzeit nutzte ihn der Mensch, indem er in seinen Höhlen Schutz suchte und aus qualitativ geeigneten Steinsorten Werkzeuge und Waffen zu entwickeln begann. Steingeld aus Achat, Aragonit, Karneol u. a. diente als vormünzliches Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel. Feuerstein wurde damals ein wichtiges Handelsobjekt. Mit steigenden Bedürfnissen, Ansprüchen und Begehrlichkeiten begann man später, zwischen Steinschichten Kohle, Erz und Salz zu bergen und aus bitumenhaltigen Gesteinsbrocken durch Schwelbrand Steinöl zu gewinnen. Der Übergang von der Holz- in die Steinbauweise in den Städten und Dörfern des mittelalterlichen Europas bedeutete weit verbesserte Sicherheit und Brandschutz. Später brauchte und nutzte der Mensch Stein immer mehr: im Jahr 2002 entnahm er der Erde ca. 91 Milliarden Tonnen Gestein. Alle metallischen und viele nichtmetallischen Rohstoffe - so auch das Grundwasser - sind in Stein eingelagert oder gespeichert. Energierohstoffe wie Erdöl, Erdgas, Steinkohle, Braunkohle, Uran, Erdwärme etc. entstammen dem Gestein. Boden, die Basis pflanzlichen Wachstums und allen höheren Lebens auf dem Land, entsteht aus verwitterndem Stein. Also ist Leben auf dem Land ohne die für den Menschen notwendigen und nützlichen Derivate aus Stein nicht möglich. Dasselbe gilt auch für das Leben in den Seen und den Meeren, da die dortigen Nahrungsketten dauerhaft nur dann bestehen können, wenn vom Land genügend geeignete Nährstoffe eingetragen werden. Wegen der hohen Bedeutsamkeit von Stein für den Menschen ist es verständlich, dass er im Sprachgebrauch meist positive Faktoren wie z. B. Stabilität und Beständigkeit repräsentiert. Auf einem großen Stein sitzend denkt der Dichter Walther von der Vogelweide (*1170 †1230) tief und lange darüber nach, wie der Mensch auf Erden zu leben habe ("Ich saz ûf eime steine"). Die Adjektiv-Vorsilbe "stein-" wirkt in der Bedeutung emotional verstärkend. Die wichtigsten Begriffe, die Assoziationen zu stofflichen Eigenschaften von Stein wecken, sind

- Solidität, Beständigkeit, Belastbarkeit, Selbstbehauptung, Erhabenheit und Unbeeinflussbarkeit.
Diese Begriffsgruppe impliziert große Widerstandskraft und Härte, die Eigenschaften der meisten Steine sind. So spricht man von einer "felsenfesten Überzeugung", dem "Fels in der Brandung" und dem "Stein des Anstoßes". Die Redensarten "Zum Steinerweichen" und "es friert Stein und Bein" sowie die ersten zwei Zeilen des Volksliedes "Marmorstein und Eisen bricht, aber..." drücken diese Eigenschaft auf indirekte Art aus. Das Sprichwort "steter Tropfen höhlt den Stein" besagt, dass qualitativ sehr festes und hochwertiges Material erst nach häufig wiederholten und über lange Zeit ausgeführten Belastungsereignissen Substanzverluste aufweist. "Steinerne Ruhe" bedeutet Unerschütterlichkeit; wer "Stein und Bein schwört" und "wer den ersten Stein auf jemanden wirft", der ist sich seiner Sache sehr sicher. Wer "wie ein Stein schläft" , bleibt unter noch so widrigen Umständen ruhig und entspannt. Härte im Übermaß hingegen tendiert zur negativ besetzten Eigenschaft des Starrsinns.

- Territorialität, konkrete Präsenz, Fixiertheit und Erstarrtheit
setzen räumliche Begrenztheit und Immobilität voraus. Das ist, solange keine geologischen Prozesse auf Stein einwirken, eine Eigenschaft aller Steine und Folge ihres festen Aggregatszustandes an der Erdoberfläche. Er bedingt ihre scharfen, unveränderlichen räumlichen Begrenzungen und die nicht verschiebbaren Positionen seiner Komponenten. Die Redewendungen "ein Wille versetzt Berge" und "keinen Stein auf dem anderen lassen" drücken diese Eigenschaften indirekt aus. Der Mensch zeigt Territorialität u. a. in Form von Steinmauern, Grenzsteinen und Marksteinen. Wegzeichen werden oft aus Häufen massiver Steine ("Steinmandln" ) gefertigt. Materialisierte Territorialität sieht man am deutlichsten in der 6250 km Länge messenden Chinesischen Mauer, dem größten Bauwerk der Welt.

- Stoff-Fülle, Ergiebigkeit, Schwere, Massivität, Macht, Reichtum und Wohlstand
sind Begriffe und Eigenschaften, die sich in Zusammenhang mit der hohen Dichte von Stein und seiner effektiven Wärmespeicherkapazität ("Der Tropfen auf den heißen Stein") bringen lassen. Seine Schwere und Massivität drücken u. a. die Sprichworte "ein Stein fällt vom Herzen" , "das liegt wie ein Stein im Magen" und "Steine aus/in dem/den Weg räumen/legen" aus. Viele Menschen möchten steinreich und mächtig sein. Die meisten Herrscher, Reichen Adeligen und die derzeitigen Repräsentanten und Lobbyisten finanzwirtschaftlich-industrieller Komplexe residieren nach wie vor distinguiert in massiven und bewehrten Steinbauten wie Palästen, Schlössern, Burgen, großen Villen sowie Repräsentations-, Monumental- und Prunkbauten; sie dokumentieren mit diesen "palazzi prozzi" ihren politischen Machtanspruch und/oder die Qualitäten ihrer gesellschaftlichen und/oder wirtschaftlichen Positionen. Kaiser- und Königsthrone wurden auch aus edlem Stein gefertigt und vergoldet. Kathedralen, Dome, Synagogen, Moscheen und Tempelanlagen: alle zählen sie zu den größten Steinbauten der Welt, verkörpern religiöse Macht und machen sie allein wegen ihrer Größe und Höhe weithin sichtbar. Ein positiver Aspekt dieses Gebahrens ist, dass auf diese Art viele Baustile, Kunstrichtungen, Ideale und Denkweisen vergangener kultureller Epochen in Stein fixiert wurden und bis heute überdauert haben.

- Trägheit:
eine für alle Materie geltende mechanische Eigenschaft, bedeutet im übertragenen Sinn eine negative Charaktereigenschaft, am besten umschrieben durch Hartherzigkeit, Gefühlskälte, Gewissens- und Mitleidlosigkeit. "Ein Herz aus Stein" trifft diese Gemütsart recht genau. Im Phänomen der Trägheit gründet auch die Redewendung "einen Stein ins Rollen bringen". Seit den siebziger Jahren des 20. Jhds. wird von neuzeitlichen Barden der aufrührerische "rolling stone" begeistert besungen.

- Unvergänglichkeit, Ewigkeit und Unendlichkeit (Thema Stein und Zeit).
Diese Begriffe sind verknüpft mit dem Wissen um den bis auf wenige Ausnahmen nie "erlebbaren", weil für menschliche Wahrnehmung scheinbar unendlich lange dauernden Entstehungsprozess von Stein. Sein absolutes Alter kann bis zu sieben Zehnerpotenzen höher sein als die durchschnittliche Lebenserwartung (ca. 76 Jahre) eines Europäers im Jahr 2008. Fast jeder Mensch möchte - gute Gesundheit und Lebensqualität vorausgesetzt - im übertragenen Sinn steinalt werden; mehr noch wünscht man sich ewiges Gedenken. Wegen der genannten Eigenschaften ist seit jeher Stein als Grundstoff für die Fertigung von Denkmälern und Stelen sowie sakralen Objekten wie Taufbecken, Altären, Grabsteinen, Grüften, Sarkophagen und Mausoleen prädestiniert gewesen. Die altägyptischen Pharaonengräber - riesige, von Arbeitern und Kriegsgefangenen aufgeschichtete Steinpyramiden samt Totentempeln und Kultkammern - sind wohl architektonischer Höhepunkt dieses gleichermaßen rücksichtslosen wie vergeblichen Strebens nach unvergänglicher Größe und Bedeutung. Eherne Grundsätze und Information, die man für besonders wertvoll hielt, wurden sorgfältigst in Steinflächen geritzt oder in Steintafeln gemeißelt. Auch Bildhauer und künstlerisch veranlagte Architekten konnten mit dem Werksgut Naturstein die Produkte ihres gestalterischen Eifers auf lange Zeit konservieren. Stellvertretend für viele Millionen Objekte seien genannt: das Marmorstandbild "David" (1501-1504) von Michelangelo Buonarroti, die Marmorplastik "Apoll und Daphne" (1622-1625) von Lorenzo Bernini, die Onyx-Plastiken "Schwatzende Frauen" (1897) und "Die Woge" (1900) von Camille Claudel; sowie die im griechisch-antiken Baustil gestaltete München Glyptothek (1815-1830) von Leo von Klenze. Die Kunst am Bau besteht oft aus Natursteinobjekten, wie z. B. das symbolträchtige Steinbuch (2008) neben einem Neubau der Bayerischen Staatsbibliothek in München: hier sind die Archivfunktion von Stein und Buch auf geniale Art vereint. Aus natürlichem Stein waren die Malflächen, auf denen talentierte Höhlenmenschen ihre Kunstwerke schufen. Seit der Jungsteinzeit werden Abbilder großer Persönlichkeiten und Gottheiten in Stein modelliert; ebenso werden aussergewöhnliche politisch-gesellschaftliche Ereignisse oft in Stein dargestellt. Historische Beispiele hierzu findet man : - in den Nekropolen in den Tälern der Königinnen und Könige in Ägypten; - in der Münchner Glyptothek, in die Ludwig I die Aegineten bringen ließ: figürliche Darstellungen des Trojanischen Krieges, die sich im Aphaiatempel auf der Insel Aegina befanden. - am Mount Rushmore National Memorial in South Dakota (USA): es sind die zwischen 1927 und 1941 geschaffenen, 20m hohen, in Granit gemeißelten Porträtköpfe der amerikanischen Präsidenten G. Washington, T. Jefferson, A. Lincoln und T. Roosevelt. Beispiele aus jüngster Vergangenheit und der Gegenwart sind: - die Walhalla bei Regensburg an der Donau und die Ruhmeshalle auf Münchens Theresienwiese, in denen sich Marmorbüsten hochverdienter Persönlichkeiten des Landes befinden. Das mit 2711, an Sarkophage erinnernde Beton-Stelen ausgestattete Berliner Holocaust-Mahnmal (2003-2005) wurde vom Architekten Peter Eisenmann geschaffen.

- Unerreichbarkeit, Unabänderlichkeit und Unüberwindbarkeit:
Diese Begriffe erinnern zunächst an Sisyphos vergebliche Mühe, den schweren Stein auf den Berggipfel zu rollen und an den Stein der Weisen (lapis philosophorum), den die Alchimisten im Mittelalter zu finden versuchten. Auch der "Turm zu Babel" - ein Steinbau, der bis zu den Göttern im Himmel reichen sollte - konnte nie vollendet werden. Die Redensarten "zur Salzsäule / zu Stein erstarren" sowie "ein steinerner Gesichtsausdruck" bedeuten Gebanntheit durch ein überwältigendes Ereignis oder tiefe Erschrockenheit (Schockstarre) und Paralysiertheit vor bzw. wegen eines unmittelbar bevorstehenden, unabänderlichen, schweren Schicksals. Oben genannte Begriffe erinnern aber auch direkt an Stein, da viele Menschen im übertragenen Sinn gerne über Eigenschaften des Steins wie hohe Stabilität, innere Festigkeit, Beständigkeit und Belastbarkeit verfügen möchten, sie aber nie erreichen können. Ausserdem haben viele Menschen ein großes Bedürfnis, vor Angreifern wirkungsvoll geschützt zu sein durch eine uneinnehmbare, weil hohe, sehr steile und grifflose Mauer aus massivem Stein. Stein in seiner gedachten Funktion als letzte und unüberwindbare äussere Grenze des Reiches des Lebendigen hat der Schweizer Arnold Böcklin in seinem surrealistisch-mystischen Werk "Toteninsel" (dritte Version, 1883) in Anlehnung an die Jenseitsvorstellung in der antiken Mythologie dargestellt: sie besteht aus einer ringförmig angeordneten, aus dem Meer ragenden Gruppe steiler, dicht gedrängt stehender Felspfeiler, die Trauerzypressen in einer kleinen Bucht umschließen, auf die ein vom Fährmann Charon gesteuerter Nachen samt Sarg und überlebensgroßem Tod zuhält. Die ursprüngliche Version in der altgriechischen Sagenwelt ist wie folgt: für Lebende schwer zugängliche, sehr tiefe und weitverzweigte Höhlen im Gestein, die als das finstere Reich des Gottes der Unterwelt - Pluto oder Hades genannt - galten, das vom dreiköpfigen Höllenhund Zerberus bewacht wurde, damit niemand fliehen konnte. Aus dem dichtesten derzeit bekannten "Stein" bestehen die sich direkter Beobachtung entziehenden "Schwarzen Löcher" in den Zentren vieler Galaxien des Alls: Relikte roter Sternriesen, die über das Supernova-Stadium zu ultradichten Atomkerngemengen kollabierten. Deren Gravitationsfelder sind so intensiv, dass auch Lichtquanten - ausser der Hawking-Strahlung - nicht mehr dagegen anlaufen können. So könnte man die Ergebnisse der kosmologischen Gleichungen Einsteins und seiner Nachfolger auch als Indizien für das Vorhandensein eines extraterrestrischen Hades interpretieren.

Die Summe aller vorgenannten Eigenschaften von Stein und die Tatsache, dass spezielle Arten dieses Materials mit feurigen Spuren aus dem All geschossen kommen (z. B. die Leoniden und Perseiden), rückten diesen im Volksglauben ins Übernatürliche. So wurde Stein in vielen Kulturen zum Symbol göttlicher Macht. Helden und Götter wurden in den Sagen oft als Felsen geboren, wie z. B. Mithras, der Lichtgott. Einer altgriechischen Sage folgend entstand nach der Sintflut das neue Menschengeschlecht aus Steinen, den "Gebeinen der Mutter Erde". Ein Felsblock im Tempel Jerusalems gilt in der jüdischen Religion als Ort der Weltschöpfung - Nabel der Welt; ebenso der Meteoritenblock (Schwarzer Stein: Hadjar al-Aswad) in der Kaaba in Mekka, dem Hauptheiligtum des Islam, sowie Omphalos, der heilige Nabelstein von Delphi. Die Megalith-Großsteinbauten Europas - magisch wirkende Sakralbauten aus großen Steinblöcken - entstanden nach ca. 6000 v. Chr.; bekanntes Beispiel ist Stonehenge (1800 v. Chr.) in Südengland. Auf besonders hohen Bergen oder solchen mit ungewöhnlicher Form vermuteten die Anrainer den Sitz ihrer Götter. Beispiele solcher Berge sind Mount Everest in Nepal, Kailash in Tibet, Ayers Rock in Australien, Aconcagua in Argentinien, Kilimandscharo in Kenja, der Olymp in Griechenland und ein landauf-landab bekannter Drumlin (mons sanctum / mons coagulatum) (711,0m üNN) in Oberbayern, der sich zwischen Herrsching am Ammersee und Machtlfing befindet. Am Fuß dieser "heiligen Berge" werden von Einheimischen Höhenrituale dargebracht. In manchen Kulturen schrieb man Steinen ausserdem magische Kräfte zu, da diese imstande seien, vitalisierende sowie heilende Erdkräfte zu speichern und diese bei Kontakt an den Menschen weiterzuleiten. Dieser Aberglaube und Okkultismus haben sich in ähnlichen und abgewandelten Varianten bis heute gehalten bzw. weiterentwickelt und sind u. a. als Heilstein- und Pendeltherapie sowie Wahrsagen mit der Kristallkugel bekannt.
Zur weiteren Bedeutung und Symbolik von Stein siehe Biedermann (2000: 138-139, 418-421).

Die problematischen Seiten des Phänomens Stein sind seit Menschengedenken bekannt: es sind Naturkatastrophen, welche die Siedlungs- und Erschließungstätigkeit des Menschen beeinträchtigen: Steinschlag, Murgang, Erdrutsch, Fels- und Bergsturz sowie Erdbeben und Vulkanismus sind solche Ereignisse. Bei ersteren wird meist schlagartig potentielle Energie frei: labil lagernde oder aufgestaute Steinmassen in Erdoberflächennähe werden durch Schwerkraftwirkung in stabilere Lage gebracht; Beispiel eines solchen Massentransports mit katastrophaler Folge ist ein Ereignis in den Peruanischen Anden am 31.05.1970, durch das die Städte Yungay und Matacoto am Fuße des 6654m hohen Nevado Huascarán Pico Norte unter einer durchschnittlich 10 Meter hohen Lawine aus Schlamm, Eis, Geröll und Blöcken begraben wurden, was rund 16000 Einwohnern das Leben kostete (Erismann & Abele 2001: 80-101). Bei den beiden letzteren Naturphänomenen - Erdbeben und Vulkanismus, die oftmals gemeinsam in Erscheinung treten - wird aufgestaute elastische Energie im Erdinneren verbraucht, indem Gestein an Bruchlinien zerreißt. An diesen Verwerfungen kann aus der Tiefe spezifisch leichtere Gesteinsschmelze zur Erdoberfläche aufsteigen, um dort als Lava zu erkalten. Dem am 26.12.2004 um 8.15 Uhr erfolgten Seebeben der Stärke 9,1 im Indischen Ozean fielen ca. 300 000 Personen zum Opfer. Alle hier genannten Naturkatastrophen sind in der Regel lokal begrenzt. Störungen ökologischer Systeme auf globaler Ebene, wie z. B. durch die Emission riesige Mengen von Treibhausgasen, freigesetzt bei der Bildung sehr großer vulkanischer Provinzen, konnten in der Erdgeschichte bis dato nur selten nachgewiesen werden. Ein Beispiel ist die Bildung der Ontong-Java- und Kerguelen-Vulkanprovinzen vor ca. 120 Millionen Jahren, deren Kohlendioxid-Freisetzungen das Weltklima nachhaltig beeinflussten, sodass es zu einem weitverbreiteten Absterben tropischer Riffe kam.
Die immer wieder ins irdische Schwerkraftfeld geratenden größeren Meteorite oder Asteroide, meist durch Gravitationswellen ausgelenkt aus dem Kuiper-Gürtel am Rande des Sonnensystems, entfalten nach Kollision oftmals weitaus größere zerstörerische Wirkung als die vorab genannten Katastrophen. Große Impaktereignisse, wie z. B. das an der Kreide-Tertiär-Grenze, wirkten global und verursachen einerseits Massenextinktionen; andererseits aber ermöglichten sie die Entwicklung neuer Arten in nicht mehr besetzten Ökonischen.

Beide Aspekte - positive wie negative - von Stein für die Lebewelt haben sich über Jahrmillionen im Kollektivgedächtnis der Menschheit festgesetzt, wodurch diesem besonderen Material in einigen Fällen adäquate Ehrfurcht und Respekt entgegengebracht wird; wie z. B. in vielen Landschaftsbildern des Romantikers Caspar David Friedrich (*05.09.1774 Greifswald †07.05.1840 Dresden), in denen er die Verlorenheit und Vergänglichkeit des Menschen in riesiger, magisch schöner Naturlandschaft meisterhaft ausbreitet.

In der subjektiven Wahrnehmung der meisten Menschen ist Stein ein Gegenpol ihrer selbst: nämlich unvergänglich. In Wirklichkeit aber markiert der spröde und kalte, permeable Stein an der Erdoberfläche nur einen sehr kurzen, vorübergehenden Zustand im viele hundert Millionen Jahre dauernden irdischen Gesteinskreislauf. Geodynamische Kräfte, Fluid-Gestein-Interaktionen und Druck-Temperatur-Änderungen bringen die über geologische Zeiten immer weiter fortschreitende Modifizierung und Differenzierung von Gestein voran, solange im Erdinneren die Temperaturgradienten ausreichen, den Kreislauf in Gang zu halten.

Literatur:
Biedermann, H. (2000): Knaurs Lexikon der Symbole. Droemer Knaur Verlag, München.
Erismann, T. H. & Abele, G. (2001): Dynamics of rockslides and rockfalls. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York.
Geer, K. et al. (1994): Meisterwerke der Kunst. Neckar-Verlag, Villingen. Seite 14. Hrsg. zur Förderung des Kunstunterrichts von dem Landesinstitut für Erziehung und Unterricht Stuttgart mit Unterstützung des Ministeriums für Kultus und Sport. Folge 42/1994.
Krause, B. (1992): Camille Claudel. Ein Leben in Stein. Herder Verlag, Freiburg, Basel, Wien.
Löwe, G. & Stoll, H. A. (1997): Lexikon der Antike. VMA-Verlag Wiesbaden.
Nerdinger, W. (2000) (Hrsg.): Leo von Klenze - Architekt zwischen Kunst und Hof 1784-1864. Prestel Verlag, München.
Schmoll gen. Eisenwerth, J. A. (2000): Auguste Rodin und Camille Claudel. Prestel Verlag, München
Zwahr, A. (2000): Der Brockhaus in fünf Bänden. Neunte, neu bearbeitete Auflage. Leipzig-Mannheim.

Wörterbuch:
Dudenredaktion (2003): Duden - Deutsches Universalwörterbuch. 5. überarbeitete Auflage. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich.

 
Definition von Geotopen und Geotoplandschaften
Geotope sind erdgeschichtliche Bildungen der unbelebten Natur, die Kenntnisse über die Entwicklung der Erde und des Lebens vermitteln. Sie umfassen Felsen, Böden, Mineralien und Fossilien sowie einzelne Naturschöpfungen und natürliche Landschaftsteile. Der Geotop ist räumlicher Representant des Geosystems und ist Lebensgrundlage für Biozönosen. Geotoplandschaften sind Regionen, in denen sich Geotope häufen. Schutzwürdig sind diejenigen Geotope, die sich durch ihre besondere erdgeschichtliche Bedeutung, Seltenheit, Eigenart oder Schönheit auszeichnen. Für Wissenschaft, Forschung und Lehre sowie für Natur- und Heimatkunde sind sie Dokumente von besonderem Wert. Sie können insbesondere dann, wenn sie gefährdet sind und vergleichbare Geotope nicht zur Verfügung stehen, eines rechtlichen Schutzes bedürfen.

Literatur:
Look, E.-R. (1997): Voraussetzungen für die Umsetzung des IGUS/UNESCO Joint Projektes: GEOSITES in Deutschland. In: Look, E.-R. (Hrsg.): Geotopschutz und seine rechtlichen Grundlagen. Schriftenreihe der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Heft 5:23-28, Clausthal-Zellerfeld.
Lagally, U., Kube, W., Frank, H. (1994): Geowissenschaftlich schutzwürdige Objekte in Oberbayern. Ergebnisse einer Erstaufnahme. Bayerisches Geologisches Landesamt (Hrsg.), München.
Lexikon der Geowissenschaften, Band 2, Seite 300. Spektrum Akademischer Verlag, 2000, Heidelberg.

 
Zur öffentlichen Wahrnehmung der tieferen Bedeutung von Landschaften
Spektakuläre Rohstoff-, Mineralien- und Fossilfunde und aktuelle geologische Großereignisse wie Erd-, Seebeben, Bergstürze, Vulkanausbrüche und Meteoriteneinschläge sorgten immer schon für Schlagzeilen, vergleichbar der medialen Wirksamkeit großer Erfolgsmeldungen in den Lebenswissenschaften oder der Technik. Berichte über die Entstehung und Bedeutung von Landschaften mit interessanten Ablagerungen und/oder schönen Felsformen hingegen scheinen auf den ersten Blick zu weit entfernt vom Pulsschlag des Lebens, so dass sie, wie z. B. die Beiträge von Hüttl (2008) und Bojanowski et al. (2008), in Zeitschrifteninhaltsverzeichnissen eher nachgeordnet zu finden sind: denn die geologischen Dimensionen von Zeit, Energie und bewegten Gesteinsmassen gehen hierbei - wie in der Einleitung angedeutet - in den Grenzbereich des für den Menschen Begreifbaren und Wahrnehmbaren; und die aus den Ablagerungen ableitbaren Auswirkungen dieser Jahrmillionen zurückliegenden Vorgänge auf das aktuelle Leben sind nicht direkt, sondern sehr komplex und differenziert und somit erschwert vermittelbar.

Gesteine und Formen vieler Landschaften können die Signaturen vergangener klimatischer Einflüsse beinhalten: sowohl was die ursprüngliche Zusammensetzung der Schichten bei ihrer Ablagerung als auch die Überprägung der Schichten und Flächen dieser Felsmassen betrifft, nachdem sie exhumiert und als Landschaft dem exogenen Kreislauf ausgesetzt worden sind. Die klimatischen Einflüsse auf Landschaften können sehr verschieden gewesen sein, weil sich das Klima im System Erde nichtlinear verhält und es von sehr vielen Faktoren beeinflusst wird: neben zufälligen Ereignissen wie z. B. Impakten und aussergewöhnlichen Entwicklungen wie z. B. Erdmantel-Plume-Vulkanismus sind es astronomische Zyklen und die über geologische Zeiten laufenden Wechselwirkungen zwischen Kreisläufen und Stoff-Flüssen in der Biogeosphäre, welche die Weltklimageschichte in der geologischen Vergangenheit und damit die Lebensbedingungen auf der Erde beeinflusst und gesteuert haben. Mit modernen geowissenschaftlichen Methoden (Sedimentologie, Paläontologie, Geochemie und Isotopengeochemie) lassen sich in den Schichten und ihren Fossilinhalten nicht nur Hinweise auf Ablagerungsmechanismen und -räume, sondern manchmal auch Klimaindikatoren finden, aus denen zumindest teilweise auf die damaligen Lebensbedingungen geschlossen und ihre von Radiationen und Extinktionen begleiteten Änderungen rekonstruiert werden können. Wie z. B. die in der Aptzeit durch Klimaerwärmung und Meerwasserübersäuerung erzeugten weitverbreiteten biotischen Krisen, die u. a. das Wachstum tropischer Riffe und Karbonatplattformen (Schlager & Philip 1990) sowie die Biokalzifizierung marinen Planktons beeinträchtigten; Ursache war die Emission großer Mengen vulkanischer Gase in den submarinen Kerguelen und Ontong-Java large igneous provinces (Larson & Erba 1999), die ein Treibhausklima erzeugten.

Wegen der weitreichenden Gültigkeit des Aktualismus für die nicht allzu ferne geologische Vergangenheit kann der Mensch viel vom Wissen über Zusammenhänge betreffend vergangene Klimaentwicklungen auf seine derzeitige Situation übertragen und so seine Klimamodellierungen und -prognosen verbessern. Die öffentliche Verbreitung von möglichst genauen Kenntnissen über die Gründe von Weltklimaschwankungen in der geologischen Vergangenheit (genetische und historische Paläoklimatologie) und über Auswirkungen auf die bzw. Wechselwirkungen mit der damaligen Lebewelt (Paläontologie, Palökologie und historische Geologie) gewinnt an Bedeutung, weil der Mensch inzwischen selbst zu einem Geofaktor geworden ist, durch sein Verbrauchsverhalten seine eigenen Lebensbedingungen und die zukünftiger Generationen beeinflusst und dabei leider Risiken erzeugt, weil Ausmaß und Folgen des Weltklimawandels noch nicht genau vorhersagbar sind: wegen der in kürzester Zeit erfolgten starken Zunahme der Weltbevölkerung - von 1 Milliarde im Jahr 1830 auf knapp 7,2 Milliarden im Dezember 2013 (http://www.weltbevoelkerung.de/) - und ihrer Bedürfnisse und Ansprüche fördert er in steigenden Mengen Rohstoffe aus dem Untergrund und betreibt immer intensiver und umfangreicher Landnutzung:

- Die jährlich umgesetzte Stoffmenge liegt derzeit bei ca. 91 Milliarden Tonnen (entspr. der Masse eines Granitwürfels von 3271 m Kantenlänge), was der Stoffmenge äquivalent ist, die jährlich durch die natürlichen Kräfte Wind, Wasser und Gravitation an der Erdoberfläche transportiert wird (Hollerbach & Wellmer 2002). Jeder Bürger der BRD verbraucht während seines Lebens durchschnittlich 1000 Tonnen mineralische Rohstoffe (Mitteilung von V. Steinbach, B. Cramer & J. Vasters [Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe] vom 07.03.2008: http://www.scinexx.de/inc/artikel_drucken.php?id=7916&a_flag=1).

- 2007 wurden global rund 147.000 Liter Erdöl pro Sekunde verbraucht (Wagner 2007) (Vergleich: der Fluß Loisach bei Murnau liefert im Durchschnitt ca. 35 Kubikmeter Wasser pro Sekunde: der Fluß Isar bei München ca. 200m³/sec.). Der Weltenergiekonsum im Jahr 2007 entsprach 11,5 Milliarden Tonnen Erdöleinheiten http://www.erdoel.ch/, entsprechend 443 Exajoule (http://www.bmu.de/reden/bundesumweltminister_sigmar_gabriel/doc/39094.php). Nach der Studie Energierohstoffe 2009 der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ist längerfristig eine ausreichende Deckung des aktuellen Energiebedarfs mit konventionellem Erdöl nicht zu erwarten.

- Seit Beginn der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 18. Jhds. sind rund 490 Gigatonnen fossiler Kohlenstoff in die Atmosphäre eingebracht worden, wodurch der gemittelte Anteil des Treibhausgases Kohlendioxid in der Troposphäre von 290 ppm im Jahr 1850 auf ca. 385 ppm im Jahr 2007 stieg (D. Kasang in http://www.hamburger-bildungsserver.de/); die Zunahme der global gemittelten bodennahen Lufttemperatur zwischen 1906 und 2005 betrug +0,74°C (http://data.giss.nasa.gov/gistemp/2005).

Die vorwiegend anthropogenen Ursachen des aktuellen Weltklimawandels sind belegt durch den seit 1800 erfolgten beispiellosen CO2-Anstieg, den viel höheren CO2-Anstieg auf der Nordhalbkugel gegenüber dem auf der Südhalbkugel, den linearen Zusammenhang zwischen CO2-Zunahme und Verbrauch fossilen Kohlenstoffs sowie durch eine Verschiebung der atmosphärischen Kohlenstoffisotopenverhältnisse, da fossiler Kohlenstoff kein 14C enthält (Canadell et al. 2007). Die für die Lebewelt impliziten Gefahren und Risiken wie Meeresspiegelanstieg, Meerwasserübersäuerung, Dürren, Desertifikation, Hitzewellen etc. sind bekannt; die Arten und Umfänge der Maßnahmen zur Eindämmung dieser Entwicklung werden derzeit vielerorts diskutiert (z. B. IPCC, UNO-Klimarat).

Zusammenfassend kann das derzeitige Verbrauchsverhalten des Menschen als massiver und riskanter Eingriff v. a. in die Kohlenstoff- und Wasserkreisläufe bezeichnet werden. Er würde viel vorsichtiger agieren und die Ressourcen wesentlich sparsamer fördern und effizienter einsetzen, wenn er mehr über die Gründe von Klimaschwankungen in der Vergangenheit und ihre Folgen für die damalige Lebe- und Umwelt wüsste. In den Schichten und Formen, die eine Landschaft aufbauen, kann solche Information gespeichert sein, wie folgende Ausführung (Engelbrecht 2010) zeigt:

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Geotope als versteinerte Wahrheit über Umweltentwicklung in der Erdgeschichte: Fakten und Indizien aus der Geotoplandschaft Werdenfels (Landkreis Garmisch-Partenkirchen, S-Bayern, Deutschland) betreffend Wachstum und Kollaps seiner beiden mesozoischen Karbonatplattformen

Sedimentgestein ist Produkt und Dokument vergangener Umwelt- und Klimaentwicklungen, gesteuert von geogenen und extraterrestrischen Einflüssen. Details dieser Vorgänge können aus den im Sediment gespeicherten spezifischen Informationen abgeleitet werden. Besonders geeignet sind gesteinsbildende Relikte umweltindikativer Organismen, z. B. Riffbauten. Die abgeleiteten Fakten können in die aktuellen umwelt- und klimapolitischen Debatte eingebracht werden. Im folgenden werden Aufbau- und Zusammenbruchsphasen zweier Karbonatplattformen dargelegt und lokale und/oder globale mögliche Ursachen dieser Entwicklungen genannt:

I) Karbonatplattform des nordalpinen Mesozoikums:

1) Initiales Riffwachstum: 200m Steinalm Formation (Fm.) (O-Anis: 241-237Ma).

2) Reiflinger Wende (237Ma): Überflutung: Überlagerung und seitlicher Ersatz durch z. T. kieselige Bank- und Knollenkalksteine (Reifling Fm.): 237-230Ma.

3) Riffwachstum: 1500m Wettersteinkalk Fm. (Ladin-U-Karn: 236-226Ma).

4) Kurzzeitige Zäsur im obersten Wettersteinkalk: Einschaltung dünner Sapropelit-, Mergel- und sedimentäer Fluoritlagen (Schwermetallanomalien).

5) Reingrabener Wende (M-Karn: 226Ma): Raibler Grenzlager (Schwermetall-Anomalien); darüber 400m Siliziklastika, Evaporite, Karbonate (Karn: 226-218Ma).

6) Karbonatplattformregeneration. Rückriffentwicklung: 1200m Hauptdolomit, gefolgt von 300m Plattenkalk (O-Karn-Nor: 218-203Ma).

7) Seefelder Krise: Einschaltung von meterdicken Schichten laminierter Ölschiefer, Mergel- und Dolomitsteine (M-Nor: 207-206Ma) in den oberen Hauptdolomit.

8) Lokale Regeneration der Karbonatplattform: Oberrhät-Fleckenriffe (202-200Ma).

9) Adneter Wende (U-Lias): tektonische Zerblockung und Überflutung. Absatz von roten Knollenkalken (Lias-U-Dogger: 200-175Ma).

10) Lokales Weiterbestehen von Fleckenriffen auf Horsten bis in den Malm (-150Ma).

Beeinträchtigungen und Versenkung der nordalpinen Karbonatplattform geschahen evtl. durch ökologische Folgen von Ereignissen mit (a) regionaler und (b) globaler Wirkung. (a): sind in Vulkaniten der Arlberg-, Reifling- und Wengener Schichten dokumentiert. (b): U-Trias (251-237Ma): Finale Extrusion Sibirischer Flutbasalte; O-Ladin-U-Karn (230-225Ma): Beginnender Zerfall von Pangäa; U-Nor (214Ma): Manicouagan-Impakt; O-Nor-U-Rhät (205-203Ma): Beginnendes Rifting zwischen E- und W-Gondwana; O-Rhät (200Ma): Effusion der kontinentalen Newark-Flutbasalte; anoxische Schelfs: 65% Extinktion der marinen Fauna.

II) Distaler Teil der mesozoischen Karbonatplattform der helvetischen Kreide:

1) Garschella Wende: Untergang des Schrattenkalk Riffs: Ablagerung des Grünten Members (U-Apt: 125-120Ma) (max. 90m Kalk- und Mergelsteine).

2) Ablagerung von 110m Siliziklastika (Freschen-Member: O-Apt-Alb: 120-100Ma).

Der Kollaps dieser Karbonatplattform erfolgte wegen der ökologischen Folgen der Emission großer Mengen vulkanischer Gase in large igneous provinces (Ontong-Java: 125-120Ma), Manihiki: 125-122Ma), Kerguelen: 118Ma), der Dissoziation von Gashydraten und möglicherweise wegen eines Impakts (Carlswell-Astroblem).

Geotope von o. g. regionalen stratigraphischen Wenden werden als Filialgeotope interpretiert. Die Entstehung der Parentalgeotope (Astrobleme, large igneous provinces) führte zu globalen Ökokrisen, welche u. a. den Kollaps der Karbonatplattformen bedingte.

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Es wäre deshalb für den Fortbestand des Menschen und der leider schon beeinträchtigten Vielfalt der heutigen Lebewelt von großem und dauerhaftem Vorteil, würden sich mehr Menschen auch mit dem tieferen Sinn von Gestein und Landschaften auseinandersetzen, wie z. B. die aus ihnen gewinnbaren klimarelevanten Informationen und ihre möglichen Bedeutungen für das rezente globale Ökosystem und den Menschen.

Aus der Menschheits- und Erdgeschichte lernen und mit ihr leben: ständiges Lernen aus einer lebendig gehaltenen Menschheitsgeschichte ist conditio sine qua non, um Interessenkonflikte zwischen Menschen gewaltfrei und fair lösen zu können. Komplementär dazu ist ständiges Lernen aus einer immer genauer und tiefer erforschten Erdgeschichte Grundvoraussetzung, um zu begreifen, warum der anthropogene Einfluß auf das globale Ökosystem rasch und effektiv minimiert werden muss und ein wirksamer Weltklima- und Ressourcenschutz überlebenswichtig ist. So wie der Mensch aus seiner Politik- und Sozialgeschichte die für alle optimalen Formen des Zusammenlebens herausfinden kann, so kann er aus der Erdgeschichte ableiten, inwieweit er wegen seiner Bedürfnisse und Ansprüche die Rohstoffe der Erde nutzen darf, ohne selbst noch mehr Schaden zu nehmen.

Paläoklimatologen fanden heraus, dass in der geologischen Vergangenheit starke und häufige Klimaschwankungen die Regel waren und die seit 10.000 Jahren bestehende relative Klimastabilität, in der der Mensch Raum greifen konnte, eher eine Ausnahme. Wenn die Zukunft in einem dauerhaften und möglichst konfliktarmen Miteinander zwischen Mensch, Natur und Umwelt gestaltet werden soll, müssen die Menschen die essentielle Bedeutung ihrer Geschichtlichkeit akzeptieren, sich ihrer geologischen Vergangenheit stellen und die daraus gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse so in ihr Verbrauchsverhalten einbringen, dass ein risikominimierter Fortbestand dauerhaft möglich wird: indem sie das Wissen um die Grenzen des Wachstums sowie die Begrenztheit und Einmaligkeit der - in natürlichen Vorgängen vorkonzentrierten - irdischen Ressourcen und die Implikationen daraus annehmen und im Alltag umsetzen, entsprechend der leider nur zu oft und zu gerne verdrängten Tatsache betreffend die Endlichkeit höheren Lebens.

"Was der Mensch sei, sagt ihm nur seine Geschichte. Umsonst werfen andere die ganze Vergangenheit hinter sich, um gleichsam neu anzufangen. Aber sie vermögen nicht abzuschütteln, was gewesen; und die Götter der Vergangenheit werden zu Gespenstern. Die Melodie des Lebens ist bedingt durch die begleitenden Stimmen der Vergangenheit."
Wilhelm Dilthey (*19.11.1833 Biebrich bei Wiesbaden, †01.10.1911 Seis bei Bozen). Philosoph, Psychologe und Pädagoge.

Zitierte Literatur:
- Bojanowski, A., Steinhilber, B., Bömelburg, H. (2008): Die Magie des Gesteins.- stern 28: 56-73.
- Canadell, J. G., Le Quéré, C., Raupach, M. R., Field, C. B., Buitenhuis, E. T., Ciais, P., Conway, T. J., Gillett, N. P. Houghton, R. A., Marland, G. (2007): Contributions to accelerating atmospheric CO2 growth from economic activity, carbon intensity, and efficiency of natural sinks
.- Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 10.1073/pnas.0702737104 http://www.pnas.org/cgi/content/abstract/0702737104v1
- Engelbrecht, H. (2010): Geotopes as lithified trutz about environmental development in earth history: facts and indications from geotope-cluster Werdenfels Country (District Garmisch-Partenkirchen, Bavaria, Germany): rise and fall of its mesozoic carbonate platforms.- Schriftenreihe der DGG. Tagungsband zu Geotop 2010 in Hagen (Westfalen).
- Hollerbach, A. & Wellmer, F.-W. (2002): Ressourcenschutz - eine ökologisch-ökonomische Forderung. In: Huch, M. & Kruip, G. (Hrsg.): Eine Erde für alle. Geowissenschaften und Philosophie im Dialog. Schriftenreihe der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Heft 20: 28-33, Hannover.
- Hüttl, R. (2008): Was wissen wir vom Blauen Planeten? DIE ZEIT Nr. 4: 33; Hamburg.
- Larson, R. L. & Erba, E. (1999): Onset of the mid-Cretaceous greenhouse in the Barremina-Aptian: Igneous events and the biological, sedimentary and geochemical responses.- Paleoceanography 146: 663-678.
- Schlager, W. & Philip, J. (1990): Cretaceous carbonate platforms. In: Ginsburg, R. N. & Beaudoin, B. (eds.): Cretaceous resources, events, and rhythms. Background and plans for research. NATO ASI Series, Series C: Mathematical and Physical Sciences - Vol. 304, 173-195, Dordrecht, Kluwer Academic Publishers, Dordrecht, Boston, London.
- Wagner, H.-J. (2007): Was sind die Energien des 21. Jahrhunderts? Der Wettlauf um die Lagerstätten. Fischer Verlag.

 
Das Portal zu den Geotopen des Werdenfelser Landes und angrenzender Gebiete
Hier werden die Landschaftsräume und nachgeordnet ihre Geotope detailliert mit Text und Bild präsentiert. Ganz sicher wird es Jahre dauern, bis die ca. 1000 Geo-Objekte erfasst, dokumentiert und elektronisch verfügbar sein werden. Viele der im folgenden vorgestellten Geotope werden nicht nur um ihrer selbst Willen aufgelistet, sondern in einen Gesamtkontext eingefügt, wenn sie die physische Grundlage für botanische und zoologische Besonderheiten und/oder wichtige kulturgeschichtliche Entwicklungen (z. B. Kunst- und Musikgeschichte, Archäologie, Naturschutz, Handwerk, Technik, Bergbau, Agrar- und Forstwirtschaft) waren und sind.
In Anbetracht der Vielzahl der zu dokumentierenden Geotope als auch der großen Menge der zu sichtenden Literatur und in die Texte einzubauenden Inhalte kann keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. Es soll aber hier zumindest ein Anfang gemacht worden sein.
Es unterlaufenen leider auch dann Fehler, wenn nach vermeintlich bestem Wissen und Gewissen recherchiert und dokumentiert wird. Die Leserschaft möge bitte nachsichtig sein und Geduld zeigen, was die Verbesserungsarbeit anbelangt. Die Inhalte werden laufend erweitert und verbessert.

 

Widmung:
- Frau OStD. Dr. rer. nat. Ingeborg Haeckel (*08.01.1903 Sonthofen, †
07.11.1994 Murnau am Staffelsee). Biologin und Schulleiterin. Die Enkelin des Zoologen und Begründers der Ökologie - Prof. Dr. Ernst Haeckel (*16.02.1834 Potsdam, †09.08.1919 Jena) - hat sich große und bleibende Verdienste um den Natur- und Umweltschutz im Werdenfelser Land erworben. 1974: Bayerischer Verdienstorden, 1978: Naturschutzpreis des Bundes für Umwelt und Naturschutz, 1988: Ehrenbürgerin von Murnau (Salmen, B.1995: 26).
- Herrn Egmont Rupprecht
(*20.01.1957 Rosenheim, †13.08.1982 Piz Badile, Bergell), Diplomphysiker. Freund der Werdenfelser Berge.

Zitierte Literatur:
Salmen, B. (1995): Ernst Haeckel - Ingeborg Haeckel. Natur erforschen, vermitteln, schützen. Katalog zur gleichnamigen Sonderausstellung vom 16.11.1994-19.02.1995 im Schloßmuseum Murnau. Hrsg.: Schloßmuseum des Marktes Murnau. 31 Seiten.

WebRing.

 

Epilog:
"Wer die Pfade bereitet, stirbt auf der Schwelle - doch es neigt sich vor ihm in Ehrfurcht der Tod"
Ernst Toller
(*01.12.1893 Samotschin bei Bydgoszcz / Polen, †22.05.1939 New York). Schriftsteller.

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© Text: Dr. Hubert Engelbrecht, Geologe.
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