Juni 2014 Ergänzter Appell Mein an Wissenschaftler, Schriftsteller, Pädagogen,
Journalisten, Kunstschaffende und alle weiteren Talente
gerichteter Appell besagt, dass mehr von ihnen
Zivilcourage und Interesse am planetaren Gemeinwohl
zeigen sollen, indem sie sich verstärkt zur Lösung
aktueller Probleme einbringen. Das betrifft freilich auch
die, welche isoliert in Klausen bzw. Orchideenfächern
arbeiten und nur teures Luxuswissen schaffen. All diese
begabten Spezialisten sollen sich noch mehr anstrengen:
indem sie über ihren Tellerrand schauen und den Gang
bzw. die Entwicklung in die Interdisziplinarität und
mehr Komplexität wagen. Die Meinung des Chemikers N.
Metzler-Nolte -"Research should consider societal
needs, while respecting diversity and promoting
inclusion" - geht m. E. in die richtige Richtung. In
dem Sinne stellt die Schriftstellerin und Journalistin
Jagoda Marinic fest, dass gerade jetzt jene, die Zeit,
Bildung und Kraft haben, ihre streitbaren Ideen anbieten
sollen, statt sich ins Private zurückzuziehen (SZ 300:
05 vom 30.12.2023-01.01.2024). Gerade die brillianten
Köpfe unter ihnen sollten in Krisenzeiten aus ihren
Elfenbeintürmen herauskommen, um in Solidarität zu
helfen. Meine Meinung: die Suche nach Wasser und Leben
auf dem Planeten Mars ist - weder im wörtlichen noch im
übertragenen und generalisierten Sinne - in Krisenzeiten
nicht in Ordnung. A. L. de Lavoisier führte 1772 den
Beweis, dass das Mineral Diamant aus reinem Kohlenstoff
besteht, indem er es publikumswirksam auf offener Straße
in Paris im Fokus großer optischer Linsen verbrannte;
das dabei entstehende Gas bestand aus dem
Oxidationsprodukt CO2.
Das geschah aber zu einer Zeit, als das Französische
Volk wegen Mißernten in Serie und eines
verschwenderischen Lebensstils ihres absolutistischen
Herrschers großen Hunger
und Mangel litt. Es ist allgemein bekannt, wie es
diesem genialen Chemiker am 08.05.1794 auf dem Schafott
erging. Meiner Meinung nach ist es so sinnvoll wie
notwendig, dass solch hochbegabte Personen Teile ihrer
physischen Kräfte und geistigen Potentiale verwenden, um
unbeeinflusst über aktuelle Probleme geduldig und
gründlich nachzudenken und sich mit konstruktiven und
praktikablen Lösungsvorschlägen zu Wort zu melden.
Stephan Hessel machte dies mit seinem Aufruf klar: Mischt
Euch ein!; Heinrich Böll stellte fest: Einmischung
ist die einzige Möglichkeit, realistisch zu bleiben.
F. Nietzsche stellte fest: "Man soll nur reden,
wo man nicht schweigen darf....". Noch
deutlicher wurden die studentischen Widerstandskämpfer
der "Weißen Rose": jeder ist für das
verantwortlich, was er geschehen lässt.
Abhängigkeiten dürfen dabei keine Rolle spielen, weil
wegen der per demokratischer Verfassung garantierten
Grundrechte Meinungsfreiheit gewährt werden muss und aus
Gründen der Fairness niemand benachteiligt oder
anderweitig unter Druck gesetzt werden darf. Hinweg mit
den ungezählten Maulkörben! Es ist langfristig für
alle schädlich, wenn nur wegen Eigennutz und Trägheit
wertvolle Lösungsvorschläge entsorgt werden, indem man
sie in den Massengräbern der guten Ideen versenkt. Es
geht in Anbetracht der Vielzahl der Probleme inzwischen
m. E. ganz einfach um den Erhalt qualitätsvollen
Fortschritts in Kultur, Wissenschaft und
Bildung/Ausbildung. Die Probleme können so große
Ausmaße annehmen, Aufmerksamkeit binden und
Geld/Ressourcen aufzehren, dass der Wissenschafts- und
Kulturbetrieb eingeschränkt bzw. eingestellt werden muss
und somit kein Fortschritt mehr stattfindet. Es kann
freilich auch sein, dass Wissenschaftler und andere
Kulturschaffende nur mehr so geringen Lohn erhalten, dass
sie davon nicht mehr existieren können (Prekariat).
Letztendlich gefährden sie ihre eigenen Positionen, wenn
sie untätig bleiben und nicht an den Lösungen der
Probleme mitarbeiten. Selbst in Ländern, die sich als
kulturell hoch entwickelt und im Informationszeitalter
angekommen sehen, betragen die jährlichen Staatsetats
für Kultur, Wissenschaft und Bildung/Ausbildung nur ein
paar Prozent; das ist viel zu wenig: schlechte Ausbildung
führt zu Defiziten in internationaler
Konkurrenzfähigkeit in Technik und Wissenschaft. Die
meisten der selbstgemachten Probleme sind
Allgemeinplätze, über die meist nur viel geredet wird:
Globalisierung, Überbevölkerung, Vermassung,
Artenschwund, Ressourcenverknappung, Wachstumszwang,
Umweltbeeinträchtigungen, Klimawandel, wachsende
Disparitäten und Spaltungen, Massenarmut, Armut- und
Klimamigration, Umweltrassismus,
Massen-Wohlstandskrankheiten, Massen-Süchte, Zeitstress,
Trivialisierung, wachsende Staatsschulden,
Massenarbeitslosigkeit, Werte- und Moralverfall,
wachsende Intoleranz, religiöser und politischer
Extremismus, Lobbyismus, Materialismus, Utilitarismus,
Mißbrauch biologischer Programme, Korruption,
Prokrastination, Eskapismus, Schwarzarbeit, Lohndumping,
Steuerhinterziehung, Wirtschafts- und Finanzkrisen,
Informationsüberflutung, Politikverdrossenheit,
Populismus, Massenverdummung durch fake news,
Demokratiezersetzung, etc.: immer mehr Krisen, die
zeigen, dass die zu ihrer Bewältigung bestellten und
bezahlten Sachverständigen (Politiker, Juristen,
Richter, etc.) sie nicht in den Griff bekommen und von
radikalen Strömungen dankend instrumentalisiert und
mißbraucht werden. Anhang: Die seit Beginn der Industriellen Revolution
berechnete gemittelte Intensität des anthropogen
erzeugten CO2-Ausstoßes in die Atmosphäre
übersteigt um mehr als das Doppelte (121%) diejenige des
gemittelten vulkanogenen CO2-Ausstoßes, der
vor 252 Millionen Jahren stattfand und dessen Verlauf die
Ökosysteme global so stark beeinträchtigte, dass 96%
der Meereslebewesen sowie 70% der Landlebewesen
ausgelöscht wurden. Freilich wird die berechnete
anthropogene CO2-Emissionsrate
nicht über geologische Zeiten fortbestehen können, doch
übt ihr gemittelter Betrag noch größeren aktuellen
Anpassungs-Stress auf Arten und Extinktionsraten in
Ökosystemen aus als damals an der Zeitenwende
Perm-Trias, sofern das Verbrennen fossilen Kohlenstoffs
nicht eingeschränkt wird. Ich habe kein Verständnis
für das Langzeit-Leugnen einer erkannten großen Gefahr. Dr. Hubert Engelbrecht Ergänzungen: Prof. Friederike Otto, Physikerin, Klimatologin und Mitbegründerin der Attributionsforschung: "Es gibt keine neutrale Wissenschaft. Sie ist von Menschen gemacht, und wir alle haben politische Vorstellungen, ein bestimmtes Weltbild und Prägungen, die wir mitbringen. Das wurde jahrzehntelang geleugnet. Das Festhalten an einer objektiven und neutralen Wissenschaft geschieht, weil man sich damit der Verantwortung entzieht, die aus der Interpretation der Zahlen und Fakten entstehen würde (SZ 300: 50 vom 30.12.2023-01.01.2024). -Am 20. April 2014 las ich folgenden Text, der die Bedeutung dieses Appells unterstreicht: "Ich denke wirklich, dass die geistig reiferen Menschen sich durch Vernachlässigung der allgemeinen politischen Fragen versündigt haben" (Albert Einstein 1916: Meine Meinung über den Krieg.- In: Das Land Goethes 1914-1916, Goethebund Berlin. Siehe auch: DIE ZEIT 10: 21 vom 27.02.2014). - Der Kunstmaler Max Beckmann 21.07.1936: "Die Größte Gefahr, die uns allen Menschen droht, ist der Collektivismus. Überall wird versucht, das Glück oder die Lebensmöglichkeiten der Menschen auf das Niveau eines Termitenstaates herabzuschrauben. Dem widersetze ich mich mit der ganzen Kraft meiner Seele." - Pablo Picasso 1945: "Der Künstler ist ein politisches Wesen, stets aufnahmebereit für bewegende, brennende ... Ereignisse, die er in jeder Weise erwidert. Wie ist es möglich, für andere Menschen kein Interesse zu zeigen und sich in einen elfenbeinernen Turm vor dem Leben zu flüchten, das sie dir so reichlich bescheren? Nein, Malerei ist nicht dazu da, um Appartements zu schmücken. Sie ist eine Waffe zu Angriff und Verteidigung gegen den Feind....". - Der Biologe Prof. Paul R. Ehrlich stellt in AMBIO 43: 847-848 (Sept. 2014) fest, dass alle Wissenschaftler neben ihrer normalen Arbeit sich verstärkt einsetzen müssen, um die Ursachen der Umweltproblematik besser zu verstehen und sie der Allgemeinheit verständlich zu machen, damit weitere schwere Konflikte vermieden werden. Er schließt mit der Feststellung, dass Wissenschaftler moderne Voltaires werden müssen. - Der Philosoph Prof. Carl Mitcham stellt in Issues in Science and Technology, Fall 2014: 31/1: 19-22 fest, dass die ganzheitlichen und hochkomplexen Auswirkungen und Transformationen durch Erfindungen, Innovationen und technischen Fortschritt auf den Menschen aus Gründen der Verantwortung und der Moral besser verstanden und vernünftig kontrolliert werden müssen durch 1) verstärkten interdisziplinären Diskurs zwischen Geistes- und Naturwissenschaften/Technik und 2) vertieftes und selbstkritisches Bewusstsein über die eigene Begrenztheit sowie die Conditio-humana-technologica. Zusammengefasst: Techniker müssen sich den Folgen ihrer Tätigkeiten besser bewusst werden und darüber reflektieren; Technik braucht - ähnlich wie die experimentelle Physik die theoretische Physik - einen geisteswissenschaftlich-philosophischen Überbau. - Exzerpt aus Protokoll zur Pugwash-Konferenz 1958: "...Aufgrund ihrer Sachkenntnisse sind die Wissenschaftler in der Lage, die Gefahren und Verheißungen, die sich aus naturwissenschaftlichen Entwicklungen ergeben, frühzeitig zu erkennen. Sie haben dafür eine besondere Kompetenz und tragen andererseits auch eine besondere Verantwortung hinsichtlich der dringendsten Probleme unserer Zeit." (Quelle: Wikipedia, Suchbegriff Verantwortung; abgerufen am 02.01.2015). - Schreiben des Herrn Albert Einstein an Herrn Max von Laue vom 16.05.1933: "...Deine Ansicht, dass der wissenschaftliche Mensch in den politischen, d. h. menschlichen Angelegenheiten im weiteren Sinne schweigen soll, teile ich nicht. Du siehst ja gerade an den Verhältnissen in Deutschland, wohin solche Selbstbeschränkung führt. Es bedeutet, die Führung den Blinden und Verantwortungslosen zu überlassen. Steckt nicht ein Mangel an Verantwortungsgefühl dahinter? Wo stünden wir, wenn Leute wie Giordano Bruno, Spinoza, Voltaire, Humboldt so gedacht hätten?" (Quelle: Wikipedia, Suchbegriff Verantwortung; abgerufen am 02.01.2015). - Prof. Jean Ziegler (2015), Menschenrechtler: "Wir als Intellektuelle haben die Aufgabe, die Menschen davon zu überzeugen, dass eine bessere Welt möglich ist." In: "Ändere die Welt!", Verlag C. Bertelsmann. - Dr. Mai Thi Nguyen-Kim, Wissenschaaftsjournalistin und Chemikerin, hat "die naive Vorstellung über Bord geworfen, dass Wissenschaft als Vakuum jenseits von Politik und Ideologie bestehen kann" (DIE ZEIT 10: 38 vom 04.03.2021). - "Die Vernetzung von Wissenschaft und Politik ist ein wichtiger Schlüssel für eine nachhaltige und friedliche Entwicklung unserer Welt" (Prof. Dr. Johanna Wanka).- In: Hrsg.: Ischinger, W. & Messner, D. (2017): Deutschlands neue Verantwortung, Kapitel IV: Neue Verantwortung für unsere Lebensgrundlagen, Seiten 416-417. Ullstein. - Man setze in Gedanken die Weltressourcen mit einem marshmallow und eine Testperson mit der Weltwirtschaft gleich. Das Ergebnis dieses Gedankenexperiments kann nur sein, dass seit ihrem Bestehen die Weltwirtschaft diesen Test noch nie bestanden hat. |