Zugspitzplatt und Plattumrahmung

Blick von Südosten auf das Zugspitzplatt und seinen peripheren Kranz aus Felsgipfeln, genannt Plattumrahmung. Die Zugspitze befindet sich knapp rechts, der Nördliche Schneeferner knapp links oberhalb der Bildmitte. Aufnahmestandpunkt: Am Fuß des Westgrates des Kleinen Wanner. Fotopanorama. Aufnahmedatum: 15.10.2006. © Bild: Dr. Hubert Engelbrecht
"
...und kein Mensch könne Dinge, namentlich Landschaften, in ihrer völligen Wesenheit geben." (Adalbert Stifter: Der Nachsommer 1999: 273).

Einzelgeotope

 
Nördlicher Schneeferner Östlicher Schneeferner Südlicher Schneeferner Gletschersee
Gatterlfenster Hermann von Barth -
Felsenbogen
Gatterlkopf-Plattspitzen
-Felssturz
Plattenschuss am Gatterlkopf
Seitenmoräne Unterer Teil des Zugspitzplatts
(vorwiegend Karstverwitterung)
Mittlerer Teil des Zugspitzplatts Oberer Teil des Zugspitzplatts (vorwiegend Glazialerosion)
Östliche Plattspitze Eisschacht Münchner Röhre Suppentopfschacht
Holzkirchner Schacht Finkenschacht Anemonenschacht Schneeschacht
Schneefernerkopf Mulde Rundhöcker mit Gletscherschliff

 

Geografische Position
Westliches Wettersteingebirge
Alter des Geotops
Mittleres Tertiär (Oligozän) bis rezent
Kriterien
Seltenheit, wissenschaftlicher Wert, Ästhetik
Formationen, geologische Ablagerungen
Wettersteinkalk, tertiäre Brekzien, quartäre Moränen, holozäne Schuttkegel, Felssturzmaterial
Hyperlinks
 
 

Schlagworte
Wettersteinkalk, Altfläche, Karst, Dolinen, Karren, Schachthöhle, Glaziomorphologie, tektonische Mulde, Zugspitzplatt, Glaziohochkarstrelief, reliktischer Permafrost
 
 
Geologische Situation
Höchstgelegene Glazial- und Karstlandschaft Deutschlands, die drei schützenswerte Geo- bzw. Glaziotope - Nördlicher, Östlicher und Südlicher Schneeferner - trägt. Das Zugspitzplatt (8 km² Fläche; gelegen zwischen 2000-2650 m) wird interpretiert als eine im oberen Teil nur wenig geneigte Altfläche, ähnlich dem Steinernen Meer: ein Altrelief vom Typus der Augenstein- oder Raxlandschaft (Die Raxalpe: ein Hochplateau am Berg Semmering in der Steiermark): das Zugspitzplatt ist Relikt einer vor ca. 25 Millionen Jahren (oberes Oligozän der Tertiärzeit) vor der Faltung und tektonischen Heraushebung der Kalkalpen zum Hochgebirge angelegten Landoberfläche (Uhlig 1954). Nach intensiven Verwitterungs- und Verkarstungsvorgängen im Tertiär sowie sieben glazialen Überprägungen in der Quartärzeit ist ein Glazio-Karstrelief entstanden: eine Rundhöcker-, Dolinen-, Karren- und Schrattenlandschaft. 52% der Oberfläche des Zugspitzplatts bestehen aus Gesteinsschutt (Lokalmoränen, Hangschutt, Felssturz-Blockwerk), 32% aus anstehender Wettersteinkalk-Formation und die restlichen 16% werden im unteren und mittleren Teil von Böden und Vegetation eingenommen (Hüttl 1999). Breite Hangschuttfächer finden sich hauptsächlich am Ansatz der Plattumrahmung unter den Steilwänden, wo wegen intensiver physikalischer Verwitterung (z. B. durch hohe Temperaturgradienten und Frostsprengung) das Korn- und Kluftgefüge des Kalksteins aufgelockert und die von der Felsoberfläche abgelösten Bruckstücke bei Starkregenfällen oder Lawinenabgängen erodiert und schwerkraftgetrieben umgelagert werden. Glaziale Ablagerungen (Lokalmoränen) aus dem Neuzeitlichen Hochstand (1780-1820), dem Plattstand (jüngeres Holozän) und dem Brunntal- und Brünnl-Stand (frühes Holozän) liegen in inneren Bereich des Zugspitzplatts in Form von Wällen, Girlanden, hügeligen Akkumulationen sowie dünnen Überdeckungen vor (Hirtlreiter 1992).

Wegen des holozänen Eisrückganges nehmen hangab die jungen und jüngsten Karstformen immer breiteren Raum ein. Verkarstung bedeutet chemische Verwitterung (Korrosion) von Gestein durch saure Wässer, die chemisch gelöstes Kohlendioxid (Kohlensäure) und organische Säuren enthalten und deshalb v. a. Kalkgestein lösen können. Ersteres entstammt der Atmosphäre und den Böden; letzteres pflanzlichen Stoffwechselprodukten (Hüttl 1999). Messungen vor Ort belegten, dass die chemische Lösungsverwitterungsrate - die Kalkabtragung - an Gesteinsflächen auf dem Zugspitzplatt im Mittel ca. 28 µm pro Jahr beträgt (das entspricht einem jährlichen durchschnittlichen Stoffaustrag von knapp 600 Tonnen chemisch gelösten Kalkgesteins) (Hüttl 1999:141). Trennflächen (Kluft- und Schichtflächen) im Wettersteinkalk werden durch Korrosion immer mehr aufgeweitet und so die Wegsamkeiten für Wässer verbessert. Regen-, Schnee-, Firn- und Eisschmelzwässer fließen auf dem Zugspitzplatt deshalb nicht oberflächlich ab, sondern versickern rasch an korrodierten Felsspalten im verkarsteten Untergrund. Hydrogeologische Untersuchungen ergaben, dass diese Wässer zeitverzögert weiter östlich (max. 5 km Luftlinie) in einer Karstquelle, genannt Partnachursprungsquelle, auf ca. 1420 m im Hinteren Reintal wieder zu Tage treten (Doposcheg 1938: 292, Endres 1997). Durch Kalklösungsvorgänge, die über geologische Zeiten im Untergrund des Zugspitzplatts wirkten, entstanden größere Hohlräume (Höhlen, Schächte, s. u.); wegen der dadurch verursachten Massendefizite und Stabilitätsdefekte im Felsinneren bildeten sich oberirdisch Sackungsformen und Einsturztrichter (Dolinen und Dolinenreihen). Die sieben größeren Schachthöhlen (Schneeschacht, Eisschacht, Münchner Röhre, Suppentopfschacht, Holzkirchner Schacht, Finkenschacht, Anemonenschacht) von ca. 70 Speläotopen (Triller 1982, Alstetter et al. 2004) sind an tektonischen Störungssystemen angelegt worden, an denen schon im Tertiär Verkarstungsvorgänge einsetzen konnten (Goldscheider 2002: 127, Audra et al. 2006). Die tiefste Schachthöhle ist bis 130 m unter Tage erforscht; die längste Höhle misst über 220 m.

Im Untergrund des oberen Teils des Zugspitzplatts sind Permafrostmerkmale nur sporadisch verbreitet: Sie bestehen aus Toteis bzw. reliktischem Permafrosteis, das z. B. mehrere Schachthöhlen (siehe oben) plombiert (Gude & Barsch 2005). Beim Bau des neuen Zahnradbahn-Tunnelabschnitts (s. u.) bereitete ein nach 200 Metern Bohrstrecke angefahrener, mit Permafrosteis und Moränenmaterial verfüllter Karsthohlraum große geotechnische Probleme, zumal dieser Bereich mit dem 80 m oberhalb befindlichen Gletschersee (2562 m) auf dem obersten Bereich des Zugspitzplatts in Verbindung stand und es infolgedessen im Tunnel zu Wassereinbrüchen (bis zu 800 Litern Eiswasser pro Sekunde) kam (Bericht des Bayerischen Zugspitzbahn 1998).

Das Zugspitzplatt liegt über einer 450 m hohen, begrünten Steilstufe (siehe Abbildung 2), die den Trogtalschluß des Hinteren Reintals bildet. Diese Geländestufe wird von einem Trockental - dem Brunntal - durchschnitten (schmaler, heller Streifen knapp rechts der Bildmitte in Abbildung 2). Ursachen dieser Geländestufe waren verstärkter glazialer Grundschliff durch seitlich hinzukommende Eismassen und die nach Nordnordost ins Reintal ziehende Gatterl-Störung, an der verstärkt Erosion wirken konnte.

Tektonisch baut sich das Zugspitzplatt aus einer sehr weitspannigen Mulde auf, deren Achse flach nach Osten geneigt ist (Doposcheg 1938, Bögel 1960, Miller 1961). Die tektonische Muldenachse ist in der Ostflanke des Schneefernerkopfes angeschnitten: dort biegen die Schichten der Wettersteinkalk-Formation um. Bemerkenswert ist, dass das Zugspitzplatt auch geomorphologisch eine im oberen Teil flach geneigte, nach Osten offene Senke darstellt und so eine Konkordanz betreffend Geomorphologie und Faltungstektonik gegeben ist. Die als Plattumrahmung bezeichneten Bergketten sind Teil der wesentlich stärker gekippten und der physikalischen Erosion ausgesetzten Schichten der Muldenflanken. Diese als Reintal-Mulde bezeichnete geologische Struktur ist eines der tektonischen Hauptbestandteile des Wettersteingebirges (Doposcheg 1938: 205, Bögel 1960, Miller 1961).

Die Wettersteinkalk-Formation - bis zu 1500 m mächtig und in mindestens drei Abschnitte unterteilbar - entstand aus den Relikten kalkproduzierender, vorwiegend photosynthetisierender Organismen (Kalkalgen, Kalkschwämme, Korallen, Foraminiferen, etc.), die auf einer langsam absinkenden Karbonatplattform im Innenschelfbereich (Riff, Lagune) eines tropischen Meeres (Bechstädt & Mostler 1976, Nittel 2006: 108-117) vor ca. 238-229 Millionen Jahren (oberes Anis - Ladin - unteres Karn) lebten.

In der Abbildung ist links unten ein Teil der nördlichen Flanke des Hohen Kammes (2475 m) sichtbar: Die Bergkuppe besteht aus relativ weichen, rasch verwitternden Mergelsteinen und mergeligen Kalksteinen des oberen Jura und der unteren Kreide. Diese Gesteine, die ca. 100 Millionen Jahre jünger sind als die Wettersteinkalk-Formation, bilden den tektonischen Sockel der Kalksteinmassen des Gebirges (Doposcheg 1938: 204) und sind ein Beleg für die großräumigen Überschiebungsvorgänge bei der Entstehung der Nördlichen Kalkalpen.

Der südöstliche untere Teil des Zugspitzplatts - in der Abbildung links der Bildmitte an der Grenze zum Schattenwurf der Gatterlköpfe - ist überdeckt von der Blockhalde eines Felssturzes (Hirtlreiter 1992, Hüttl 1999). Der Abrissbereich befindet sich unmittelbar südlich in der Felsflanke der Plattumrahmung und ist durch eine markante morphologische Lücke zwischen dem Westlichen Gatterlkopf und der Östlichen Plattspitze markiert.

Schneeflächen bewirken in ihrer Funktion als Sedimentfänger, dass äolisch antransportierte mineralische und organische Partikel in ihren obersten Partien fixiert werden. Quantitative und qualitative Langzeitanalysen von Flugstaubeinträgen und ihre Korrelation mit den Großwetterlagen ergaben, dass im Winter sehr geringe Mengen an Mineralstäuben aus Wüstengebieten der Sahara und im Frühjahr im Mittel fünfmal höhere Mineralstaubmengen (64mg/m²/d) vorwiegend aus metamorphen Arealen der Zentral- und Südalpen auf dem Zugspitzplatt eingetragen werden. Dies gibt einen Einblick in die aktuelle Dynamik atmosphärischer Zirkulationssysteme (Küfmann 2006).

Die Bedeutung des Zugspitzplatts als Geotop liegt in den Kriterien Seltenheit, Eigenart, wissenschaftlicher Wert und Ästhetik.

 
Sonstiges

Bodenkundliche, botanische sowie kultur- und technikgeschichtliche Anmerkungen:

- Auf dem Zugspitzplatt haben sich während des Holozän mehrere vegetationsgeografische Höhenstufen etabliert: An der Basis liegt die Oberkante der subalpinen Stufe entsprechend der klimatischen Baumgrenze, über der Krummholz und Zwergsträucher, die hier auf Tangelrendzina wachsen, nicht mehr bestehen können. Darüber folgt die alpine Stufe, die bis 2350 m - entsprechend der klimatischen Rasenobergrenze - reicht. In dieser Zone wachsen Kalkmagerrasengesellschaften: Polsterseggenrasen und Blaugras-Horstseggenrasen. Die Böden bestehen hier aus Moderrendzina, Polsterrendzina, mullartiger Polsterrendzina und äolischen Braunerden. Darüber schließt sich die subnivale Stufe bis 2600 m an, die bis zur Untergrenze der rezenten Firnfelder reicht. In dieser Zone bestehen Kalkschutt- und Kalkfelsgesellschaften: Täschelkraut, Berglöwenzahn, Gänsekresse und Spalierweiden. Sie wachsen auf Lockersynrosem, Felshumusboden, Skeletthumusboden und Protorendzina. Darüber liegt die nivale Zone mit Kryptogamenvergesellschaftungen (Einzeller, Sporenpflanzen) auf Gesteinsflächen und in offenen Klüften: Algen, Bakterien, Flechten. Phanerogamen (Blütenpflanzen) wie Sendtners Alpenmohn und der Blattlose Steinbrech sind dort nur selten zu finden (Doposcheg 1938: 299-302, Hüttl 1999: 8, 36-44, Rögner & König 2002/03).

- Eine Besonderheit sind die Braunerden in den alpinen Vegetationszone. Diese lößähnliche Bodenart enthält Partien mit reichlich Glimmer, die nur äolisch antransportiert worden sein konnten. Wahrscheinlich sind im Spätglazial Flugstäube, welche die ortsfremden Glimmer-Partikel enthielten, von der mageren Grasvegetation auf dem Zugspitzplatt eingefangen, dort fixiert und in den Bodenbildungsprozess integriert worden. Ein Teil dieses Flugstaubs stammt - ferntransportiert - von magmatischen und metamorphen Gesteinen der Zentralalpen (Hüttl 1999: 62-64, Küfmann 2003).

- Botanisch bedeutend sind die auf dem Zugspitzplatt wachsenden Kalkschneerasengesellschaften: dieser seltene und hochspezialisierte Biotoptyp der Schneebodenvegetation bildet sich heraus, wenn der Boden länger als sechs Monate von Schnee bedeckt ist (Mayer 2003).

- Über das Zugspitzplatt führt, aus dem Reintal über die Knorrhütte kommend, an seiner nördlichen Begrenzung der "Alte Weg" auf die Zugspitze (Chronik der Alpenvereinssektion München 2002).

- Der tiefere Teil des Zugspitzplatts wird seit alters her im Sommer als Schafweide genutzt (von Barth 1874: 539).

- Die Knorrhütte, gelegen auf 2052 m am unteren nordöstlichen Rand des Zugspitzplatts, ist vom Alpenverein als erstes Unterkunfts- und Schutzhaus im Wettersteingebirge gegründet worden: es wurde 1855 nahe einer Karstquelle ("Beim guten Wasser") am Fuß des Brunntalkopfes auf Initiative von Forstmeister Pitzner (Partenkirchen) und Botanik-Professor Otto Sendtner (München) erbaut und nach dem Münchner Angelo Knorr benannt, der einen Teil der Baukosten übernahm. Erste Renovierungs- und Erweiterungsarbeiten erfolgten im Jahre 1873 durch die Alpenvereinssektion München (Chronik der Alpenvereinssektion München 2002).

- Am 19.03.1922 startete von der Flugwerft Schleißheim nördlich München der bayerische Flugpionier Oberleutnant Franz Hailer um 8.30 Uhr mit einer Rumpler Ru C 1 (150 PS) Richtung Zugspitze und landete nach 110 km Strecke und 2 Stunden Flugzeit auf Schneekufen in einer Höhe von 2600 m auf einer Ebenheit des Schneeferners (Doposcheg 1934: 46-48, Deutsches Museum 2005). Da bei dieser ersten Gletscherlandung auf dem Zugspitzplatt der Propeller und ein Flügel des Flugzeugs Schaden nahmen, musste die Maschine in Einzelteile zerlegt und diese zu Tal getragen werden. (http://www.gletscherflug.ch/GeschichteBeginn.htm). Der Propeller kann seit Mai 2011 in der Kaulbachvilla, dem Heimatmuseum von Ohlstadt, besichtigt werden.

- Das Hotel und Restaurant Schneefernerhaus (2650 m), gelegen knapp 100 Höhenmeter über dem oberen nordwestlichen Rand des Zugspitzplatts, war mit siebenjähriger Unterbrechung (1945-1952) vom 20.01.1931 bis 14.11.1992 in Betrieb (Bericht der Bayerischen Zugspitzbahn 2003).

- Der 1949 erfolgte Bau von Liftanlagen auf dem Zugspitzplatt ermöglichte Sommer- und Winterskilauf im mittleren und oberen Teil des Gebietes (Bericht der Bayerischen Zugspitzbahn 2003). Sommerskibetrieb ist mangels Schnee seit Jahren nicht mehr möglich.

- Im obersten Teil des Zugspitzplatts liegt auf 2588 m der "Gletscherbahnhof Zugspitzplatt", zu dem ein am 15.01.1988 eröffneter neuer Zahnradbahntunnelabschnitt leitet. Dieser zweigt bei Tunnellängenabschnitt 3800 m vom alten Zahnradbahntunnel ab und erreicht nach 975 m Strecke und 63 m Höhenunterschied den Bahnhof beim Gletscher-Restaurant Sonn-Alpin (Nachfolgeeinrichtung des Hotels Schneefernerhaus), Zentrum des Skigebiets (Bericht Bayerische Zugspitzbahn 1998). In der Wintersaison 2005/06 ist dort auch ein "Iglu-Dorf" eingerichtet worden.

- Zur Folgenutzung des Schneefernerhauses: dort ist 1998 die Umweltforschungsstation Schneefernerhaus mit Schwerpunkt Atmosphärenforschung ( Global Atmosphere Watch Program, Zentrum für Höhen- und Klimaforschung) gegründet worden (http://www.schneefernerhaus.de/ufs.htm , http://www.zugspitze.de/diebzb/wissenschaft_en.php). Den Klimasignalen wird mit einem Infrarot-Spektrometer nachgespürt: nach Sonnenuntergang werden höhengenau die feinen Schwankungen des Luftleuchtens ("Airglow") - das ist die in der Mesopause (eine Atmosphärenschicht in 87 km Höhe) entstehende elektromagnetische Strahlung - erfasst, wo der Luftdruck weit unter einem Millibar liegt und die Temperatur (an der Grenze zwischen Meso- und Thermosphäre) ein absolutes Minimum von ca. -85 °C aufweist (in dieser Schicht entstehen manchmal auch die sogenannten leuchtenden Nachtwolken, die aus Eiskristallstaub bestehen). Mit solchen Meßreihen, verknüpft mit Satellitendaten und Daten von 46 anderen Meßstationen eines globalen Netzwerkes, können langzeitliche Temperaturtrends in der Atmosphäre abgeleitet, bessere Klimaprognosen erstellt und die Wirksamkeit von Klimaschutzmaßnahmen rascher und genauer überprüft werden.

Ferner werden in einem interdisziplinären Forschungspaket folgende Untersuchungen und Analysen durchgeführt:

  • Art und Menge von über den Luftweg antransportierten persistenten organischen Luftschadstoffen (polychlorierte Biphenyle, Dioxine, etc.) sowie klimarelevanten Spurenstoffen (z. B. NOX, Ozon, Aerosole);
  • die zeitliche Änderung der vertikalen Verteilung des Treibhausgases Wasserdampf in 5-12 km Höhe;
  • die räumliche und zeitliche Verteilung von Regen- und Schneeniederschlägen, woraus Schlüsse gezogen werden können über die langfristige Wasserverfügbarkeit für den Menschen;
  • der für Klima- und Wetterprognosen maßgebende Flüssigwassergehalt in Wolken;
  • die radioaktive Strahlung in der Atmosphäre;
  • die klimabedingte Beeinflussung der UV-Strahlung;
  • Dichte und Energiespektren der durch kosmische Strahlung entstandenen sekundären Neutronen, die das Klima beeinflussen können.

An dieses Atmosphärenforschungsprogramm sind angegliedert:

  • Permafrostmessungen auf dem Zugspitzgipfel, wo die Auswirkungen des Klimawandels auf die Stabilität von Bauwerksstandorten auf exponiertem und stark geklüftetem Fels untersucht wird;
  • seismologische Überwachung Bayerns;
  • Entwicklung witterungsbeständiger und langzeitstabiler Materialien für Fotovoltaikmodule;
  • Auswirkungen des Klimawandels und der sich erhöhenden Konzentration von Luftschadstoffen auf die menschliche Gesundheit (Allergien, Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen).

Folgende Institutionen und Firmen befinden sich derzeit hier unter einem Dach: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt: Deutsches Fernerkundungszentrum / Institut für Physik der Atmosphäre; Kayser-Threde-GmbH; Forschungszentrum Karlsruhe: Institut für Meteorologie und Klimaforschung; Ludwig-Maximilians-Universität München: Meteorologisches Institut / Department für Geo- und Umweltwissenschaften / Medizinische Klinik Innenstadt Abteilung Pneumologie; Umweltbundesamt: GAW-Globalstation Zugspitze; Deutscher Wetterdienst; Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz; GSF - Forschungszentrum für Umwelt- und Gesundheitsschutz: Institut für Strahlenschutz / Institut für Ökologische Chemie; Bayerisches Landesamt für Umwelt; Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme; TÜV Rheinland. Ausserdem ist in der Forschungsstation Schneefernerhaus ein Zentrum für Lawinen- und Rettungshundeausbildung eingerichtet worden.

- Die Gatterlmesse findet seit 1953 jährlich jeden 2. Sonntag im September am unteren, südöstlichen Rand des Zugspitzplatts statt.

 
Literatur
Alstetter, H. et al. (2004): Münchner Höhlengeschichte II. 50 Jahre Verein für Höhlenkunde in München e. V.; Seiten 56-64, München.
Audra, P., Bini, A., Gabrovšek, F., Häuselmann, P., Hobléa, F., Jeannin, P.-Y., Kunaver, J., Monbaron, M., Šušteršic, F., Tognini, P., Trimmel, H., Wildberger, A. (2006): Cave genesis in the Alps between Miocene and today: a review.- Z. Geomorph. N. F., 50/2: 153-176, Berlin, Stuttgart.
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Bayerische Zugspitzbahn. Internetressource: Wissenschaft und Forschung. http://www.zugspitze.de/diebzb/wissenschaft_en.php
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Bechstädt, T. & Mostler, H. (1976): Riff-Beckenentwicklung in der Mitteltrias der westlichen Nördlichen Kalkalpen. Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft 127: 271-289, Hannover.
Bögel, H. (1960): Der geologische Bau des Wettersteingebirges und seiner Umgebung.- Jb. D. Ö. A. V., 85: 20-27, München.
Chronik der Alpenvereinssektion München: Bau der Knorrhütte. In: Wehrle, C. (2002): Das Reintal - der alte Weg zur Zugspitze; Seiten 25-27. Panico Alpinverlag, Köngen.
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Doposcheg, J. (1934): Zugspitze und Zugspitzbahn. Geschichtlich-naturkundlicher Führer. Adam-Verlag, Garmisch.
Doposcheg, J. (1938): Abschnitt Knorrhütte-Zugspitze. In: Berge und Pflanzen (Werden und Wachsen) in der Landschaft Werdenfels. Naturkundlicher Führer. Seiten 292-303. Adam-Verlag, Garmisch.
Endres, C. 1997): Hydrogeologie des Partnachursprungs. Diss. LMU München; 54 Seiten.
Goldscheider, N. (2002): Hydrogeology and vulnerability of karst systems – examples from the Northern Alps and the Swabian Alb.- Diss. Univ. Karlsruhe.
Gude, M. & Barsch, D. (2005): Assessment of geomorphic hazards in connection with permafrost occurrence in the Zugspitze area (Bavarian Alps). - Geomorphology, 66/1-4: 85-94.
Hirtlreiter, G. (1992): Spät- und postglaziale Gletscherschwankungen im Wettersteingebirge und seiner Umgebung.- Münchner Geographische Abhandlungen, Reihe B; Band B 15; 153 Seiten; Geobuch-Verlag München.
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Erstellt 14.11.2007; Nachträge 25.05.2011
© Text: Dr. Hubert Engelbrecht, Geologe