Jenseits
von Trauer, Angst und Ungewissheit:
Rückantwort, Kommentar und später Schlußstrich
--
Leviten-Lesung in einem Offenen Brief
Musikalische Begleitung:
"Rape me". Kurt
Cobain, 1991, Nirvana
Ich habe Ihre schriftliche Antwort
erhalten und melde mich erst jetzt, Jahre später, da ich
lange nachdenke und vieles verwerfe, bis ich meine, ein
Satz sei inhaltlich richtig und ich könne ihn schreiben.
Inzwischen war sehr viel andere, vorrangige Terminarbeit
zu erledigen. Ausserdem besteht nach gut 40 Jahren fast
permanenter Sendepause keinerlei Grund mehr zur Eile.
Prinzipiell war und ist für mich
alles, was mit Lebensfragen zu tun hat und
zwischenmenschliche Beziehungen betrifft, besonders
wichtig. All dies nehme ich sehr genau. Deshalb folgt
hier meine ausführliche Entgegnung - bestehend aus
Anmerkungen, Kritik und Ergänzungen - zu Ihrem Schreiben
auf meine Initiative, die alte Blockaden überwinden und
Vorurteile ausräumen wollte sowie einen Neubeginn
vorschlug. Weiter unten kommentiere ich dann auch das
Verhalten der Gruppe, in der wir uns damals befanden. Ich
zeige hier, wie grausam manipulierte Kinder, Jugendliche
und junge Erwachsene mit Schwächeren sein können und
welch immense Schäden durch Langzeit-Mobbing entstehen.
Zudem geht es um die verheerenden Folgen von
- problematischen Erfahrungen in Kindheit und Jugend,
- Unterwerfungszwang sowie seelischer Gewalt im Alltag,
- rücksichtslosem Konkurrenz- und Karrieredenken,
- Gleichgültigkeit und Sturheit,
- antidemokratischen Strukturen in Gruppen sowie
- Wirklichkeitsverweigerung.
Das nun folgende ist tatsächlich geschehen und keine
selbstmitleidvolle Übertreibung bzw. Selbstviktimisierung
und schon gar keine Nachtragerei; dafür waren die
Ereignisse zu elementar.
Einige der folgenden Passagen enthalten provokante
Vorwürfe und deutliche Meinungen. Das ist auch so
beabsichtigt; alles ist gut begründet. Ich stehe dazu
und sehe mein Schreiben nicht nur als persönliche
Anklage gegen ungesühnte Ungerechtigkeiten, sondern auch
als notwendige Reaktionen auf drängende
gesellschaftliche Mißstände: Massengräber toter Tage,
toter Jahre und Jahrzehnte, toter Leben, ermordeter
Chancen, absichtsvoll verhinderter positiver
Entwicklungen. Der Text entstand auch deshalb, weil ich
den erhaltenen Druck nicht an Schwächeren abreagieren
wollte, sondern ihn in schriftlicher Form an die
Verursacher zurückreichte und damit die Kette der
Weitergabe verwerflicher Gewalt beendete.
Keine Unterwerfung und keine Kapitulation vor
willkürlicher und überzogener Macht. Die Wahrheit über
geschehenen Mißbrauch und geschehene Mißhandlung muß
öffentlich geäussert werden, anstatt sie mit ins Grab
zu nehmen. Jeder Missetäter muß wissen, dass er nicht
davonkommen wird. Solche Geschehnisse sind eines
Schutzmantels der Privatheit unwürdig und müssen an den
Pranger. Öffentliches Schreiben/Mitteilen bedeutet hier
sich wehren.
Ganz klar meinte ich unter
Voraussetzung pluralistischer Lebensauffassung in meinem
vorangegangenen Brief: nur durch offenen und ehrlichen
Dialog können Pauschalurteile differenziert und
alteingefahrene, falsche Verhaltensweisen korrigiert
werden. Nur in einem konstruktiven und fairen
Miteinander, nicht in einem wortlos-stur-kalten
Nebeneinander ad exitum kann man auf Dauer zusammen
glücklich sein und bestehen. Mich erstaunt das von Ihnen
mir servierte "Du", obwohl Ihrer Meinung nach damals in der
Zufallsgemeinschaft, in die wir eingereiht waren, wir "nur wenig
miteinander zu tun hatten", wie Sie mir schrieben. Es ist richtig, dass
wir all die langen Jahre bis zur Entlassung fast nie
miteinander sprachen sowie getrennte Freundeskreise und
Interessensgebiete hatten. Und es ist wahr, dass dies
jahrzehntelang sich bis heute fortsetzte. Die
Anredeformel "Du" ist also in diesem Falle
inkorrekt und unpassend von Ihnen gewählt; so bestehe
ich deshalb nachdrücklich auf der Anredeformel
"Sie". Es wird zwischen den weiteren Zeilen
Ihres Schreibens leider auch angedeutet, dass unsere
Leben damals fast nichts miteinander zu tun hatten. Ihre
Behauptung halte ich aber nur für vordergründig
richtig; und diese entscheidende Einschränkung will ich
hier erklären:
Neben den äusseren gab es in dieser Zufallsgemeinschaft
auch innere, verdeckte Beziehungen: auch wenn Einzelne in
dieser Gruppe junger Menschen mit einigen nie oder nur
ganz selten sprachen, so nahmen erstere doch wahr, wie
letztere sich äußerten und wie sie handelten. Es ist
leicht nachvollziehbar, dass sich so von jeder Person zu
allen anderen der Gruppe gedanklich ein Netz direkter und
indirekter Beziehungen entwickelte. Jede Person
registrierte die Verhaltensweisen aller anderen; in
einigen Fällen wurden diese wohl auch gewertet oder mit
dem eigenen Verhalten verglichen. Für mich gilt, und das
auch mit einem zeitlichen Abstand von mehreren
Jahrzehnten, dass damals keine Person aus dieser Gruppe
in meinem Leben geistig keine Rolle gespielt hat: niemand
war mir damals in der Gruppe egal. Fast immer taten mir
die, die schlechte Noten bekamen oder durchfielen, leid;
gleichzeitig fühlte ich mich erleichtert - was mir aber
auch ein schlechtes Gewissen bereitete - , dass ich nicht
in der gleichen Lage war. Auch wenn ich mit einigen der
Gemeinschaft fast nie sprach, so war ich ganz gewiss
allen gedanklich verbunden: viele haben mich mit ihren
individuellen Charakteren beeindruckt und erfreut, aber
einige leider auch geärgert; wie z. B. wenn jemand bei
seinem/ihrem "Einser" rücksichtslos
triumphierend jubelte und die Arme hochriss; oder wenn
jemand sich schon wieder eifernd meldete und mit den
Fingern schnippte, nur um Vorteile zu sammeln und sich
ranzuschranzen - wie eklig das für mich war. Freilich
gab es auch lustige Momente: Erdkunde: Lehrkraft:
"Wo liegt der Brenner?" Schüler: "Wo
brennt's?" Schallendes Gelächter. Lehrkraft zornig:
"Verweis!" Deutsch: Lehrkraft: "findet
Wortbeispiele, die das Adjektiv 'grün' eingehender
beschreiben." Einige nennen hellgrün, blaugrün,
dunkelgrün, grasgrün, türkis, gelbgrün, etc.. Dann
rief die Lehrkraft schließlich den Schüler W. auf, weil
dieser sich sehr eifrig gemeldet hatte. Auf seinen
Wortbeitrag "suppengrün!" folgten
langanhaltende und laute verbale Bekundungen allgemeiner
Heiterkeit. Und aus dem rot angelaufenen Rundgesicht der
Lehrkraft schallte es wütend: "Vaweis!" Es
liegt wohl in meiner eigenen - reflektierten -
Irrationalität begründet, dass ich an mehrere damalige
Begebenheiten noch heute gerne denke - und das trotz der
Verhältnisse und Entwicklungen, die ich in den folgenden
Absätzen bedenkenlos ausführe. Vorab aber noch eine
lustige Begebenheit, die sich aber nur in meinen Gedanken
abspielte, weil ich mich damals wieder mal nicht zu
fragen traute, was denn an dem Satzteil "...ein
weißer Schimmel..." überflüssig/redundant
sein soll, weil es doch auch gelben, grünen,
orangefarbenen, blauen, chremefarbenen, scharlachroten
und auch schwarzen Schimmel gäbe und dass all diese
Arten von Biologen wissenschaftlich charakterisiert
worden sind. Nur an einen Gaul mit weißem Fell dachte
ich damals wirklich nicht. Eigentlich schade um das
Gelächter - freilich auch meines - , das damals nicht
stattfinden konnte, weil ich so eingeschüchtert war.
Andererseits war es für mich besser, diese Frage nicht
gestellt zu haben, weil so die notorisch arrogante und
unangenehme, überkorrekte und überstrenge sowie eines
jeden auch noch so winzigsten Quantums an Humor verlustig
gegangene Lehrkraft für Sozial-, Wirtschafts- und
Erdkunde keine prima Gelegenheit erhielt, mich auf das
Allerherzhafteste und Genüsslichste vor allen anderen
auszulachen; eine eklig-sterile Bleistiftspitzerin, die
mir bis zum Abgang blieb.
Sie schrieben, dass Ihr "Verhältnis zu
mir weder vorbelastet noch problematisch noch von
irgendwelchen Spannungen geprägt" sei. Diese Haltung erstaunt mich um so mehr, da
Sie doch oft in nächster Nähe waren, als ich in den
ersten Jahren in den Räumlichkeiten dieser Anstalt viel
öfter als andere gehänselt, verspottet und in
Raufereien verwickelt wurde. Sonnenklar, dass eine
Bohnenstange, ein lange Lulatsch, eine Brillenschlange,
nochdazu ein linkshändiger Rothaariger und obendrein ein
Lehrerskind mit gelegentlich zu guten Noten
prädestiniert war für Platz Nr. 1 auf der
Abschußliste. Vor allem W., E. und S. trieben es sehr
weit mit diesem Mobbing unter Jugendlichen, wofür der
Fachbegriff "bullying" steht.
Die Quälerei wegen eines Watschenbaumdaseins fing schon
in der Volksschule an. Beispiele: "Du viaeggade
Sau!", "Ja vareck doch!",
"Rotzleffe!", "Du Hundsgrippe";
"Du blöda Hund!". "Hubi Bubi Hubi Bubi
Rotfux Rotfux!" riefen sie und tanzten munter auf
dem Schulhausgang im Kreis um mich und deuteten mit ihren
Zeigefingern auf mich; da war mein "bester
Freund" T. damals auch mit dabei. Ich kann da keinen
wesentlichen Unterschied mehr zu "Nega Nega
Schornsteinfega!" erkennen: weil es eben keinen
schwarzen gab, konstruierten sich die Kinder eben einen
rothaarigen Nega, auf dem sie herumtrampelten und
ausgiebigst Ersatzrassismus praktizierten. Wie
erniedrigend, coram publico gezwungen zu werden zur
physischen Gegenwehr; was für eine ungeheuerliche
Nötigung und Erniedrigung, zurückschlagen zu müssen,
damit man nicht zertrampelt wird. Wie peinlich mir das
war. Meine erleichtert und gerne zum Friedensschluß
gereichte Hand nutzte A., um mir einmal mehr eine
kräftige Ohrfeige zu verpassen. Der wenige Jahre ältere
Sepp G. vermöbelte mich in der Großen Pause vor der
Glastüre zum Pausenhof. Das Duo war eingehegt inmitten
einer dicken Traube hocherfreuter Gaffer. Weil ich
kräftemäßig unterlegen und deshalb auf dem Rücken
lag, waren für mich all diese grinsenden oder herzhaft
lachenden Gesichter aus der Frosch-/Bodenperspektive gut
zu erkennen; daruter auch das der Lehrkraft K. Ich
erinnere konkret mein kurzes Erstaunen darüber, warum
diese Lehrkraft sich an dieser Stelle befand und
mitgaffte, mir aber nicht half. Und es geschah
tatsächlich, dass Jahre später der Lehrer K.
tatsächlich Direktor dieser Schule wurde. So war das
damals. Und soweit ich es über die Jahre mitbekam,
brachten es all diese Mobber später zu wohlgeachteten
Mitgliedern der Gesellschaft. Wie schön. Und niemand
konnte/wollte mir bis dato sagen, warum ich mich bestens
zum Feind eignete. Dabei wollte ich doch nur in Ruhe
gelassen werden.
Solche und weitere Schikanen dieser Art haben mich in der
Seele unerhört tief verletzt, weil ich nicht wußte,
warum dies immer wieder geschah, weil ich mich verbal
nicht effektiv wehren konnte und dagegen noch keine
innere Barriere hatte. Freilich setzte sich dieser Unfug
im Schimpansium selbstlaufend fort. Mir ist bis heute
nicht klar geworden, was an einem Wintermorgen damals den
E. vor Beginn des Sportunterrichts dazu trieb, in der
Umkleidekabine sich meine an einen Kleiderhaken gehängte
Lange Unterhose zu schnappen, vor den anderen schnüffeln
in sie hineinzulugen, um dann unter lautstarker
Äusserung von Ekellauten empört die Nase zu rümpfen.
Ich konnte damals noch keine Ahnung davon haben, dass
Sündenböcke, Prügelknaben und schwarze Schafe eine
Gruppe stabilisieren, wenn sie durch übergeordnete
externe Stressoren unter Druck gerät; so bin ich im
übertragenen Sinne reduziert worden auf ein
Regulierungsventil, durch das bei Überdruck viel
giftiger, ungesunder Dampf abgeleitet wurde. Dazu
gehörten auch die ekelhaft-ätzenden, niederträchtigen
Bemerkungen eines Klassen- und Schülersprechers, die das
Maß voll machten. Nur in Skilager und auf dem Sportplatz
bin ich in Ruhe gelassen worden, weil dort weniger Druck
herrschte.
Ich konnte leider deshalb nicht angemessen zurückgeben,
weil ich in dem Objekt, in dem ich damals heranwuchs,
Vernachlässigung, massive Unterdrückung,
Einschüchterung und Verunsicherung erfuhr; dazu
gesellten sich all die schon in Frank Wedekinds
Abhandlung "Frühlings Erwachen" (1891)
geschilderten Probleme Heranwachsender mit bürgerlicher
Moral, Werten, Konventionen und Tradition in einer
verlogenen Gesellschaft, die großspurig über sich die
haltlose Behauptung äusserte, den wilhelminischen und
nazistischen Zeitgeist längst überwunden zu haben. In
Ermangelung desselben wurde kein Herz traurig, als ich
wegging: keinerlei empty-net-syndrom. Nur möglichst
schnell weg vom Brotkorb. Mein Platz wurde in Abwesenheit
geplündert. Aufbau von Selbstwert und Selbstvertrauen -
echtes, authentisches Menschsein, ein Sein in
Menschenwürde - war mir an genanntem Ort zu allen Zeiten
unmöglich gemacht; einige konkret erinnerte und hiermit
verbürgte Schandzitate und Schandbegebenheiten sind wie
folgt:
"Mei is der Bua dumm!"; drohend stand er bei
der Frage "4×6 is?" vor mir und holte mit
seiner rechten Hand zur Ohrfeige aus; "Der steht ja
da wiara Fragezeichn"; bimsen; "do weads ja
zappndusta"; "Man kann alles erreichen, wenn
man nur will!"; "ja da siag i schwarz!";
glei fällt da Watschnbaum um!"; Du woast, was
g'schlong hod; "der is ja gwohnt, alloa zsein";
"Bua, mach koan soichan Buckl und hoit di
grod!"; "Bist hoid ea braktisch ois wia
deoredisch begabt."; "mach sofort as Licht
aus!"; "Macht nix wannst Mathe und Zeichna net
gscheid kannst, I hobs a ned kenna."; "Wiaso
machstn koan Einsavoateil?"; "Kernfaul!";
"Zum fürchten dumm!"; schallende Ohrfeige
wegen eines falschen Zugs auf dem Schachbrett;
"Stinkfaul!"; "Ja grad no!";
"Brust raus, Bauch rein!"; "Dea kriagt
oane auf's Dach!"; "Da hast fei mehra Glück
ghabt wia Vastand!"; "Du Zinsler!";
"Du Kamoppl"; "Da Blähublä";
"Jetz bist aba dran!"; "Du
schtinkelst!"; "Das Saustück!"; "Du
woast genau, was g'schlagn hat!"; "g'herad
windlweich prügelt"; "... nicht mit
Glacèhandschuhen anfassen!"; "hat Dreck am
Stecken"; "g'hearat mit Glasscherm
klistiert!"; "zum kotzen!"; "Du
Kotzbrocken!"; "Schtinkadoris!";
"Halt den Mund/Rand, - die Klappe, - dein Maul, hast
Du verstandn!"; Z'amgschtaucht g'herad a";
"Jetz reichts/langts aba!"; "Du schpinnst
ja vom Boa weg!"; vor dem Frühstück ohne
Vorwarnung eine schallende Watschn. Die Begründung
erfolgte erst 10 Minuten später: wegen angeblich
schlecht geführter Schulhefte (sie); "Wannst so
weidamax't, weast hoid blos Hoibkreisinschenör
(Halbkreisingenieur: Straßenkehrer)!"; "Stante
pede, jetz aba los los", "Sonst rutscht ma
d'Hand aus!"; "Ab mit Dia"; "So a
gscheada Rame"; Dia schlog i's Rame o";
"Sag, braugst a Bockfotzn, ha?"; "Ja dia
huif I glei, kimm nua glei hera da!"; "Bass
blos auf, susnt ruck ma zsamm!"; "Aufhören!
Furchtbar! Puh! Schluss jetz! Buh!" schallte es von
unten herauf, als ich zum wiederholten mal begeistert
meinen mühsam am Klavier eingeübten Totentanz von Franz
Liszt spielte; "Und wat sachte dann dea
Könich?"; "Du hast ja Flausen im Hirn!";
"Dir mach ich Hammelbeine!";
"unzuverlässiger Kumpan!"; "Hast' nich
alle Tassn im Schrank?"; "Der
Quadratschädel"; "Bist Du noch bei Trost / bei
Vastand?"; Dachschadn, ha?; da Gschwoischädl!;
"Dea siagt an Woid vo lauta Bam ned!";
"Weit gefehlt!"; "Du bist ja net gans
dicht!"; "übler Knochen"; "Du bist
da letzte Dregg!"; "der mit seine dregattn
Fiass!"; "Die Nulpe"; "Selten
dumm"; "Na ja, brauchbar --" (sein
absichtlich sehr spät geäusserter Kommentar nach einer
seiner Zwangsnachhilfemaßnahmen zu meinen verzweifelt
angestrengten Bemühungen, so gut wie mir möglich ins
Englische zu übersetzen); "Wir wollen doch nur Dein
Bestes!"; hoffnungsloser Fall; "Du
Quadratdepp"; "Kimmt dahea wia da letzte
Mohikana!"; "Kommt nicht in die Tüte!";
"Nun ja, wenn Du es wirklich wissen willst: eher
mittelprächtig --"; "Nervöser Pinkel";
"So ein domma Borsche!" (er verärgert einen
seiner ehemaligen Instruktoren rezitierend, wie dieser
seine Anstrengungen kommentierte, die im Malunterricht
gestellte Aufgabe - "Zeichnet ein springendes
Pferd!" - zu erfüllen); "Geh wisch ma do an
Oasch o" (eine von ihm bestens amüsiert erzählte
Begebenheit, als Kameraden seiner damaligen
Zufallsgemeinschaft ihren Instruktor verbal beleidigten);
"Höa endli auf mit dem Experimendian!";
"_ _ _ _ _" (sein gesamter
Kommunikationsbeitrag während meines einstündigen
Rücktransports nach 14 Tagen Krankenhausaufenthalt);
"A Indiana kennt koan Schmeaz." Schallende
Ohrfeige wegen eines falschen Zugs beim Schachspiel (er);
"Schluss, Aus, Basta, keine Diskussion!";
"Da bist Du falsch gewickelt!"; "da liegst
Du völlig daneben"; "Du Rotzleffe!";
"Dem g'hearad a Landla blosn!"; "Das geht
Dich doch nur einen Scheißdreck an, wie es mir
geht!" (seine Antwort auf meine Frage, wie er sich
fühle); "Kinda, mia miassn sparn!";
"nütze die Restwärme"; "Zwoa Blatt
Klobabia miassn fei gnua sei, gell!"; "Du
Faggi", "die Topsau!", "Kinda!"
entfuhr es ihm spontan, nachdem er bei einer Bergtour
sich verewigt hatte und sein Blick auf sein soeben
ausgepresstes Maturat fiel; "Du Knallkörper!";
"Hea auf zum zündln!"; "Da, mein Geschenk
für Dich" (von ihr ein nagelneuer, aber leerer
Geldbeutel zum Geburtstag. Beim darauffolgenden Jahrestag
erhielt ich erneut ein solches Geschenk - ebenfalls leer
-); bekam ein kleines Set Silberbesteck (eine viel zu
große Gabel, ein viel zu großer Esslöffel und die
Klinge eines Küchenmessers) drei mal
"geschenkt": das erste mal zur Geburt, das
zweite mal zur Kommunion und das dritte mal zur Hochzeit.
Das war tatsächlich möglich, weil die Utensilien die
ersten beiden Male einbehalten blieben; "schließe
die Augen, dann siehst Du, was Dein ist"; kein
Geschenk zum bestandenen Abitur; kein Geschenk zum
bestandenen Diplom; keine finanzielle Unterstützung bei
Pflichtexkursionen; keine finanzielle Unterstützung für
die Exkursion zu den ältesten Gesteinen der Erde; aber:
"Wir haben doch so viel in Euch investiert!";
Was kostet die Zitrone?" (sie zu ihrer
Schwiegertochter); "Du funktioniast und spuast ja so
guad, gell!"; "Du bist durch Nichts zu
ersetzen"; "Händ aus de Hosndaschn!";
"Hab Dich auf dem Kicker!"; "Los,
mitsingen!"; mit Daumen und Zeigefinger presste sie
meine Gesichtswangen mittels Zangengriff zusammen, hob
meinen Kopf an und sprach streng: "schau mit jetz
genau in die Augn", "Dir mach ich Beine!";
"Du gottbegnadetes Rindviech!"; Sätze auf
Englisch fehlerfrei nachsprechen; "I spring da glei
mim nackadn Oasch ins Gsicht!"; "net so vui
Zugga, sunst babbt da nacha da Hintan zua";
"... sonst wead I massiv!";
"Hodalump!"; "Da is ja da Hund
vareckt!"; "Oiso so a Bauandada, -trampl,
-fünfa"; "dea gherat an'd Wand gnaglt!";
"a Kind valian is wia wannst an Hundatmarkschein
valiast"; "Der hatte ja auch rote Haare."
(ihr Kommentar über eine mir gut bekannte Person, die am
Leben verzweifelte und sich selbst richtete); "ja
mei, hamms gsagt, wann oana ganga is, na machma hoid wida
oan"; "Schwamm drüba!"; "Hast'as fei
genau beinand!"; hunderte Male von ihr die Frage:
"Hast Du Deinen Ausweis dabei?" "Wannst
ned wuist, kannst ja gehn"; "Und wie man sich
bettet, so liegt man; es deckt einen keiner zu";
"Viel Feind, viel Ehr"; "Du Kind
Gottes"; "Du Narr in Christo!"; "Wia
kimmt nacha Kuascheiß aufs Dach?", "Du mit
Deinem heiligen Köapa!"; "Du bist ja total
vaklemmt!"; "Bist aufs Mei gfoin, ha?",
"I hab' das do g'sagt!"; "Da huift blos no
notschlachtn!"; "Solange Du Deine Füße unter
meinen Tisch stellst, kommt das nicht in Frage!";
"aba ordentlich!"; "Dea is ja beinand wia
a Backerl Kunsthonig", "Da Klügare gibt
nach!"; "Du bist doch viel zu emotional!";
"Du bist ja Wax in de Händ vo andare!";
"Keine Exberimente!"; "Wenn mia uns
streitn, nacha blos zwengs de Kinda!";
"Ga-ga-ga-ga!" (äffte eines seiner Kinder beim
Stottern nach); "Dumme Gans"; "faules
Stück!"; "Das faule Aas!"; "blöde
Kuh"; "faules Luder!"; "das
Miststück!"; "vo Bolidik verstehst Du nix, Du
Unpolitischa"; "Scheiß Schule!"; "da
eigschomne Gliedsatz hahaha!"; "I wead jetz
Mobile Reserve!", "Du bist do nua deshoib so
weit ghupft, weilst vorhea zwoa Schnitzl griagt
hast" (ihr Kommentar zu meiner erfolgreichen
Teilnahme am Gau-Kinder-Turnfest 1968); "Euch geht's
doch viel zu gut!" (sie); "Da fehlt's ja
weit!"; "Da spielt eine Bäänd!"
(eine seiner Lautsprecherdurchsagen im Schimpansium);
"Bass fei auf gell, beim Rückwäatsfahrn bassian de
allameistn Unfäll." und "Halt-halt-halt mein
schönes Benzin!" (er während seines
Zwangsnachhilfeunterrichts - erste Stunde - zusätzlich
zum Fahrschulunterricht, als ich bei abgestelltem Motor
mit dem rechten Fußballen das Gaspedal betätigte); Das
Erste, was Dich der Richter bei der Gerichtsverhandlung
nach Deinem Verkehrsunfall fragen wird, ist, "Herr
E., warum sind Sie nicht rechts gefahren?";
"Des Kilotrumm Hartwurscht kimmt fei a no nei
gell!" (sie beim Packen des Koffers für
14 Tage Englisch-Nachhilfekurs in London);
"antanzen" lassen (Antreten zur Zwangsnachhilfe
im Schulfach Englisch); "jetz bist morr!"; Abi;
"Sag, bist wieda besoffn?" (er); "Schaug,
dass d' weida kimmst!"; total vakopft; "Ja sag
was kochst'n da nacha ha?"; "Des war ja a
Schnellsiedekurs in Punkto Lebnserfahrung" (ihr
Kommentar anlässlich meines 30m-Absturzes - Sept. 1975 -
in der Alpspitze Nordwand, Wettersteingebirge); "Ja
gehst schon wida zua de Primitivlinge im Verein?";
"mei, is des a Gschwearl!"; "Ja mei, I
moan, des Dings hamma vahunagglt oda vaschustert oda
vakuhwedelt."; "A Aufklärung woidst ham? Ja
zwengs wos nacha ha? Unsa Hund hat des do a net braucht
Du Depp!"; "Oida Schnacksla!"; "Grad
gschwanzlt is"; "James Bond Goldfinger: a supa
Fuim!"; "Her mit den kleinen
Französinnen!" (er), "beim Frischhut gibt's
die Glühnudel!" (sie); "Höa sofoat auf mit
dera blädn Nega- und Bumsmusi!"; "Nachtigall
schläft" (sie); "geh sei do net sooo
pingelig!"; "Sag, warum bist Du so gut
gelaunt?" (er zu seiner Schwiegertochter); "Du
hast ja Minderwertigkeitskomplexe"; "Sprich
gefälligst lauter und deutlicher!"; "Wos,
Mobbing? Ja stell di do net so o, d' Kiah auf da Insl
Wörth mobbn si a an jedan Dog"; "Es gibt nix
Schlimmas ois an dumman Gstudierdn" (sie); Du hast
Di total varannt / völlig vafranst!"; "Ja jetz
weads aba Zeit!"; "sunst kimmst in
Schwulitätn!"; "A Mai wiara Schwert; red wiara
Maschinagwahr; "Trag net so lange Haar, sonst kriagn
d'Leut Angst voa Dia."; "Des woast fei gell,
dass ab sechsazwanzge kräftemassig bergab geht";
"Oiso i hätt ma nia so vui Mia gem (er über meine
Diplomarbeit); "Der ghört nausgschtampert!";
"Tritt ihm ins Kreuz!"; "Des wagglt ja
wiara Kuaschwanz!"; "Gülle ist
hundsgemein!"; "Fromarschdöbrie"; "A
oids Wei und a gußeisana Saudrog san ewige Werte";
"Dea braucht Feia untam Hintan!"; "Dem
ghört d'Meinung gstoßn!"; "nausgschprengt
gherat a!"; "Der is ja übastanti";
"g'schasst ghearad a"; "Eam schaugn o, da
Muhackl!"; "Ja hat's Dich?"; "Sag
braugst no irgend was?"; "Etwas Braunes"
(sein Kommentar zu meiner Jugendliebe); "Muast fei
aufbassn, dass Dei Zukünftige aus ana erbgsundn Familie
kimmt" (eine Forderung, der sie selbst nicht
genügte); "Du hast ja Händ so groß wia
Abortdeckl!"; "Verdammt!" (ihr Kommentar,
als sie erfuhr, dass eines Ihrer Abkömmlinge sich der
Scientology-Sekte angeschlossen hatte); "ab mit
Schaden!"; "Und wissts des a, dass dem a
Schweineherzklappn gem ham?" (ihr Kommentar während
des Hochzeitstag-Festmals über einen wegen
Herzinsuffizienz früh verstorbenen Kollegen);
"Weisst, ein Anrufer wollte soeben einen Herrn Dr.
Engelbrecht sprechen, aba da hab i gsagt, dass dea scho
lang dot is" (er); "Ja wia hoast a nacha glei
wiada, Stefan oda Hubert oda nacha vielleicht do Stefan,
ja mei, I woass oafach nimma" (er leugnete, den
Namen seines Ältesten zu kennen), "...bis
fünfasechzge muast fei arwan, gell!"; "Saffa
mechd' I" (seine ersten Worte, als er nach großer
Herzoperation aus Vollnarkose wieder erwachte); "Und
wanns zwanzg moi as Telephon leit, lasst`s as leitn, is
ja eh nua d`Tant Anni"; "..de hod vui Dreg
gschluggt", "die Esche hebt den Stadel";
"Helft nicht!"; "Na, d'Nanni braucht koa
Sozialvasicharung"; "Da Barras had no nia
gschod."; "Ja mechadst ebba moralisian,
ha?" (er zornig brüllend anlässlich meines
erregten Kommentars zu einem Bericht - im Lesebuch
Deutsch 12. Klasse - über die Bajonettierung jüdischer
Säuglinge durch die SS); "Des hoast net
Baader-Meinhof Gäng, sondan Baader-Meinhof Grup",
"De vom Totnkopfverband, des warn'd bestn.";
"Auschwitz war doch nua da anus mundi.";
"Kuaz und schmeazlos, ruckzuck, zack, aus!";
"Jawoll, hadda gsagt"; "Und dann samma
nacha nei nach Radom!"; (eine seiner sehr seltenen
Äusserungen über die NS-Zeit und seinen Polen-Einsatz
bei der Wehrmacht); "Jetz stellts Eich des amoi voa:
unsa Hund hat sei ganz Lebn lang imma des Gleiche
gfressn!"; "So was gherat doch im Seichhaferl
datränkt!" (er über seine Enkelin); "weißt
Du eigentlich schon, dass er sehr sehr sparsam ist und
stottert?" (sie über ihren Sohn zu ihrer
zukünftigen Schwiegatochta); "Bist ja net da gwen,
wiari verdeilt hob" (er); "...und des wead aufn
Pflichtteil ogrechnt" (er über den Voraus, den er
mir gewährte. Ich gab diesen Betrag freilich beim
Finanzamt an und war erstaunt, als es später hieß, der
Geber habe deshalb Probleme mit dieser Behörde
bekommen); "Na, des braucht's nimma, dass'D uns
huifst"; "Sag, willst Du brechen?";
"wea nix sagt, der griagt nix"
(selbstentwürdigendes Betteln, das sie liebend gerne
wegen ihres Sadismus vernommen hätte, war für mich
niemals Option); "Gibst Du es an?" (seine Frage
- ausnahmsweise auf Hochdeutsch gestellt - , ob ich einen
erneut in Aussicht gestellten Voraus beim Finanzamt
melde; eine Frage, die ich sofort bejahte. Freilich bekam
ich dann nichts mehr); "Mundus vult decipi";
"Schaug, des schenk i Da!" (zwei verfaulte
Äpfel), "Des Glump kannst vo miaraus ham"
(seine Antwort auf meine Frage, ob er mir den
gedrechselten Stuhl aus der Barockzeit - vormals Mitgift
seiner Mutter - schenkt, der in einem Geräteschuppen
entsorgt worden ist, nachdem er wegen unsachgemäßer
Handhabung in zwei Teile zerbrochen war; "Aba mia
ham uns doch blos gfrozzlt." (ihr Kommentar zu
der jahrzehntelang coram publico gelebten Streit-
und Anschreiehe); "Was für Hennen?";
"Mei, a so a gscheida Bua"; Gscheidhaferl;
"Ja wos, a Bublikazion wuist gschrim ham, ja wiavui
Goid hasdn nacha dafüa griagt ha?". "Seperate
Wahrnehmung!"; Vor einer seiner Autofahrten zum
Flughafen hatte ich wegen vorheriger Geschehnisse die
Idee, den Ölstand seines Fahrzeuges zu prüfen. So hielt
ich den vorher eingetauchten Ölstab ins Licht, um zu
sehen, ob sich die Marke im Toleranzbereich befand. Aber
ich konnte keine Marke erkennen. So dachte ich, dass ich
für die Messung den Ölstab wohl nicht tief genug
platziert hatte und wiederholte den Vorgang sorgfältig;
wieder mit demselben Ergebnis. Erst beim dritten
Messversuch verstand ich, dass der Motor trocken gefahren
war. Infolgedessen füllte ich die drei Liter Motoröl
nach. Er und die anderen beiden kamen schließlich hinzu.
Nachdem ich die Angelegenheit erklärt hatte, hieß es
dazu nur unisono lapidar: "Geh woast, des hez do goa
net braucht!".
Entsetzliche Worte und Handlungen von Unmenschen, die
sprachlos machten. Demütigende, menschen-, kultur-,
gemeinschaftsverachtende und -zerstörende Giftsätze und
-handlungen: permanente Grenzüberschreitungen, seelische
Dauervergewaltigung, Niedertracht pur, Gossensprache ewig
Gestriger, die vor der Öffentlichkeit ihre Belesenheit,
Fortschrittlichkeit und Intellektualität nur mimten.
Fake-Bildungsbürger, als die sie viele nur zu gerne
sahen. Hier sind sie wieder: Vertreter der
"wertvollen Stützen unserer Gesellschaft", wie
Otto Dix und Heinrich Mann sie so treffend
portraitierten. Solche Aggressoren kennen nur Zwang und
Gewalt in privater Kommunikation und als
Erziehungsmittel. Erst bin ich erschaffen und dann bis
aufs Blut gequält worden; so war das damals; ich war
ganz gewiss kein Kind wahrer und großer, ehrlicher und
echter Liebe, sondern nur Mittel zu profanem Zweck. Das
seelische Wohl Erziehungsbefohlener war hier nur von
nachgeordneter Bedeutung. Hier entstand wegen unsicherer
und desorganisierter Bindung keine sichere Basis für das
Leben (DIE ZEIT 54: 36 vom 20.12.2023).
Dieser verheerende und brutal dissoziale Einfluß hat die
Qualität meiner Umgangsformen und Verhaltensweisen
vorübergehend negativ beeinflusst; aber ich war nicht
komplett und irreversibel verrohbar, weil ich
alterozentriert bin: anderen zuhören und überlegen, ob
die vernommenen Feedbacks richtig sein könnten.
Gegen meinen Willen bekam ich in
unerträglich hoher Dosierung privaten
Nachhilfeunterricht in den Schulfächern Latein (7.-10.
Klasse) und Englisch (5.-12. Kl.) mittels rabenschwarzer
Pädagogik und Rotstifteinträgen in Endlosserie
verpasst. So folgte eine Jahr für Jahr wiederkehrende
Flut strenger und ungeduldiger, tadelnder Worte. Es war
immer zu wenig, was ich brachte. Diese Maßnahme bewirkte
zudem unfairerweise eine erzwungene Vorteilnahme
gegenüber den anderen der Gruppe. Auch das hat der
Entwicklung meiner Selbstsicherheit, Selbständigkeit,
Selbstwirksamkeit, Selbstverantwortlichkeit und meines
Selbstwertgefühls immens geschadet. Ausserdem bewirkte
dieser bis über jeden denkbaren pädagogischen
Schwachsinn hinaus getriebene Förderwahn wegen des damit
verbundenen externen Erwartungsdrucks und meiner damit
einhergehenden Versagensangst eine stetige
Verschlechterung meiner Leistungen. Keiner der
Verantwortlichen wollte mir jemals erklären, warum man
mir gar nichts zutraute und man mit meinen schulischen
Gesamtleistungen nie zufrieden war (siehe auch: SZ 29: 08
vom 05.02.2020). Ich hätte immer nur "Einsa"
schreiben sollen. Weil ich das aber nie hinkriegte, war
ich minderwertig, galt nichts, war nicht
"theoretisch begabt" und deshalb nur ein Mensch
niederer Klasse, also eher nur "praktisch
begabt". Keine Frage, dass hier auch die für
Kinder/Jugendliche so wichtigen Fixpunkte im Leben wie
Vertrautheit, Verlässlichkeit und die Verfügbarkeit
verständnisvoller und liebevoller Verantwortlicher nur
schwach bis nicht entwickelt waren (DIE ZEIT 21: 29 vom
08.05.2024
Die für all das Verantwortlichen haben ausserdem meine
gesetzlich garantierte Chancengleichheit absichtlich mit
Füßen getreten, weil sie mich nicht dauerhaft
unterwerfen und funktionalisieren konnten und sie bis
heute meinen, humanbiologische Reproduktion - "des
Kindamachn" - sei wertvoller als Kulturarbeit und
Wissenschaft. Ich hatte kaum Möglichkeiten, Selbstwert,
Selbstvertrauen, - -sicherheit, eine gesunde Identität:
das "Urvertrauen" - und faire verbale
Schlagfertigkeit zu entwickeln. Artikel 126-1
("Die Eltern haben .... die oberste Pflicht, ihre
Kinder zur .... seelischen Tüchtigkeit zu erziehen") der Bayerischen Verfassung blieb dauerhaft
unbeachtet. "Kinder und Jugendliche haben ein Recht
auf gewaltfreie Erziehung" (§1631/2 BGB). All das
blieb unterlassen. Zitat: "Schule kann nur
gelingen, wenn man optimistisch in die Schule geht."
(04.09.2020, Prof. Dr. Michael Piazolo, bayerischer
Staatsminister für Unterricht und Kultus).
Obendrein verletzte mich, dass in der
Anstalt die Mobber - die meisten von denen reüssierten
als angesehene Bürger - , für ihre über Jahre gegen
mich gerichteten Angriffe von den Autoritäten nie
gerecht bestraft wurden und dass letztere diese Quälerei
nicht unterbanden. Ich wollte doch nur, dass man mich
endlich in Ruhe und in Frieden lässt. Statt dessen wurde
ich immer wieder schwer provoziert und physisch,
psychisch sowie verbal verletzt. Mir blieb als
Jugendlicher damals nichts anderes als die körperliche
Selbstverteidigung zwecks Selbsterhaltung, was ich, wie
oben schon gesagt, als besonders demütigend,
niederdrückend und erniedrigend empfand. Mit der
ungerechten Straffreiheit für die Quäler wurde jedoch
ein fatales Signal an alle anderen dieser Anstalt
gesendet: dass man nämlich nichts zu befürchten hat,
wenn man mobbt. Hätte man rechtzeitig reagiert und
angemessen bestraft, wäre das Quälen an dieser Anstalt
eingeschränkt worden. Folglich ist Mobbing zum Nachteil
aller dort erlaubt worden.
Oft war es doch so, dass ich infolgedessen vor der Gruppe
sehr unsicher auftrat, stotterte, ich nur selten laut und
sicher sprechen konnte und bei geringsten Anlässen
errötete. Die Exposition beim freien Sprechen vor Allen
war mir unerträglich. Diese meine Schwächen waren allen
in der Gruppe bekannt; niemand versuchte, mir dabei zu
helfen, sie zu mindern; und schon gar nicht, sie zu
überwinden. Auch in anderen Fällen wurde in Anbetracht
günstiger Aussicht auf noch mehr eigenen Vorteil viel zu
oft nicht geholfen, indem man offensichtliche Schwächen
beließ oder sie mit entsprechendem Verhalten absichtlich
verstärkte.
Wie kann denn dann bei solcher Tatsachenlage Ihr
Verhältnis zu mir so sein, wie ich Sie ein paar Absätze
oberhalb wörtlich zitierte? Es darf doch nicht wahr
sein, dass Ihnen das alles egal war, was mir damals auch
in Ihrem Beisein angetan wurde. Oder hatten Sie das alles
nicht wahrgenommen? Waren Sie taub und blind? Das kann
nicht gewesen sein: die für mich unerträglichen und
beschämenden Raufereien und Pöbeleien, zu denen man
mich immer wieder provozierte, konnte niemand aus der
Gemeinschaft übersehen oder überhören. Spürten Sie
wenigstens ein einziges mal Mitleid? Wie gerne hätte ich
diese Hänseleien so bald wie möglich ein für allemal
friedlich beendet. Aber: die erdrückend große Mehrheit
duckte sich weg; viele genossen diese Szenen insgeheim;
niemand half.
Zu diesen sehr problematischen Erfahrungen, die das
normale Alltagserleben weit übertreffen, kam der von
nicht wenigen Autoritäten dieser Bildungseinrichtung
damals exerzierte und exekutierte ultra-autoritäre
Arbeits- und Kommunikationsstil, der im klaren Konflikt
zu Artikel 131-1 ("Die Schulen sollen nicht
nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und
Charakter bilden") der Bayerische Verfassung stand; allen - auch in seinem vorauseilenden Gehorsam
- weit voran preschend eine Fachkraft für Altsprachen:
ein wahrlich kerndeutscher Folterknecht ersten Ranges,
der das Klassenzimmer mit einem Kasernenhof verwechselte
und uns ein besonders hohes Arbeitspensum aufzwang,
grundlos extrem streng und hart bewertete, uns mit einer
Flut von Strafen quälte ("Kapitel 15 und 16
übersetzen!"; "Verweis!",
"Arrest!", Abrichte-Kommando (wie in einer
Hundeschule): "Alle Aufstehen! Alle Hinsetzen!
Aufstehen! Hinsetzen!....; Zitat: "Steh auf und
stelle Dich nun ganz aufrecht und frei in den Gang und
halte Dich nirgendwo fest, wenn Du ausgefragt
wirst."), uns jahrelang nach Gutdünken
überbestrafte, und uns mit zynisch-aggressiven
Bemerkungen ("Jedem das Seine.") erniedrigte
und ängstigte; dicht gefolgt von zwei Fachkräften für
die Sprache der Naturwissenschaft, deren Wortwahlen
gelegentlich ins Trivial-Ordinäre und/oder Sadistische
abstürzten. Hierzu einige verbürgte Zitate von Instruktoren dieser Art:
- zornig-brüllend: "I reiß Enk an Oasch bis
zum Gnack auf",
- unverschämt fordernd: "Nicht winseln sollt
Ihr, verdammt noch mal, sondern schneller rechnen!"
- hasserfüllt-bellend: "Im Ostn hätt' ma mit
Eich blos an kuazn Brozess gmacht: Zack, Rübe ab!",
- ganz ruhig, aber eindringlich: "Eine
Drahtschlinge um den Hals erzeugt einen dünnen blutigen
Einschnitt" (Beispiel zur Veranschaulichung
eines der physikalischen Gesetze der Mechanik: Größe
der Kraftwirkung einer Masse in einem Schwerefeld - der
Druck/Zug - ist indirekt proportional zur Größe seiner
Auflagefläche),
- streng-wissenschaftlich-sachlich: "Geschosse
mit Drall - der in Gewehrlaufrohren erzeugt wird -
können auf ihrer Flugbahn nicht mehr taumeln und
erzeugen so in den Zielkörpern Einschußlöcher, die man
als absolut sauber bezeichnen kann",
- zynisch-belehrend-besserwisserisch: "Wess'
Brot ich ess', dess' Lied ich sing!" (der auf
diese Art vorgetragene Satz brachte mich zur inneren
Weißglut),
- gleichgültig-gelangweilt: "A Guada hoids aus,
und um an Schlechtn is ned schod.".
Andere Lehrkräfte hielten da durchaus mit; einige
Beispiele:
- rassistisch: "Ja Kruzi-Negalein!",
- hochgiftig: "Schlechte Kindastube!".
- vollkommen sachlich nüchtern: "Pharaonen
konnten dank ihrer Machtvollkommenheit nach Gutdünken
über ihre Untergebenen verfügen". Diktiert
ins Geschichtsheft 7. Klasse.
- genervt: "Gerade noch, mit
achokrachoque." Lateinstunde 10. Klasse.
- belustigt: "reibt man die Hände aneinander,
entstehen braune Wuzerl und - natürlich - Wärme".
Zitiert aus der ersten Stunde Wärmelehre im Schulfach
Physik.
- spöttisch: "Schlechte Note? PePe:
Persönliches Pech!",
- höhnisch triumphierend über einen Schüler, den sie
draussen an der Tafel ausfragte und den sie nur für dumm
hielt: "Nun steig doch endlich mal herab von
Deiner langen Leitung!";
- herrisch-arrogant, von oben herab, schwer nötigend: "Lauter!;
sprich laut und deutlich, und zwar jetzt sofort - na
wirds bald?".
- hohntriefend-spöttisch, prallsatt ge- und erfüllt von
gottgegebener Überlegenheit, unendlich großer
Selbstherrlichkeit und -gerechtigkeit: "Es soll
doch da angeblich gewisse Gründe
geben!". Mit dieser perfiden Bemerkung zog ein
für den Religionsunterricht am Schimpansium
freigestellter Kaplan Gewissensgründe, die
Wehrdienstverweigerer damals vor Gericht verteidigen
mussten, genüsslich ins Lächerliche und kategorisierte
sie als verantwortungslose und feige Drückebergerei
sogenannter gefährlicher Linker, Spontis, Anarchos,
Bürgerschrecks und Alternativer.
Da vernahm ich sie erneut, die unerträglichen
Lautäusserungen/Schallsequenzen (Sprache kann man das
nicht mehr nennen) der Herren- und Unmenschen, von denen
damals zumindest einer, der ich leider nur zu gut kannte,
sich gegen geltendes Recht erdreistete, Kopfnüsse in den
Klassenzimmern zu verteilen: (auf diese Art entstand der
Pausenhof-Witz: "A kuaza Schlog aufn Hintakopf
föadat as Denkvamögn". Schulfriede,
definiert als Zustand der Konfliktfreiheit zur
Verwirklichung des staatlichen Bildungs- und
Erziehungsauftrags und in den selbstverständlich auch
Art und Qualität der Kommunikation zwischen Instruktoren
und Anstaltsinsassen miteinbezogen sind, war unter diesen
Bedingungen nicht gegeben. So hörte und
fühlte sich kerndeutsche Pädagogik mit Dampframme und
Vorschlaghammer an; seelische Rohrstockpädagogik; da ist
bewusst und ganz absichtsvoll alles vorhandene Saatgut
zertrampelt, zerquetscht, zerstampft, pulverisiert,
verbrannt und somit zernichtet worden. Und niemand
beschwerte sich darüber; auch nicht die Eltern der
betroffenen Erziehungsbefohlenen. Grobe und
seelenverletzende Kasernenhof-Pöbeleien Halbstarker und
geistesschlichter, schlecht gelaunter und aggressiver
Katastrophengestalten im ehemaligen, längst verdorrten
Land der Dichter und Denker. Die Erschaffung eines
solchen Milieus ließ Anstalts-/Schulzeit nachhaltig zum
mentalen Trauma geraten. So verhinderte man erfolgreich
und nachhaltig die Entstehung einer guten
Beziehungsqualität zwischen Schülern und ihren
Lehrbeauftragten. Auf diese Art entstanden virtuelle
Massengräber, randvoll mit verhinderten oder verlustig
gegangenen positiven sozialen und didaktischen
Interaktionen und mit gigantischen Massen schnell
vergessenen Lernstoffs, der wegen des negativen
Lernklimas nicht in den Langzeitgedächtnissen fixierbar
war. Da war bis zum zeitlichen Horizont nur mehr
Demütigungskultur zu erkennen, in der positive
Wissensvermittlung an Jugendliche und ihre rechtzeitige
Intellektualisierung für alle Zeiten garantiert
ausgeschlossen werden sollte. So erzeugt man garantiert TOTE KLASSEN (sensu
Tadeusz Kantor 1975). Das Resultat fasste eine Person aus
dem Betroffenenkreis mit der m. E. korrekten Feststellung
zusammen, dass "... wir doch alle einen Schlag
hätten". Für die Erzeugung dieses
bedauernswerten Zustandes bestand jedoch weder dringende
Notwendigkeit noch wichtiger Grund. Es geschah viel zu
selten, dass uns Mut gemacht wurde, dass wir unterstützt
wurden oder dass man uns für ein Thema begeistert hätte
(SZ 39: 36-42 vom 22.09.2022). Bedauernswert auch, dass
wir es nie zuwege brachten, uns gegen diese Sorte
schädlicher Pädagogen zusammenzuschließen und
wenigstens einmal mittels Widerstand uns zu wehren.
Wie seltsam und widersprüchlich, oft auf unzivilisierte,
autoritäre und gröbliche Art mit dem Holzhammer Kultur
vermittelt bekommen zu haben, die ja für Humanität,
Anstand, Rücksichtnahme, Wahrung der
Verhältnismäßigkeit, Friedlichkeit, Wohlwollen,
Empathie etc. steht.
Ähnliche, den sozialen Frieden, das humboldtsche
Bildungsideal, die Humanität und den Generationenvertrag
zerstörende, gewaltsam realisierte, todtraurige
Machtverhältnisse haben schon - unabhängig voneinander
- im Jahr 1905 Heinrich Mann in "Professor
Unrat" ("Sie sollen nicht denken!"
.... "Noch heute werde ich von Ihrer Tat dem
Herrn Direktor Anzeige erstatten, und was in meiner Macht
steht, soll - traun fürwahr - geschehen, damit die
Anstalt wenigstens von dem schlimmsten Abschaum der
menschlichen Gesellschaft befreit werde!") und
Ludwig Thoma in den "Lausbubengeschichten" (Der
Anstaltsdirektor: "Ruchloser Bube Du, wann wirst
Du uns endlich von Deiner Anwesenheit befreien?")
facettenreich und genial dargelegt. Siehe auch die
Beschreibung des prügelnden Präfekten im Klassenzimmer
einer Dubliner Schule (in: James Joyce 1916: A portrail
of the artist as a young man; New York, 299 Seiten). Es
ist eine todtraurige, wohl typisch deutsche
Angelegenheit, dass die zur Schriftsteller-Weltelite
zählenden Persönlichkeiten Heinrich und Thomas Mann
keine Schulabschlüsse erreichten; Frage an das
Bildungs-und Wissenschaftsministerium: vom Schulversager
zum Literaturnobelpreisträger: was ist nur geschehen im
Lande der Dichter und Denker? Auch dem späteren
Physiknobelpreisträger Wilhelm Conrad Röntgen
attestierte man in Zeugnissen nur mäßigen Fleiß und
verwies ihn später ohne Abschluß der Schule. Siehe auch
Hermann Hesse (1906): "Unterm Rad". bis
zur Quarta wurde geschlagen, in der Regel mit
einem Stock auf Handflächen und Hintern (Ernst Jünger
1973: Die Zwille). Theodor Lessing: "Einmal
und nie wieder ... Dieses humanistische deutsche
Gymnasium mit Patriotismus, Latein und Griechisch in den
Hauptfächern
, diese halb auf Ämterwettlauf und
Streberei, halb auf eine verlogene, deutschtümelnde
Phrasenhaftigkeit aufgebaute Menschenverdummungs- und
Menschenverachtungsanstalt war nicht nur ungeheuer
gewissenlos, sie war vor allem langweilig
Nichts, nichts könnte je gutmachen, was diese fünfzehn
Lebensjahre in mir zerstört haben....unbrauchbar".
Ganz ähnlich die Schul-Kommentare von K.
Tucholsky: "Schade um die verlorene Zeit.";
R. Walser: "...und Lehrer werden? Ich würde
lieber sterben." (Aus: Michael Skasa:
Sonntagsbeilage vom 18.09.2011); und A. Andersch 1978:
"Dumm ist er nicht, nur faul!" (In:
Der Vater eines Mörders, hrsg.1980); Karl Valentin:
"Sieben Jahre Prügel sind genug!" und
: "Wenn in einem Kübel nix drin ist, dann ist
er leer; ist noch weniger drin, dann ist er noch leerer,
mit h geschrieben ist er aber diese Sorte in Lehrer"
(H. Becke & G. Fette 2020: Karl Valentin
Bildersprache, S. 49); Bertolt Brecht: "Während
meines neunjährigen Eingewecktseins an einem Augsburger
Realgymnasium gelang es mir nicht, meine Lehrer
wesentlich zu fördern."; Udo Jürgens: "...
Der Lehrer hat uns knien lassen, wenn er den
"Spanischen" geholt hat ... Das war eine
Vorstufe der Folter." (SZ Magazin 36: 18 vom
28.08.2014). Personal mit mangelhaften bis ungenügenden
pädagogischen Eigenschaften war an diversen
Einrichtungen auch in der zweiten Hälfte des 20. Jhds.
präsent, wie in DIE ZEIT Nr. 4: 63-64 vom 21.01.2016 von
prominenten Schulversagern berichtet wird: "Die
Lehrerin hat mich ausgelacht" (Ahmet Toprak,
Professor für Erziehungswissenschaften); "Ich
quälte mich, von den Eltern angstvoll gestützt"
(Sabine Rückert, Chefredakteurin der ZEIT); "Schule
war eine nebelhafte Veranstaltung" (Thomas
Fischer, Bundesrichter); "Ich saß häufiger im
Wirtshaus als in der Schule" (Winfried
Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg);
"Es war ein glücklicher Zufall, dass ich in der
Schule nicht als talentiert galt" (Wolfgang
Tillmans, Fotograph und Künstler); "Ich würde
gerne die Beleidigungen meines Physiklehrers vergessen.
.... Entschuldigen müssen sich bei mir die
unverbesserlichen Nazis, die versuchten, uns mit
Schwarzer Pädagogik zu Untertanen zu erziehen"
(Konstantin Wecker, in: SZ 143: 20 vom 24.06.2019);
"Lernen ist eine unterschätzte Freude; leider
wird sie einem meist verleidet." (Denis Scheck,
Literaturredakteur beim Deutschlandfunk; in: SZ 119: 20
vom 25.05.2020). "...noch schwerer als die
Kopfnüsse wogen die Verbalinjurien. Es treib mich auch
nach 42 Jahren noch um, wie ein Lehrer damals damit
durchgekommen ist." (A. Smoltczyk in: DER
SPIEGEL 47: 56 vom 16.11.2019); "entschuldigen
muß sich bei mir der Geistliche meines Internats, der
mir wiederholt Verfehlungen andichtete, um mich mit
Stichen einer großen Sicherheitsnadel in den Hintern zu
bestrafen" (Uli Edel in SZ 149: 20 vom
01.07.2019). "Der grobschlächtige Oberpräzeptor
brüllte uns immer an: "Ihr teuflischen
Geisteskrüppel!". Er schlug haltlos auf uns
ein, und mich nahm er sich dabei besonders gerne
vor." (Chefredakteur Theo Sommer in DIE ZEIT 25: 07
vom 10.06.2020). "Schule müsste näher am
Alltag sein und an den psychischen Herausforderungen, die
wir zu meistern haben. Die eigene Persönlichkeit zu
entwickeln und zu bilden, müsste viel mehr im
Vordergrund stehen. Und wenn jeder da abgeholt würde, wo
er steht, würde das Lernen leichter fallen"
(Nelson Müller, Sterne-Koch und Gastronom, in: SZ 141:
20 vom 22.06.2020). "Die endlose, traumatische
Langeweile." Anne Haug, Schauspielerin (SZ 188:
20 vom 17.08.2020). "...Der war ein als
Pädagoge verkleideter Vollpfosten: ...ein kleiner,
verbissener, überstrenger, sadistischer Mathematiklehrer"
(Florian Hinterberger, ehem. Sportchef beim TSV 1860
München. In: SZ 196: R4 vom 26.08.2020). Der
Mathematiklehrer zur Schülerin Katharina: "Es
ist besser, wenn Du im Kaufhaus Schramm Unterhosen
stapelst." (SZ 200: 29 vom 31.08.2020). "Noten
sind geeignet, klein zu machen, selten groß. Und sie
bestärken die Streberseele.... Schule müsste auf
individuelle Stärken eingehen, Großzügigkeit lehren,
Kreativität fördern und auch die Tugend des
Ungehorsams. Was vermutlich dem schulischen Gedanken
widerspricht" (Carmen Korn, SZ 229: 19 vom
05.10.2020). Noch im Jahr 1980 schreckte man vor
übelster Verfluchung nicht zurück: "Ich
wünsche Ihnen, dass Sie in Ihrem späteren Leben einmal
scheitern werden. Leute wie Sie brauchen wir nicht."
(SZ 283: 23 vom 07.12.2020. Friedrich Dürrenmatt: "Das
Kindergefängnis, das wir Schule nennen, brachte mich
nach und nach zur Strecke. Sie war für mich etwas
Entsetzliches, dieses Gehorchen-Müssen habe ich als
fortwährende Bedrückung empfunden. Daraus ist dann auch
das Motiv der Rache entstanden. Die ersten,
unreflektierte Form der Rebellion ist ja die Rache. Man
will sich für etwas rächen, was einem in der Kindheit
angetan wurde." (SZ Magazin 50: 30-45 vom
11.12.2020). Gesine Schwan: ".... Beschämung
von Freundinnen und Freunden, die an der Tafel von
Lehrern vorgeführt wurden, v. a. in Mathe. ... Noten
sind etwas, das die meisten Schülerinnen und Schüler
unglücklich macht. Schlechte Noten helfen in der Regel
nicht, zu verstehen, was man besser machen könnte."
(in SZ 62: 30 vom 16.03.2021). Erwin Kostedde (Stürmer
bei Kickers Offenbach): "Dort in der Schule gab
es einen fürchterlichen Lehrer. Der hat mich
drangsaliert und verspottet." (SZ Magazin 12:
19-20 vom 18.03.2021). Buchautor Wolfgang Schorlau:
"Ich verließ die Schule ... in dem sicheren
Bewusstsein, dass ich einfach total dumm bin .... Schule
müsste sich grundlegend ändern: Kinder ernst nehmen,
ihr Selbstbewusstsein stärken und Spaß machen (SZ
133: 21 vom 14.06.2021). Günter Jauch
(Fernsehmoderator): "Gepflegte Langeweile ...
der eine Typ war der autoritäre Polterer, den die
Nazizeit übrig gelassen hatte. Der versuchte alles nach
dem Zucht-und-Ordnung-Prinzip durchzusetzen. Der andere
war das antiautoritäre Weichei, das sich jede
Disziplinlosigkeit gefallen ließ." (Die Zeit
Nr. 02: 37 vom 05.01.2022). Marie-Agnes
Strack-Zimmermann: "Der Lehrer sagte: Mädchen,
die pfeifen, und Hühnern, die krähen, sollte man
beizeiten den Hals umdrehen." (DIE ZEIT 32: 39
vom 04.08.2022). Lena Meyer-Landrut: Ich fand das
System Schule damals ätzend und habe es innerlich
boykottiert... Ich habe die Schule nur durchgezogen, weil
ich es musste und einen Abschluß haben wollte"
(SZ 58: 10 vom 10.03.2023). Jan Bonny: "An der
einen oder anderen Lehrkraft konnte man die Gaben für
Opportunismus und Duckmäusertum studieren".-
SZ 125: 11 vom 03.06.2024. Ayse Semiz-Ewald
(Diversitätsmanagerin einer großen Firma): Der Lehrer
meinte: "Du brauchst Dir keine Mühe zu geben,
Du schaffst das Abitur eh nicht."- SZ 196: 13
vom 26.08.2024.
Obwohl hier schon Anfang des 20. Jahrhunderts von
Philosophen und Schriftstellern die Bildungsmisere
perfekt analysiert und laut auf sie aufmerksam gemacht
wurde, sind diese besonders wertvollen System-Diagnosen
von den Entscheidungsträgern in der Erziehungs- und
Bildungseinrichtung zum Schaden aller - betreffend ihren
kulturellen und sozialen Status und ihre seelische
Gesundheit - anscheinend bis heute nicht wirklich ernst
genommen worden. So ein System führt zu keiner wahren
Humanisierung und echten Intellektualisierung der
Gesellschaft, sondern nur in Richtung Talibanisierung.
Jede Gesellschaft bekommt eben ganz genau die
Entscheidungsträger und Multiplikatoren serviert, die
sie verdient. Wissensvermittlung und freudiges
selbständiges Lernen kann nur in einem positiv
gestimmten Umfeld gelingen; vollzieht sich Pädagogik
jedoch in einem negativ gestimmtem Umfeld, gelingt Lernen
viel schwerer und die Wahrscheinlichkeit für die
Entstehung von Bildungs- und Schulverweigerern erhöht
sich. Es gibt sie immer noch: Schulleiter, die ein Klima
der Angst und Einschüchterung erzeugen und ihr Verhalten
leugnen, wenn es zur Sprache gebracht wird (SZ 189: 06
vom 18.08.2020). "Lehrer, die keine Fehler
zugeben, sind die schlimmsten.....Das Feuer der Jugend
darf man nicht löschen" (Stud. Dir. und
Schriftsteller Ewald Arenz in DER SPIEGEL 07: 54-57 vom
11.02.2023). "Immer mehr Leute haben die Nase
voll von der Abfertigungsmentalität, der
nicht-individuellen Behandlung ihrer Kinder und letztlich
nicht nachhaltigen Lernqualität an Schulen....Ich wollte
kein autoritärer Lehrer sein, wie ich es selbst in den
60er Jahren erleiden musste....Ich bin Lehrer, weil ich
Schüler habe, die mir am Herzen liegen, nicht weil ich
Lerninhalte durchpauken muss....Es gibt nur einen Weg,
Kinder zu motivieren: das ist die eigene Begeisterung,
die ansteckend wirkt....Ich habe die Noten nicht
verwendet, um Schüler kleinzumachen....Es geht immer
darum, Selbstwertgefühl zu fördern...Dann werden die
Schüler sich selbst etwas aneignen, nicht indem ihnen
etwas beigebracht wird....Selbst lernen ist nachhaltig".
(Dieter Bachmann in SZ 77: 46 vom 01.-02.04.2023).
Es wäre der bessere Weg gewesen,
einige Dogmen der Pädagogik aufzugeben: lebendiges
Lehren und Lernen (Ruth Cohn) zu ermöglichen und die
Schwarze Pädagogik für alle Zeiten letzter Klasse zu
begraben und sich bei allen Geschädigten in aller Form
zu entschuldigen. Siehe auch: Oliver Hauschke (2019):
Schafft die(se) Schule ab. mvg Verlag.
Am Entsetzlichsten empfand ich aber die immer
wiederkehrenden und hochnotpeinlichen Erzählungen über
den letzten Weg von Gottes Sohn, die - neben anderen -
Kaplan Günter M., eine "Fachkraft" der
Anstalt, mit unverkennbarem Genuß wie folgt darbot: "...
und dann erfolgte die zweite Geißelung am Kreuz; das war
pikant!". Mehr.
Und da geschah noch folgendes beim Musikunterricht für
Jugendliche aus dem angeblich gehobenem
Bildungsbürgertum: Während in dem Schulzimmer die
andere Person mit dem Musiklehrer am Klavier übte, sah
ich ein Heftchen, ausgelegt auf einem in der Nähe
befindlichen Stuhl. Als ich darin blätterte, sprang
Grauenhaftes in meine Augen: in Form von
Schwarz-Weiß-Skizzen, in denen die Folterung gefesselter
nackter Menschen auf seltsam ästhetische Art dargestellt
war. Zudem merkte ich, dass beim Blättern darin der
eiskalte und ruhige Blick des schräg zum Klavier
sitzenden Musikpädagogen dabei beständig auf mir ruhte:
mich förmlich durchbohrte. Verwirrt und verunsichert
legte ich schließlich das Heftchen zurück. Was wollte
er damit bezwecken? Kein Wort wurde anschließend
darüber gesprochen; wie seltsam. Klar, dass ich auch
deshalb wenige Monate später auf einen Unterricht mit
dergestaltigem Beiwerk verzichtete. Ich hatte kein
Vertrauen mehr in einen Musikpädagogen dieser speziellen
Art.
Friedlich und empfindsam wie ich eben war, haben auch
diese großen seelischen Stressoren meine intellektuelle
und seelische Entwicklung erheblich verzögert, aber
nicht verhindern können. Freilich musste sich keiner der
Verbalsadisten aus der Anstalt jemals für seine
Verbalinjurien in Straf- und Disziplinarverfahren
verantworten; freilich hat sich keiner dieser
Verbal-Berserker jemals selbst vor den Gekränkten,
Beschämten und Verängstigten entschuldigt. Kann man das
wirklich so belassen und weitermachen, als sei nichts
geschehen und alles gut so? Geht man wirklich so mit
jungen und hoffnungsvollen Menschen um? Was war es denn
anderes als ganz absichtlich angewandter Terror und
Bloßstellen, als der Mathematiklehrer in der 7. Klasse
die korrigierte und bewertete Schulaufgabe nicht
alphabetisch, sondern notensortiert herausgab: die
schlechteste Arbeit zuerst, die beste zuletzt. Somit war
für alle öffentlich zu erkennen, wer welche Bewertung
erhalten hatte. Zunächst herrschte peinlich gespannte
Stille und atemloses, versuchsweise angestrengtes
Wegsehen, leises Schluchzen, dann, mit den besseren
Noten, wurde es immer lauter, fröhlicher und zum Schluß
war nur mehr enthemmtes Jubel- und Freudengeschrei der
Besten über die Schlechteren und beide zusammen über
die Schlechtesten. Ich war damals einer von denen, die
ihre Arbeit sehr früh zurückbekamen; Mengenlehre, die
von einem solchen Mathematiker vermittelt wurde, war für
mich damals ziemlich unverständlich.
Wie sehr sehnte ich mich, ohne dies damals klar verstehen
und artikulieren zu können, nach wahren und echten
Autoritäten, denen ihre Bildungsarbeit mit Jugendlichen
ehrliche Freude bereitete, die gerne mit jungen Menschen
zusammen waren, vor denen man keine Angst zu haben
brauchte und die man deshalb nie hassen lernte. Mit der
radikal ehrlichen Realisierung folgender Einstellung
wäre vieles besser gelaufen: "Lehrer sind die
wichtigsten Menschen der Welt. Sie halten die Zukunft in
Händen. Wir müssen die Lehrer sorgfältig auswählen.
Wir müssen sie gut bezahlen. Das Lehren darf nicht nur
aus Inhalten bestehen. Lehrer müssen auch Vorbilder
sein. Und wer als Lehrer nichts taugt, darf nicht
unterrichten.": Nobelpreisträger Dan
Shechtman, Entdecker der Quasikristalle; in: SZ 153: 16
vom 05.07.2016. Aber weil diese Anforderungen an Lehrende
damals wie heute im längst verdorrten Lande der Dichter
und Denker irrelevant geblieben sind und nie realisiert
wurden, kam es, dass neben vielen anderen auch ich wegen
oben genannten verheerenden Einflüssen seelisch und
kommunikativ regredierte. Es ist doch so: Schlechter,
rücksichtslos eintöniger und langweiliger Unterricht
erzeugt geistige und psychologische Barrieren gegenüber
essentiellen Fach- und Wissensbereichen (SZ 290: 23 vom
16.12.2019; dasselbe gilt freilich, wenn Schüler
überfordert werden.
Schüler kämpfen an zwei Fronten: an
der einen, um den "Stoff", der ihnen
rücksichtslos um die Ohren gepfeffert wird, verstehen
und anwenden zu können. Die andere Front besteht in der
Leistungskonkurrenz, besser sein zu wollen/sollen/müssen
als die anderen und in der entstandenen Hierarchieleiter
möglichst weit hinauf zu klimmen. Diese Art Konkurrenz
mag zwar gut sein, um Schüler noch mehr zum Lernen
anzutreiben, aber sie ist nicht gut für den
freundschaftlichen Zusammenhalt. So meine ich, dass
Leistungskonkurrenz ein leises, aber hochwirksames Gift
ist, das Zusammenhalt und Solidarität unter den
Schülern zersetzt, zugunsten der Macht der Instruktoren.
Wäre es von da her gesehen nicht besser, wenn man,
ausser vielleicht beim Sport, das
Leistungskonkurrenzverhalten ad acta legen würde und man
nur mehr um des Lernens und Begreifens Willen die Anstalt
besucht, und nicht deshalb, um besser/intelligenter sein
zu wollen als andere? Das wäre dann echtes Lernen für
das Leben und gut für mehr freundschaftliche
Verhältnisse unter den Schülern; dann wären alle auf
gleicher Augenhöhe und würden sich auch eher
gegenseitig helfen, den "Stoff" zu begreifen:
weil es keine toxische, den sozialen Zusammenhalt
auflösende Leistungskonkurrenz mehr gäbe. Und die
Instruktoren bekämen es mit einer gestärkten
Klassengemeinschaft zu tun. Also: hinweg mit der
Strebabatzerei!
Aus dem Grund konnte auch kein übergeordneter
humanitärer Zusammenhalt innerhalb der Klasse entstehen,
der bewirkt hätte, dass man in Not hätte Hilfe bekommen
können. Dieses Defizit war auch ein Grund, warum Sibylle
K. so früh sterben musste. Wir haben Schuld auf uns
geladen.
Zu oft erhielt ich den deutlichen
Eindruck, dass die Jugend für zu viele Erwachsene nichts
anderes war als überflüssig; zudem lästiger, dummer
und blöder, gefährlicher Balast und unangenehmste
Mühsal, wofür nichts Dringenderes erforderlich war als
rasche Distanzierung und effiziente, billigste Entsorgung
nach qualvoller Erfüllung lästigster Erziehungs- und
Ausbildungspflicht. Zu selten - eigentlich nur auf dem
Sportplatz und in der Turnhalle - erlebte ich, dass
Erwachsene sich an der Jugend erfreuten, sie
wertschätzten, förderten, mit ihnen Geduld hatten und
sie willkommen hießen.
Sie fragten nach dem " ...Part, den
ich in Deinem Leben gespielt habe". Hier ist er: ich bewunderte damals Ihr
souveränes Auftreten, Ihre Selbstsicherheit und Ihr
Selbstvertrauen. An diese Fähigkeiten, die Ihnen damals
das Vertrauen vieler brachten, wäre ich gerne auch nur
ein kleines bißchen herangekommen. Sie waren in dieser
Hinsicht damals für mich ein unerreichbares Vorbild und
ich fühlte mich Ihnen gegenüber als der viel
Schwächere.
Sie waren damals für viele der Gruppe
Vertrauensperson und hatten wahrlich etws zu sagen; Ihr
Wort hatte Gewicht. Aber warum nur machten Sie damals
Ihren großen Einfluß nicht wenigstens ein einziges mal
ausnahmsweise auch zu meinen Gunsten geltend, indem Sie
mich weiterhin im Mobbing-Regen und der Isolation stehen
ließen? Warum wiesen Sie die Mobber nie in ihre
Schranken? Warum halfen - wie alle anderen - auch Sie mir
nicht? "Es gibt nur ein redliches Mittel,
Verfolgte vor Verfolgung zu schützen: indem man sich
neben sie stellt!" (Emile Zola). Dies ist aber
über all die Jahre nie geschehen.
Als ein von seinen Anlagen her sehr
geselliger Mensch bin ich damals von dieser Gemeinschaft
und anderen Gruppierungen, in denen ich mich ohne
dauerhaften Erfolg zu etablieren versuchte, wider Willen
immer mehr in die Außenseiterposition gedrängt und nach
dem Abgang fallen und alleine gelassen - sich selbst
überlassen - worden. Wesentlich dazu beigetragen hat
zudem folgendes: Ende der siebziger Jahre des vergangenen
Jahrhunderts bin ich zur selben Uhrzeit, am selben Tag
und im selben Jahr in dieselbe staatliche
Bildung-Einrichtung geschickt worden, in der auch ein
naher Verwandter von mir zu arbeiten begann. Ich bin in
diese gesetzeswidrige, aber leider von allen
Verantwortlichen geduldete Situation einfach
hineingezwängt und nie ohne Druck oder Suggestion
gefragt worden, ob mir das recht war (freilich wollte ich
in die Anstalt der höheren Bildung, aber nicht unter
diesen Bedingungen). Noch weniger habe ich zu
verantworten, dass in den sich scheinbar endlos dehnenden
Jahren bis zur Entlassung aus dieser Einrichtung dieser
nahe Verwandte regelmäßig vor der Parallelgruppe Dienst
tat und sie mit seiner hochspezialisierten
"Schwarzen Pädagogik" besonders delektierte.
Durch die unerträglich peinliche und höchstgradig
problematische Einflußnahme dieser Person wurde der für
alle geltende Gleichheitsstatus einer das normale Maß
übersteigenden Belastungsprobe ausgesetzt, an der die
Gruppensolidarität zerbrach. Ich hörte mehrmals, wie
man mir Vorteilnahme unterstellte. Auch deshalb begann
man mich zu mobben und zum Sündenbock zu machen. Und im
Laufe der Zeit wurden immer bessere und wirksamere
Methoden erfunden und angewandt, um mich in den
"Zweckgemeinschaften" weiter zu mobben, zum
Sonderling zu machen und kalt und schleichend
hinauszudrücken.
So fühlte ich mich fremd in der Gruppe und fand - bis
auf wenige Ausnahmen - aus der Rolle des immer öfter aus
den Gemeinschaften Ausgegrenzten nicht mehr heraus. Es
leuchtet ein, dass diese Gruppensituation meiner eigenen
geselligen und freundlichen Natur damals sehr abträglich
war: wachsende Befangenheit, Unsicherheit, Bedrücktheit
und Entmutigung verstärkten meinen Regress. In Kursen,
bei denen Teilnehmer aus beiden Parallelgruppen zugegen
waren, konnte ich mich noch weniger oder gar nicht
äussern.
Diese Entwicklung war mir gar nicht recht und ich hatte
damals bereits große Angst, weil ich nicht verstand,
warum man mich entweder durch Nichtinformation oder durch
Abweisen immer wieder draußen vor der Türe ließ.
Trotzdem lief ich vermeintlichen Freunden die Türen ein,
ließ nicht locker, drängte mich - mich selbst durch
dieses Verhalten beschämend - auf. Es nützte nichts und
letztendlich stand ich immer wieder im Abseits.
Beispiele:
- "Du lachst umsonst";
"Raus mit Dir, geschlossene Gesellschaft!",
spottete und schimpfte man, als ich in einer Kneipe
Gesellschaft suchte;
- "Alle .... san eggat"; sagte mir Sportlehrer
K.;
- "Ich habe Dich vor der Uni gestern gesehen - Du
warst ganz alleine!". Es war ein vermeintlich guter
alter Bekannter und ehemaliger Schüler meines nahen
Verwandten, der mir diese Grobheit grundlos und
unvermittelt an den Kopf warf. Jahre vorher erzählte er
mir, dass er nun abends seinem Vater bei der Bewältigung
des zu groß bemessenen Schicht-Tagessolls in einer
Fabrik helfen müsse. Auf das hin erwog ich ernsthaft, ob
ich da nicht mithelfen solle; verwarf dann aber den
Gedanken, weil ich wusste, dass anderen dies nicht passen
würde und ich Ärger bekäme.
- "Man kann Dich so gut ausnutzen!", sagte man
mir vollkommen unverblümt in einem Verein; trotzdem
engagierte ich mich dort noch eine Zeitlang. Mein Motiv
damals war, anderen eine Gelegeneheit zu geben, in die
Berge zu kommen und nicht zu Hause sich zu langweilen;
- Sie durchlitt einen episodischen Mitleidsanfall. So kam
es, dass E. in der Kneipe ein Gnadenweißbier zusammen
mit mir trank. Danach ließ sie das leere Glas und mich
stehen.
- "Heda, Oida Kämpfa!";
- "Mei hast Du an hoassn Oasch!", sagte mir der
F. vom Verein, als er am Wirtshaustisch meinen Platz
einnahm;
- "I' werd' jetz' auch Lehrer, mit Doppel-e!";
- "Zeige Deine Wunde!" (verhöhnte mich coram
publico ein Erzmineralogie-Professor anlässlich einer
Zwischenprüfung);
- "Sind Sie fleißig, Herr Engelbrecht?",
mobbte mich ein Mineralogie-Professor;
- "Das überlassen wir doch am besten dem Zufall,
wann wir uns wiedersehen", beschied mir B.;
- "Na, voll drin?", schrie man mir bei einer
Studenten-Fete höhnisch über den Biertisch zu;
- "Jetzt wird es aber höchste Zeit, dass Sie mal in
einen Puff gehen und dort endlich Erfahrug
sammeln.", meinte ein Erzmineralogie-Professor
genüßlich coram publico während einer großen
Exkursion;
- W. ließ eine von mir rasch auf einem Stück Papier
gefertigte geologische Skizze, für deren Datengrundlage
ich Monate im Gelände geschwitzt habe, vor meinen Augen
kommentarlos in den Papierkorb segeln;
- "Mia schmeißn Di scho naus!";
- "Sie mit Ihren soft facts, Sie Langweiler! Viel
lieber ist mir der hard sex!", verhöhnte mich ein
Erzmineralogie-Professor in seinem Arbeitszimmer im
Verlauf einer Diskussion, die ich erfolglos auf
wissenschaftlichem Niveau zu halten versuchte.
Ich bin sowohl von Individuen als auch von Gruppen
zunächst zur Beute deklariert und dann von ihnen
wegverdaut worden. Die Anzahl meiner Kränkungs-,
Entwertungs-, Frustrations-, Niedertrachts- und
Mißachtungserfahrungen sind Legion. "Worte - und
Gesten (Ergänzung durch den Verfasser) - können
schwerer verletzen als Taten" (Prof. J. Goodall);
"Sprache kann ... töten" (Herta Müller 2012);
"Sprache kann zur Gewalt verleiten" (Prof. S.
Benesh in DER SPIEGEL 47: 42-45 vom 17.11.2018). Anna
Ermakova (2024): "Ich kenne die Wirkung von
Worten." Hier schreibt jemand, von dem die Mehrheit
der Gesellschaft beschlossen hat, ihn auszustoßen.
Ausbrüche spontaner Freude über mein
Dasein, wie sie am 17.05.2019 ("Die schönste
Haartracht des Tages!") ein Migrant äusserte,
hatten extremen Seltenheitswert.
Es ist wahr: auch mit Worten kann man
ermordet werden: "Spring doch!". "Lass
Dich nicht aufhalten." Bei so viel Gegenwind, den
ich garantiert nicht selbst erzeugt habe, kann kein Ur-
oder Weltvertrauen entstehen. Wie gerne wäre ich damals
mit dabeigewesen; mit echten Freunden zusammen gewesen!
Das, wonach ich am meisten strebte - nämlich
Geborgenheit in Gemeinschaften und damit bestätigte
gesellschaftliche Akzeptanz -, blieben mir damals ohne
erklärbaren Grund verwehrt. Immer deutlicher merkte ich,
wie der Boden unter mir dünner wurde, aufzubrechen
begann und einen eiskalten und tiefschwarzen Angstozean
darunter freigab, in dem ein Ausgesetzter und
Verstoßener zu ertrinken begann.
Es geschah an einem Sonntag im
Ferienmonat August, als ich meinen Ängsten nicht mehr
standhalten konnte und ich einen kompletten
Nervenzusammenbruch erlitt: jeden Moment meinte ich, mein
Herz müsse stehenbleiben oder der Schlag würde mich
treffen oder ich müsse ersticken. Es war die Zeit, in
der ich dachte, meine Ziele nicht mehr erreichen zu
können, weil ich auf dem Weg dorthin zusammenbreche,
liegenbleibe und an Schwäche sterbe. Ich traute mich
nicht mehr alleine über die Straße, ohne von meiner
damaligen Lebensgefährtin gehalten zu werden, denn ich
hatte Angst, beim nächsten Schritt vor Schwäche tot
zusammenzubrechen. Und immer wieder drängten die
Gespenster-Gedanken vom Lebensende herein: es wäre doch
eine Erlösung, nicht mehr zu zögern und mir doch nun
endlich selbst den Gnadentod zu gönnen, um mir selbst
und anderen nicht mehr zur Last zu fallen.
Ich litt unter schweren Albträumen. Beispiel: Alleine
gehe ich über einen schönen grünen Bergsattel hinüber
zu den Steinernen Almhütten. Alles ist ruhig und
friedlich dort und die Sonne scheint warm; es ist
windstill und mild. Aber ich gehe seltsam langsam und ein
wenig beschwerlich. Trotzdem komme ich gut voran und
nähere mich den Hütten. Dort wird aber der sanfte
Wiesengrund felsig und aus Richtung der massiven
Mauersteine der Hütten fegt eiskalter Wind heran.
Niemand ist dort; alles ist still, tot und leer; wie in
einem Vakuum; trostlose Verlassenheit und Verlorenheit;
hier war schon lange kein Mensch mehr. Dann sehe ich,
dass die Almhütten innen drinnen mit blankem Eis
erfüllt sind. Das Gehen fällt mir immer schwerer und
als ich an mir hinab blicke, sehe ich, dass meine Füße
fehlen und ich nur auf den Beinstümpfen stehe. Weiter
oben an mir bemerke ich, dass das Hemd zerfetzt und mein
Oberkörper weit aufgerissen ist. Trotzdem gehe ich
wortlos und zäh meinen Weg weiter, an den Hütten
vorbei, immer hinauf.
Ich müßte einen neuen Begriff kreieren, der dieses
verheerende Gefühlsgemisch aus grenzenloser
Verlassenheit, Hoffnungs- und Hilflosigkeit, Schwäche,
Frustration, Trauer, Verzweiflung und allgegenwärtiger
Panik am besten trifft. Stellen Sie sich die Bilder
Edvard Munchs Der Schrei oder Caspar David
Friedrichs Das Eismeer oder die verunglückte
Hoffnung vor; oder lesen Sie Georg Heyms Jonathan;
oder denken Sie an die letzten Sekunden der in den
Fenstern des ehemaligen New Yorker WTC auf Rettung
Wartenden vor, als in der steigenden Gluthitze der Boden
nachgab und sie brennend in das wirbelnde Staub- und
Trümmerchaos zu stürzen begannen; oder stellen Sie sich
die Polarforschergruppe vor, die gerade den zugefrorenen
Fjord querte und seine Mitte erreicht hatte, als
landwärts ein Orkan losbrach, der die Eisdecke des
Fjords in einzelnen Schollen zerbrach und diese rasch
hinaustrieb in die endlosen schwarzen Weiten des
eiskalten zirkumantarktischen Ozeans: so wird für Sie
vielleicht besser verständlich, was dieser noch zu
erfindende Begriff ausdrücken soll. Wissen Sie einen?
Sicher nicht!
Diese Grenzerfahrung, dieses "im
Angesicht des psychischen und sozialen Todes seiens"
war bei weitem der tiefste Einschnitt, den ich bisher
erlebt habe. Gleichzeitig war dieses Ereignis aber auch
Gelegenheit zur Neuorientierung: eine Chance zum
Neustart, die ich bestmöglichst zu nutzen wusste. Wie
schön und beruhigend ist es, großteils aus eigener
Kraft einen neuen, viel freundlicheren und freieren
Lebensabschnitt begonnen zu haben. Hans Christian
Andersens "Häßliches Entlein" wurde lieber
Schwan. Ich genieße nun meine Eigenständigkeit und
Selbstwirksamkeit. Wie gut das tut, mit letzter
Sicherheit zu wissen, dass es einer erdrückenden,
verstockt sturen und gleichgültigen Mehrheit und
Übermacht nicht gelang, mich in den Orkus zu drängen.
Sie mutmaßten zynisch, dass ich "wohl gerade
dabei sei, mein bisheriges Leben aufzuarbeiten". Diese Erinnerungs-, Spiegelungs-, Übersichts-
und Selbstoperationsarbeit, eine - hier ausnahmsweise
sehr nützliche - Qual für solche, deren natürliches
Daseins- und Geltungsrecht von kotzengroben, neidigen und
voreingenommenen Gegenmenschen (Angehörigen-, Kameraden-
und Kollegendreckschweinen) permanent in Abrede gestellt
worden ist, habe ich erbracht, so gut ich nur konnte.
Aber wirklich fertig ist man damit wohl nie; das weiß
jeder, der sich
- wenigstens ein bißchen traut, über seinen Plastik-
oder Goldtellerrand hinauszuschauen und
- sich unerbittlich ehrlich in Selbstkritik und
Selbstreflektion übt.
Sind Sie diese Arbeiten schon angegangen? In Ihren Zeilen
kann ich davon nichts erkennen. So wie ich Sie
einschätze, meinen Sie wegen Ihrer Überheblichkeit
wohl, dass Sie so etwas gar nicht nötig haben.
Wir alle machen Fehler, weil wir nur
Menschen sind. Aber ich bin der Meinung, dass ich damals
nicht das entscheidende Quantum Mehr an Fehlern begangen
habe, das meine brutale Ausgrenzung aus dieser
Zufallsgemeinschaft tatsächlich gerechtfertigt hätte.
Und da mir noch nie jemand konkrete und wohlbegründete
Fakten nannte, die meine Position widerlegt hätten,
schließe ich, dass meine Fehler nicht besonders schwer
wogen. Ich denke sogar, dass einige, die in der
Gemeinschaft integriert bleiben durften, mehr Fehler
begingen als ich. Sicher ist, dass mir damals
unverhältnismäßig mehr und vollkommen unbegründet
schwerstes seelisches Leid zugefügt worden ist, indem
man mir endlose Male den Weg ins Nichts, zum Ausgang und
in letzter Bedeutung zum Exitus wies: "beeil Dich
und verreck doch endlich!". Besonders enttäuschend
war für mich, dass das von einer schweigenden Mehrheit
gebilligt worden ist und dass sie - wie bei Ausführung
verwerflicher unersättlicher Gier - vom Mobbing und dem
sadistischen sich Weiden und Freuen am Elend des
Gemobbten nie genug bekommen konnte. Ich kann mich beim
besten Willen nicht daran erinnern, dass auch nur eine
Person dieser Gemeinschaft mir freiwillig ein einziges
mal aus meiner Bedrängnis geholfen hätte. Kann schon
sein, dass einige mich sogar schätzten und mir helfen
wollten, aber wegen des Gruppenzwangs nicht die Courage
dazu aufbrachten, weil sie sich dann selbst auf die
Mobbing- und Abschußliste gesetzt hätten; leider nutzt
der gute Wille alleine nichts. Eine gnadenlose
Gemeinschaft an ihrem absoluten moralischen Nullpunkt,
den sie all die vielen Jahre bis zum Abgang und freilich
auch die darauffolgenden Jahrzehnte in grandioser
Sturheit hegte, pflegte und gedeihen ließ. Spätestens
hier wird deutlich, wie anstrengend und unangenehm für
Täter und Mitläufer das "miteinander Reden"
mit Bedrängten werden kann, wenn sie Gründe nennen
sollen, warum sie Schwächere/Empfindlichere über Jahre
quälten bzw. ihnen nicht halfen. Unter diesem Aspekt
kann die sokratische Einsicht auch verstanden werden,
warum "es leichter ist, unter denen zu sein, die
Unrecht erleiden, als unter denen, die Unrecht tun".
Philosoph Hans Magnus Enzensberger: "...Man macht
Fehler. Man kann sie aber auch zugeben. Das ist nicht so
schwer...".
Die moralische Qualität einer
Gemeinschaft steht und fällt damit, wie sie
gruppensolidarisch gesonnene Schwächere und
Empfindlichere integriert und in welchem Ausmaß sie
ihnen beisteht und sie unterstützt. In jeder ehrlichen
und fairen Gemeinschaft geht es doch darum, dabei zu
helfen, die Schwächen einzelner zu mindern und nicht
darum, sie zu verstärken, um vermeintliche eigene
Machtpositionen weiter zu festigen.
Jede Gemeinschaft schadet sich selbst am meisten, wenn
sie in archaischer Manier innere Spannungen und die
Wirkungen externer Stressoren durch Mobbing an Vertretern
von Minderheiten zu lösen versucht, indem sie diese erst
psychisch und physisch quält und dann sozial mordet. Es
ist zum Überdruss Allgemeinwissen geworden, wie
brandgefährlich es werden kann, wenn
"(Täter)-Gemeinschaften" absichtlich
Desperados züchten. Traurig nehme ich die Tatsache zur
Kenntnis, dass Mobbing auch nach über 50 Jahren ein
Dauerbrenner geblieben ist: (SZ 204: 03 vom 3./4.09.2016;
SZ 201: 48, R13 vom 01./02.09.2018; DIE ZEIT 07: 53 vom
07.11.2019, DER SPIEGEL 07:44-45 vom 09.02.2019, SZ Nr.
40: 48 vom 16./17.02.2019, Nr. 287: R1 vom 12.12.2019;
Nr. 291: R11 vom 16.12.2019; SZ 180: R1 vom 07.08.2023;
DIE ZEIT 31: 31 vom 18.07.2024); denn dieser Sachverhalt
bestätigt meine obigen Ausführungen dahingehend, dass
sich die Verhältnisse inzwischen nicht gebessert haben.
Dementsprechend der Aufruf der prominenten Schauspielerin
J. Roberts: "Wenn Du jemanden siehst, der sich
schwer tut, Freunde zu finden oder gemobbt wird, weil er
oder sie nicht viele Freunde hat oder schüchtern ist
oder nicht so hübsch,..., bitte schau nicht weg. Sag
hallo oder schenke ihm wenigstens ein Lächeln auf dem
Gang." (SZ 208: 08 vom 09.09.2019).
Mit dem dummen Inhalt Ihrer Zeilen
haben Sie in mir ein letztes mal das Wüten und den Zorn
der ganzen Welt heraufbeschworen: es verletzt unsäglich,
als seelisch schwer Versehrter in gleicher Sache
wiederholt gekränkt worden zu sein, indem Sie - Ihr
geheucheltes Nichtwissen bemühend - indirekt
behaupteten, von meinem Leid nichts bemerkt zu haben
sowie voreilig mit dem Allgemeinplatz sich
verdünnisieren wollten, "dass für Dich
nun alles was mich betrifft geklärt ist". Das erinnert an nichts anderes als an die
obligatorische Wirklichkeitsverweigerungstaktik, die nach
erfolgreicher Auflösung totalitärer Unrechtssysteme die
Täter- und Mitläuferschaft epidemisch befällt. Ihr
Schreiben ist oberflächlich, meidet feige die meisten
Hauptpunkte unseres Konfliktes, läßt Offenheit und
Ehrlichkeit vermissen und erscheint mir nicht nur
stellenweise hilflos. Das hat mich sehr enttäuscht. Wenn
das schon alles war, was Sie mir mitzuteilen hatten, dann
tun Sie mir sehr leid.
Der in Ihrem kurzen Schreiben an mich
per Datum und Unterschrift bekundete absolute Totalwille
zum Leugnen, Lügen, Bagatellisieren und Euphemisieren
ist derart markerschütternd urdeutsch, dass man ihn
jederzeit gerne auch als arisch bezeichnen kann. Und all
die anderen Botschaften zwischen den Zeilen Ihres
Schreibens, die Sie mir unbewusst über sich selbst
übermittelten, kommentiere ich hier besser nicht; der
Volksmund kennt dafür eine große Zahl sehr treffender
und deftiger Begriffe. Ihr Text zeigt auch, dass Sie in
all diesen Jahrzehnten keinen einzigen Millimeter
vorangekommen sind, Sie Sitzenbleiber/in! Sie haben
damals versagt, indem Sie schon als junger Mensch Ihre
Macht mißbrauchten: erst unterließen Sie es, mir zu
helfen; dann mobbten Sie mich. Und dazu können Sie nicht
stehen, da Sie aus so einem Holz nicht geschnitzt sind.
Sie haben mir genau das Gegenteil der Wahrheit
geschrieben und sich selbst damit am meisten geschadet.
Im Innersten aber fühlen Sie sich mir gegenüber ganz
zurecht schuldig und meiden deshalb den Kontakt, weil Sie
die Peinlichkeit Ihrer überfälligen Erklärung
fürchten. Ihr schlechtes Gewissen, Ihre Hilflosigkeit,
Selbstverstricktheit und Angst mir gegenüber ist Ihr
eigenes Problem, das alleine Sie selbst mit Bedacht
geschaffen haben.
Und sollten Sie an dieser Stelle immer
noch fragen, was dieser aufgewärmte alte Kram denn soll,
dann versuchen Sie, folgende Grundaussage über die
prinzipielle Geschichtlichkeit der Gegenwart und eines
jeden Daseins zu verstehen:
"WAS DER MENSCH SEI, SAGT IHM NUR SEINE GESCHICHTE.
UMSONST WERFEN ANDERE DIE GANZE VERGANGENHEIT HINTER
SICH, UM GLEICHSAM NEU ANZUFANGEN. ABER SIE VERMÖGEN
NICHT ABZUSCHÜTTELN, WAS GEWESEN; UND DIE GÖTTER DER
VERGANGENHEIT WERDEN ZU GESPENSTERN. DIE MELODIE DES
LEBENS IST BEDINGT DURCH DIE BEGLEITENDEN STIMMEN DER
VERGANGENHEIT" (Wilhelm Dilthey 1833-1911).
Oder kurz und knapp: wer seine Vergangenheit nicht kennt,
der hat keine Zukunft. Nun nochmal zur Verdeutlichung:
Sie lesen hier keine ollen Kamellen! Kein Mensch entkommt
seiner Geschichtlichkeit; und das gilt auch für Sie.
Was blieb mir damals
Substanziell-Tiefgreifend-Schönes in dieser
verzweifelten und prekären Lebensphase, das für mich
sinnstiftend und emotionalen Halt gebend war in all der
entgrenzten Verlassenheit inmitten so vieler junger und
strahlender Menschen? Es waren vor allem einige der
herausragenden Kulturschöpfungen, die uns vermittelt
wurden:
- Beethovens 5. Sinfonie, Bachs Matthäuspassion, Ravels
Bolero, Mussorgskis Bilder einer Ausstellung, Orffs
Carmina Burana, Smetanas Moldau, Schuberts Gretchen am
Spinnrade, Liszts Totentanz;
- die Schönheit und Eleganz naturwissenschaftlicher
Gesetze;
- Dürers Melancholia;
- Celans Todesfuge;
- der geniale Leitsatz von Sokrates: "Sprich, damit
ich Dich sehe";
- Konstantinos Kavafis "Ithaka";
um nur einige zu nennen.
In diesen Welten der Kunst und des Geistes spürte ich
gedankliche Tiefe, Intensität und Dynamik, Ringen um die
Wahrheit, Harmonie, moralische Größe und Integrität,
Transparenz, intensives Leuchten, kristallene Klarheit,
Humanität, Sehnsucht, Ästhetik, Sensibilität,
Vollkommenheit, Kontemplation, Erkenntnis, Dramatik,
inneren Glanz sowie an fernen Ufern endlich wahre und
große Liebe. Es gab mir damals sehr viel, von diesen
Zuständen und Eigenschaften ein wenig zu ahnen. Auf
diese wunderbaren und erstaunlichen Schöpfungen des
Geistes war absoluter Verlass, denn sie waren immer da
und gaben mir seelischen Halt. Und all das Ästhetische
und Interessante, das wir vermittelt bekamen und das ich
selbst allmählich immer deutlicher in den Formen und
Vorgängen der Natur zu erkennen begann, überwog bei
weitem die paar eher weniger netten, dafür aber
oberflächlichen Begebenheiten, welche die Gruppe
daselbst nach der Entlassung durch ihr Verhalten mir
gegenüber als Heucheleien entlarvte. Im absoluten,
leeren und hoffnungslosen Nichts gestrandet erstummte ich
vorübergehend in einer alles verzehrenden Sehnsucht nach
Schönheit, Wahrheit, Humanität, Wärme und Liebe.
Hatte denn niemand aus der Gruppe auch nur eine Sekunde
lang den Verdacht, dass das Verhalten mir gegenüber
grundfalsch und zutiefst ungerecht war? Alle wussten
doch, dass ich wegen meiner guten Ideen,
Begeisterungsfähigkeit und Ernsthaftigkeit ein
interessanter Gesprächspartner hätte sein können.
Freilich war ich damals überaus schüchtern,
still-zurückhaltend, gehemmt und verunsichert. Aber wenn
man mehr auf mich zugegangen wäre, mich wirklich und
ehrlich integriert und mich ernst genommen hätte, dann
hätte ich sicher bald Vertrauen gefasst und mich
erklärt.
Absolut zernichtender Fakt ist, dass
nach dem Abgang keine einzige Person der Gruppe mich aus
persönlichem Interesse kontaktierte; und das, obwohl wir
alle aus einer damals eher dörflichen Gemeinde und ihrer
nächsten Umgebung stammten. Das ist nichts anderes als
eine unfassliche Grobheit, für die sich selbstredend
keine einzige Person der Gemeinschaft bei mir jemals
entschuldigt hat.
Wie kann nun erklärt werden, dass nach so vielen
gemeinsam in der hoffnungsfrohen Jugendzeit verbrachten
Jahren einem keiner mehr etwas zu sagen hat? Das hat,
neben den genannten Gründen, auch damit zu tun, dass
aller Gemeinschaftssinn - der auch in langjährigen
Studien in dieser Anstalt intensiv theoretisiert und
vertieft wurde - nach der Entlassung manipulationsbedingt
sofort abgelegt wurde, weil im mainstream
rücksichtsloses Konkurrenz- und Karrieredenken sowie
optimierte Angepasstheit, Untertanengeist und
Unterwürfigkeit ganz groß angesagt waren: d. h.
picometergenau musste darauf hingearbeitet werden,
gesellschaftlich eingerichteten und traditionell
vorgegebenen Zwangsrollen zu genügen und überall und
immer die erste, schnellste, intelligenteste und die
beste Bestie zu sein und die reichste Bestie mit den
heissesten Drähten zu den einflussreichsten
Interessenverbänden zu werden. Diese alle sozialen und
humanitären Grundlagen zerstörenden Systemzwänge hat
schon der Schriftsteller Oskar Maria Graf im Jahr 1927 in
seinem Werk "Wir sind Gefangene" prinzipiell
dargelegt.
Wir hätten besser daran getan,
zerstörendes Konkurrenzdenken und das
"Besser-Wichtiger-Wertvoller-sein-Wollen-als"
aufzugeben und statt dessen in aller Ruhe Erfahrungen
ehrlich auszutauschen, uns in konstruktiven Dialogen
gegenseitig zu stützen und uns selbst kennen zu lernen,
zueinander humanitär, fair, respektvoll und ehrlich zu
werden, dies dauerhaft zu bleiben und zumindest diese
Qualität des Zusammenseins zu halten. Wir hätten uns
ein kleines Glück der Geborgenheit schaffen können
inmitten all der Schiffsbrüche und den wachsenden
Unsicherheiten und Risiken; wir hätten zusammen in einem
Freundeskreis uns verstehen lernen und miteinander in
Frieden altern können. Wir Senioren könnten z. B. auch
ab und an beisammensitzen und aus jahrzehnte langer
Erfahrung heraus gegenwärtige Probleme diskutieren und
versuchen, Lösungsvorschläge zu entwickeln. Ob das
inzwischen schon realisiert worden ist? Ich bezweifle
das.
Das hätte wirklich ergreifend schön werden können;
etwas Besseres, meine ich, hätten wir kaum schaffen
können nach dem Doof-Distress in genannter Anstalt. Denn
man genießt doch nur ein einziges mal - und das nur für
sehr kurze Zeit - das Glück des Bewusstseins, das neben
Selbstreflexion intensiven und komplexen gedanklichen
Austausch mit anderen ermöglicht. Denn vor und nach dem
Leben - der Zeit des Lichts - war und wird noch weitaus
weniger sein als als ewige und allumfassende, unfassbar
schwarze Stille in einem zeit- und raumlosen, unendlichen
Nichts.
Warum hat die Gruppe denn schon zu Lebzeiten - und das
bestimmt nicht im Dauerzustand unverbesserbarer
kollektiver Unbewußtheit - diesen grauenvollen Zustand
des Verlassen-, Dämonisiert- und Geächtetseins
heraufbeschworen und mir damit Angst und Schrecken
eingejagt, indem sie mich mit größter Sorgfalt
jahrzehntelang perfekt ignorierte und totschwieg? Warum
ging sie mit mir so um, als wäre ich schon zu Lebzeiten
tot? Warum denn ganz unnötig und absichtlich noch mehr
Endlichkeit draufsetzen auf die naturgegebene
Endlichkeit? Als ob es nicht schon genug wäre mit
letzterer.
Die Kardinalfrage geht aber an die Gruppe selbst: wie
konnte es geschehen, dass sie sich selbst einen so
großen Schaden freiwillig antat, indem sie auf mich
völlig verzichtete? Etwa aus Dummheit? Ist es nicht
unendlich traurig, was sie deshalb alles unwiderbringlich
versäumte, welche Möglichkeiten sie sich nahm und wie
schwer sie sich selbst verletzte? Waren wir nun im Sinne
eines "Füreinander da sein" in der Gruppe oder
um eines "Gegeneinander" Willen?
Für die schrillsten Dissonanzen, die meine nahen
Verwandten durch ihre Diensttätigkeiten in den
Parallelgruppen in den Anstalten erzeugten, bin ich nicht
verantwortlich. Aber es war ein kapitaler Fehler, dass
sich die betroffenen Gruppen an einem fast Wehrlosen
rächten, ihn als Sündenbock abstraften und ihn
letztendlich dämonisierten ("Hugo Habicht, der
üble Erfinder"). Das war Gruppensadismus und
gleichzeitig Sippenhaft. Alle gegen einen, der
nachweislich nicht schuldig sein konnte; das war sehr
unfair und besonders primitiv. Schämt Euch allesamt für
alle Zeiten in Grund und Boden! Gedenket Eurer
triumphalen moralischen Schlichtheit. Rauf mit Euch auf
die Schandesel am Pranger! Streut Asche auf Eure
ergrauten und gelichteten Häupter! Hier setzte man doch
nur ein Unrecht auf das nächste drauf, anstatt all den
widerlichen und ekelhaften Störenfrieden das in exakt
derselben Qualität und Quantität zeitnahe
zurückzugeben, was von denen ausging. Die externen
Stressoren der Gruppe blieben wegen ihrer Macht und ihren
höheren gesellschaftlichen Rängen unbestraft ("Da
Oba schdicht an Unta"; "alle sind gleich, aber
einige sind halt gleicher") und die Gruppe reagierte
zwecks Selbststabilisierung ihren Druck an einem ihrer
Schwächsten ab. Ich kann der Gruppe ganz zu recht
zurufen: "Ihr wusstet ganz genau, was Ihr
tatet!" und "Warum habt auch Ihr mich
verlassen?" Ihr hattet wirklich keinen vernünftigen
Grund, mich zerstören zu wollen.
Somit habt Ihr nur dem Regelfall
entsprochen: "Man holt sich erlebte Gewalt
zurück, indem man über andere verfügt" (Dr.
habil. B. Schellhammer in SZ Nr. 13: R6 vom 16.01.2019).
Viel besser ist, wenn man anders handelt, indem man die
Folge der Gewalthandlungen beendet: für mich war der
Riesenpacken erfahrener Gewalt kein Grund, über andere
herrschen und ihnen auf diese Art Leid zufügen zu
wollen.
Ich habe damals als Heranwachsender
ganz gewiss nicht darum gebeten, in eine Anstaltsgruppe
gesetzt zu werden, die sich moralisch als besonders
schwach erwies: die nichts Törichteres wusste, als sich
über viele Jahre größte Mühe zu geben, mich - im
übertragenen Sinne - zuerst zu geißeln und dann am
Kreuz ganz langsam ersticken zu lassen, um anschließend
mit Triumpfgebrüll den zerhackten Kadaver in eine cloaca
maxima schmeißen zu können. Ich bin stolz darauf, dass
sie an meinem Lebenswillen, meinem Optimismus und meiner
Zähigkeit scheiterte. Aus all den Steinbrocken, die Ihr
mir in den Weg legtet und die Ihr nach mir geschmissen
habt, habe ich ein Museum, eine Burg sowie ein großes
Mahnmal für Humanität, Fairness und Frieden gebaut: gegen verwerfliche Gewalt.
Hier ist genau das nicht geschehen,
wofür sich die Autorin Astrid Lindgren ihr Leben lang
engagierte: gewaltfreie Erziehung. Typisch, dass Astrid
Lindgrens Dankesrede mit dem Titel "Niemals
Gewalt" bei der Verleihung des Friedenspreises
des Deutschen Buchhandels am 22.10.1978 vom Komitee nur
widerwillig geduldet war (DER SPIEGEL 39: 130-136 vom
19.09.2015; ). Ihre entscheidenden Worte waren: "Könnten
wir es nicht vielleicht lernen, auf Gewalt zu verzichten?
Könnten wir nicht versuchen, eine ganz neue Art Mensch
zu werden? Wie aber sollte das geschehen, und wo sollte
man anfangen? Ich glaube, wir müssen von Grund auf
beginnen. Bei den Kindern....". Welche Tragik
und welch katastrophales Versagen, dass diese Worte heute
immer noch aktuell sind (SZ 114: 13 vom 19.05.2023).
Viel zu viele Gegenmenschen, nur ganz
wenige Mitmenschen: es ist klar, dass nach Jahrzehnten
das Warten auf ein persönliches Kontaktsignal sinnlos
geworden ist und ich diese Situation hiermit radikal
akzeptiere, entsprechend dem treffenden Satz "Don't
spend time on problems You cannot solve" (Prof.
Sierd Cloetingh, Vrije Universiteit Amsterdam, NL). Die
Folge ist, dass ich im Gegenzug mir das Recht nehme, in
diesem ganz speziellen Fall meinen Gemeinschaftssinn in
letzter Konsequenz aufzugeben und auf keine Person der
Gruppe mehr zu warten; mein Entschluß ist
unwiderruflich. Allesamt haben sich so verhalten, dass
sie mir nun wirklich egal geworden sind. Es tut mir mehr
als nur gut, dass ich nun einen Schlußstrich unter das
Hadern mit dieser schrecklicher Zeit gesetzt habe. Wie
schön, wenn man so einen Klotz endlich vom Bein hat und
sich mit sich selbst versöhnen konnte (SZ Nr. 23: 3 vom
29./30.01.2011).
Finis acerbus
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Ich schreibe hier auch für alle, denen
es ähnlich geht oder ergangen ist und damit diese von
allen Verlassenen, ins Nichts gestoßenen und vor dem
Abgrund Taumelnden wieder Lebensmut fassen. Sie können
hier erkennen, dass selbst schwerste Traumatisierungen,
verursacht durch roheste seelische Gewalt, heil- und
überwindbar sind und in hohe, positive und konstruktive
Lebensenergien transformiert werden können, sobald
Gründe, Entwicklungsgeschichte, Form und Struktur
erlebten Unheils erkannt und analysiert worden sind. Dazu
gilt folgender Grundsatz: "Man kann vernichtet
werden, aber man darf nicht aufgeben" (Ernest
Hemingway).
Ich freue mich auf all die vielen ruhigen Jahre, die noch
kommen werden und auf all das, was ich in dieser Zeit
zusammen mit meiner Frau schaffen werde, wovon andere
Gemeinschaften mit menschlicherem Antlitz Freude und
Nutzen haben werden. Ich freue mich um so mehr, weil ich
einen Großteil meiner ursprünglichen Geselligkeit,
Energie und Lebensfreude wieder gefunden habe.
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Das, was ein Bestseller-Autor,
Psychologe, Germanist und Comedian über sein Dasein als
"doppelter" Leererssohn schrieb, finde ich
unpassend, unrealistisch, inhaltlich gnadenlos flach und
für Betroffene oft erneut verletzend: Er versucht
krampfhaft, diese Geworfenheit, die daraus entstehenden
Befangenheiten, Konflikte, Mobbereien, Spötteleien,
Sticheleien, Stigmatisierungen, Exklusionen - sprich:
diese dysfunktionale Gruppendynamik samt Streitereien
Vorwürfen, Irritationen, Ätzereien, Verunsicherungen,
social distancing samt Sündenbock- und
Lückenbüßerdasein - mit viel erfundener, bis in den
Überdruß und ins Erbrechen getriebener Pseudo-Komik,
-Ironie und ebensolchem -Ulk, Fake-Blödsinn und -Klamauk
den zerstörerischen, nadelspitzen Stichen ins
Herzzentrum hinein ihre Schärfe und Grausamkeit zu
nehmen; er versucht zudem, die sich in den Jahren
scheinbar endlos wiederholenden Spießrutenläufe zu
bagatellisieren und höchst unangenehme situative
Peinlichkeiten zu glätten. Ich kann einem Text, der auf
solch ungeschickte Weise versucht, genannte Geworfenheit
abzuhandeln, nichts abgewinnen, weil darin Ernst und
Brutalität des tatsächlichen Geschehens entweder
verkannt oder kleingeredet werden. Der Autor schreibt
nicht die traurige Wahrheit: dass nämlich Betroffene vom
Beginn dieser Geworfenheit bis ans Lebensende
beeinträchtigt sind. Der Autor schadete damit allen
erneut, denen es ähnlich oder gleichermaßen erging. Und
in seinem Interview zum Thema "Alte Anstalt"
(SZ 247: 22 vom 26.10.2020) äusserte er zudem unbewusst
Unreife und Dünkel, indem er es fertigbrachte, sich mit
den Worten "..selbst die Dümmsten..." über
einige seiner Anstaltsinsassen zu erheben und die auf
diese Weise Addressierten herabzusetzen und zu kränken.
Äusserungen dieser Art zerstören garantiert jede alte
Freundschaft.
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Selbstinterview
"Alte Anstalt":
Erster Reihe oder letzte Bank? Je
weiter hinten, desto erträglicher. Wollte Übersicht und
größtmögliche Distanz zu permanenter Gefahr, die mal
von der Schreibtafel und mal von Lehrerpult drohte. Influencer
oder Follower? Weder noch. Blieb extern,
weil Integration allstimmig verwehrt. Hobby
in der Pause? Oft alleine blöd rumstehen
mit flauem Magen vor dem, was einen gleich nachher
erwartet. Größte Stunde: Ist
jedes Anstaltsjahr erneut ersatzlos ausgefallen. Das
würde ich gerne vergessen: Nichts ist
vergessen; alles blieb im Traumagedächtnis präsent und
abrufbar. Sonst würde ich ja vergessen wollen, zu was
ich selbst und andere Menschen fähig sind.
Vergessen wäre absichtlicher Selbstbetrug,
verantwortungslos und schon wieder dumm. kEin
Denkmal, sondern ein düsteres Mahnmal gebührt
den Latein-, Sozialkunde-, Wirtschaftskunde- und
Mathematiklehrer*innen, weil sie mich in einen
abscheulichen Abgrund an schwärzester Pädagogik,
Leistungsstress, Versagensangst und Unterdrückung
stießen; anstatt zu unterrichten, richteten sie ab und
versuchten, mich zum reibungslos funktionierenden
Untertanen zu trainieren, dressieren, drillen. Eine
Anstaltsinsassin brachte es damals auf den Punkt:
"Autoritärer Haufen". Lernen - aus
eigenem Antrieb und zwangbefreit - ist
Selbstbefreiung von Unmündigkeit, Angst,
Unwissenheit und Unterdrückung sowie der Königsweg hin
zu Selbstbestimmung, Erkenntnis, Selbsterkenntnis,
Selbstwert, Selbstbehauptung, Selbstverantwortung und hin
zu den positiven Inhalten der Kultur. Viele der
Anstaltsinstruktoren haben uns das erfolgreichst
vermasselt. Noten sind das
Allerletzte, weil die Mehrheit sie als absolutes
Werturteil über einen Menschen versteht. Eine
Jahreszeugnisvergabe ist grausames und unfaires Ritual
der Unterdrückung und der Festschreibung - per
unterschriebenem Urteil - der ungleichen
Wertigkeit/Qualität von Menschen, obwohl beides
verfassungsrechtlich verboten ist. Die Anstalt
darf kein blöder und unangenehmer Ort sein,
sondern müsste ein solcher des
Willkommenseins, der Geborgenheit, des differenziert
Gefördertseins, der Geduld, des wahren
Interessiertseins, der Kreativität, der Wissensgier und
der breit angelegten Lebenskompetenzvermittlung sein: ein
Ort, an den man gerne geht und an den man sich gerne
erinnert. Und keine spießig-kleinkarierte Büffel- und
Auswendiglernanstalt, die Katastrophengestalten wie das
Gretchen Vollbeck und den Arthur (siehe Ludwig Thoma:
Lausbubengeschichten) seit mehr als 150 Jahren in
hoffnungslosen Endlosserien wie am Fließband produziert.
Entschuldigen muß ich mich ausschließlich
bei der damaligen Instruktorin für Kunst und
Kunstgeschichte: Wegen Faulheit habe ich sie wochenlang
auf die Fertigstellung der gestellten Aufgaben warten
lassen; und die von mir erstmals vernommenen Namen der
Expressionisten Marc und Macke erzeugten bei mir
bezeichnenderweise nur Lautäusserungen gehobener
Heiterkeit; wie peinlich. Leider habe auch ich es mit
dieser hiermit gegebenen Geste zerknirschter
Selbsteinsicht zu spät werden lassen. Entschuldigen
braucht sich bei mir niemand mehr. Denn
Jahrzehnte später wäre eine solche Geste - wie bei der
zu spät begonnenen Aufarbeitung von Unrecht - nur mehr
wertlos und erneut kränkend.
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